Je oller, je doller: So vergreisen Sie richtig (German Edition)
Senioren
10
Rollathlon
9
Tontauben füttern
8
Aufstoßen
7
Synchron-Stänkern
6
Steakwondo
5
Bettpfannen-Curling
4
Schnarcheln
3
Breakdance (Knack!)
2
100-Zentimeter-Lauf
1
Boule
27.
Der alte Mann und der Bär
Der Bär ist der Augenblick
und der Augenblick ist der Bär.«
Supreme Buddha/Bill Mockridge
Es gibt Momente im Leben, da blickt ein alter Knacker wie ich ganz tief in sich hinein und sieht … nix! Niente. Nada. Es ist in solch einem Augenblick dunkel. Stockfinster wie in einem Bärenarsch. Aber halt – ich greife voraus! Jetzt schön der Reihe nach. Gießt euch noch mal ein gutes Glas Rotwein ein (zur Not tut es auch ein schlechtes) und spitzt die Ohren. Höret und staunet – über die olle, dolle Weisheit aus meinem wilden Leben …
Ich stamme, wie Sie inzwischen wissen, ursprünglich aus Kanada. Dem Land der Elche und des Ahornsirups. Und des Elchbratens in Ahornsirup. Was dem Deutschen sein Fußball, ist dem Kanadier sein Eishockey, der »Tag der deutschen Einheit« heißt dort drüben »Canada Day«. Ich persönlich fühle mich beiden Feiertagen gleichermaßen verbunden – Hauptsache, ich kann ausschlafen. Überhaupt bin ich nach so vielen Jahren Deutschland ein regelrecht schizophrener Staatsbürger. Eigentlich bräuchte ich für den Fahnenmast in meinem Garten eine Flagge mit schwarz-rot-goldenem Ahornblatt, um dem Wechselbad meiner Nationalgefühle gerecht zu werden. Ich bin inzwischen halb Deutscher, halb Kanadier. Ich bin Deutschnadier.
Mehrfach im Jahr pendele ich zwischen Deutschland und Kanada. Ich unterhalte neben meinem Häuschen in Bonn-Endenich nämlich auch eine kleine Holzhütte in Kanada. Das heißt nicht, dass ich meinen beiden Immobilien Witze erzähle – im Gegenteil: Die hab ich mir hart erarbeitet. Dementsprechend stolz bin ich darauf. Meine kanadische Behausung ist weiß Gott nichts Besonderes, bekommen Sie bitte keine falschen Vorstellungen – aber immerhin: Sie hat einen eigenen Bootssteg. Ich wiederhole: einen eigenen Bootssteg ! Ja, Sie merken schon: Das ist für einen Mann mit ahornblattgeformten Genen wichtig. Der eigene Bootssteg ist für den Kanadier ungefähr so elementar, so selbstdefinierend wie für den Deutschen sein Mercedes-Benz vor der Haustür. Ein eigener Benz auf meinem persönlichen Bootssteg – das wäre für mich als Deutschnadier die Vollendung! Ich hab’s mal testweise mit meinem brandneuen Van probiert. Und was soll ich Ihnen sagen? Die Reparatur war teuer. Vom Steg und von der Familienkutsche. Dafür muss ich in der »Lindenstraße« lange Helga Beimer küssen. Aber so was passiert halt, wenn man von seinem ambivalenten Heimatgefühl übermannt wird.
Bevor Sie sich fragen: Ist der Mockridge jetzt völlig zugekalkt? Er wollte uns doch was Weises übers Alter erzählen – gemach, gemach! Ich komme noch dazu. Denken Sie daran: Wir alten Leute haben Zeit. Viiiiiel Zeit. Das macht uns ja so gefährlich, wenn wir erst mal anfangen zu erzählen. Also, sagen Sie schon mal Ihre heutigen Termine ab, und stellen Sie sich dabei Folgendes vor: Ich mit meiner Familie im Sommerurlaub in unserer kanadischen Holzhütte. Mitten in der Natur, viel Grün, viel Wasser, sonst nichts. (Außer natürlich – erwähnte ich es bereits? – mein eigener Bootssteg! ) Ganz früher hatten wir dort nicht einmal Fernsehen, um ein paar Wochen völlig für uns zu sein, ohne Ablenkung, ohne die ständigen medialen Reize. Das kannst du mit TV-abhängigen Kindern natürlich nicht mehr machen. Meine Jungs sind voll drauf auf RTL und Pro7. Ein Jahr lang konnte ich es noch rauszögern, indem ich eine in Karton verpackte alte Radkappe mitgenommen und meinen Jungs hoch und heilig versprochen habe, ich hätte endlich eine SAT-Schüssel gekauft. Darauf fallen die aber leider nur einmal rein. Meist kommen wir jedoch eh nicht wirklich zum Fernsehen. Letzten Sommer allerdings, bei der Frauen-Fußballweltmeisterschaft, habe ich eine Ausnahme gemacht. Das musste sein. Deutschland gegen Kanada – Schizophrenie pur! Die Schiedsrichterin hatte das Spiel gerade angepfiffen, und wir hatten es uns alle gerade auf dem Sofa vor der Glotze gemütlich gemacht, da kribbelte es plötzlich seltsam unter meinem Hintern.
»Spürt ihr das auch?«, fragte ich verwundert meine Frau und Kinder. »Margie, hat unser Sofa eine versteckte Massagefunktion, von der ich nichts weiß?«
Kaum hatte ich das gesagt, fing unsere Couch plötzlich auch noch an zu schnurren und zu
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