Je oller, je doller: So vergreisen Sie richtig (German Edition)
eine Kinderkrankheit für mich! Jungs, ich habe – Alzheimer plus !«
Der Rest von uns schaute ratlos.
»Plus was?«, stellte Robert die Frage, die uns allen unter den Nägeln brannte.
»Plus Déjà-vu!«, erklärte Friedhelm nicht ohne Stolz. »Ich habe immer das Gefühl, als hätte ich das alles schon einmal vergessen!«
Es begann zu dämmern – am Himmel, nicht bei uns –, und als wir bemerkten, dass sich auch noch unser Rotweinvorrat dem Ende zuneigte, beschlossen wir, unseren Aufenthaltsort zu verlegen: in die »Harmonie«, unser Stammlokal. Dort gibt es ausreichenden Weinnachschub und leckere Bouletten. Genau der richtige Ort, um den Boulenachmittag altherrengerecht ausklingen zu lassen.
Ich saß wie immer zwischen Friedhelm und Robert, auf dem Sitzplatz mit dem höchsten Unterhaltungswert in ganz Bonn-Endenich. Friedhelm und Robert sind echte Garanten für gutes Entertainment, weil keiner der beiden dem anderen sein Zipperlein gönnt.
Gestern eröffnete Friedhelm den Wettstreit: »Entschuldigt, Männer, ich habe heute nicht so gut gespielt und die entscheidenden Punkte nicht gemacht. Aber das liegt an meinen Plattfüßen, die machen mir in letzter Zeit sooo zu schaffen!«
Das kann Robert natürlich nicht auf sich sitzenlassen: »Ach Friedhelm, sei mal nicht so wehleidig! Ich habe auch Plattfüße. Aber auch noch Senk-, Spreiz-, Knick- und Schweißfüße! Hör mal, da ist jeder Schritt wie barfuß durch die Hölle! Das kann ich dir flüstern …«
Friedhelm beugte sich halb über mich in Richtung Robert: »Wenn es nur die Plattfüße wären, dann wäre ich ja zufrieden. Aber auch mein Kniegelenk ist vollkommen kaputt! Wenn ich durch die Stadt gehe, denken die Leute ich spiele dabei Tischtennis: PING-PONG-PING-PONG!«
»In deinem Alter hatte ich schon zwei kaputte Kniegelenke! Und habe trotzdem jedes Jahr mein Sportabzeichen bestanden. Aber jetzt habe ich eine so seltene Art von Arthrose, dass mein Fall bereits in einem orthopädischen Fachblatt behandelt wurde. Auf der Titelseite!«
»Hör mal, mein Urologe hat sich bei ›Wetten, dass ..?‹ beworben! Er behauptet, er könne unter hundertzwanzig Patienten meine Prostata heraustasten. Willst du mal fühlen?«
Das ging selbst mir zu weit: »Hört auf Jungs! Das ist ja ekelig! Ich versuche immer noch zu essen.«
Robert hörte mir gar nicht zu: »Willst du mal meine Gallensteine sehen? Die sind so groß wie Tennisbälle!«
Friedhelm saß inzwischen auf meinem Schoß und drückte seine Nase an die von Robert: »Ja, ich würde sie gerne sehen, aber ich kann sie nicht sehen, denn ich habe meine Brille vergessen. Ich bin inzwischen auf fünf Dioptrien, ich bin fast blind!«
»Lachhaft! Mit fünf Dioptrien wurde ich Schützenkönig in Endenich! Ich kaufe meine Brillen nur noch bei Obi, die haben keine Gläser, die haben Glasbausteine!«
Friedhelm sprang wie ein junges Frettchen von meinem Schoß und zog seine Hose bis auf die Knie herunter. »Dann richte deine Glasbausteine mal hier auf meine Hüftgelenk-Operationsnarbe. Das sind siebenundzwanzig Kreuzstiche. Ohne Narkose! Doppelt genäht! Mit dem Garn flicken die Matrosen sonst die Segel der Gorch Fock! Drei Ärzte haben zweieinhalb Stunden daran gearbeitet.«
»Zweieinhalb Stunden? So lange brauchten die Ärzte bei meiner Bandscheiben-Operation allein für die Beratung. Die OP hat zwei Tage gedauert. Meine Bandscheibe ist so interessant, die habe ich später dem Robert Koch-Institut versprochen, für medizinische Forschungszwecke.«
»Mein ganzer Körper ist seit zehn Jahren beim Museum König unter Vertrag!«
Robert lachte siegesgewiss: »So ein Quatsch! König ist ein zoologisches Museum!«
»Natürlich, du Schlaumeier! Wenn ich tot bin, komme ich in eine Glasvitrine in die Eingangshalle, als Homo desolatus ! Von innen beleuchtet. Ha! «
Das war’s! Friedhelm war der Sieg nicht mehr zu nehmen. Doch Robert bäumte sich ein letztes Mal auf: »Als ich neulich mit meinem Sohn in dieser Leichenausstellung war, na … wie heißt die noch?«
» Körperwelten «, rief ich schnell, um die Show am Laufen zu halten.
»Genau! Da wollten sie meinen Sohn nicht mit mir rauslassen, weil die Ordner dachten, er hätte mich geklaut!«
Touché! Das saß! Friedhelm sank auf seinem Stuhl zusammen, die Hose immer noch in den Kniekehlen.
Das ganze Lokal spendete Beifall. Und Beppo schob mir einen 10-Euro-Schein rüber. Er hatte auf Friedhelm gewettet …
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