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Je sueßer das Leben

Je sueßer das Leben

Titel: Je sueßer das Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darien Gee
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selbst gepflegt, aber für mich allein ist das einfach zu viel. Ich nutze ihn nicht für meine Gäste, daher hat es wenig Sinn, eigens einen Gärtner dafür zu beschäftigen. Wobei es natürlich schön wäre, im Sommer ein paar Tische draußen aufzustellen.« Sie wirkt ein wenig wehmütig. »Nun, eins nach dem anderen. Wie steht es mit Ihnen, Hannah? Was hat Sie eigentlich nach Avalon verschlagen?«
    »Na ja.« Hannah ist plötzlich verlegen. Sie setzt sich in eine Ecke des Sofas und zieht ihre Beine unter sich. »Philippe, mein Mann, wollte unbedingt aus der Stadt raus. Und das haben wir dann eben gemacht.«
    »Verstehe.« Madeline bohrt nicht nach, und Hannah erzählt nicht weiter. Was soll sie auch sagen? Madeline geht zum Fenster, um es zu schließen, aber es klemmt und will nicht zugehen. Bevor Hannah aufstehen und Madeline helfen kann, stemmt diese sich mit ihrem ganzen Gewicht dagegen. Das Fenster gibt ächzend nach. »Na also«, sagt sie und schließt zufrieden den Riegel.
    Die Sonne beginnt langsam unterzugehen. Der Himmel ist gelb und orange gefärbt, und über dem Horizont ballen sich graue Wolken. Die Luft ist kühl. Madeline reicht eine weiche Wolldecke an Hannah, die sich dankbar darin einwickelt. »Wie steht es mit dem Cello? Spielen Sie noch?«
    »In letzter Zeit nicht mehr.« Genauer gesagt seit dem Tag, an dem Philippe ihr mitgeteilt hat, dass er nicht zurückkehren würde. »Normalerweise spiele ich vormittags immer drei Stunden.«
    »Wirklich?« Madeline hebt beeindruckt die Augenbrauen, wobei die drei Stunden gar nichts sind gegen Hannahs früheren strengen Stundenplan.
    »Ich würde gern mehr spielen, aber dann bekomme ich wieder Rückenprobleme oder die Sehnenentzündung in meiner Schulter wird schlimmer, deshalb muss ich vorsichtig sein.«
    Madeline verzieht das Gesicht. »Das ist sicher schlimm.«
    »Ja, aber mittlerweile habe ich mich damit abgefunden.«
    »Vermissen Sie die Auftritte?«
    Hannah lächelt. Sie vermisst die Aufregung vor einem Konzert, das Einspielen des Orchesters. Das beleuchtete Podium, den abgedunkelten Zuhörerraum. Den Applaus. »Ja.«
    »Und was machen Sie stattdessen?«
    Gute Frage. Hannah hat nie etwas anderes getan als Cello gespielt. Sie weiß, dass viele Leute davon beeindruckt sind, aber für sie gehört es einfach zu ihrem Leben. Auf Drängen ihrer Eltern hat sie mit fünf mit dem Cellospielen begonnen und, bis sie zehn Jahre alt war, jeden Tag mindestens zwei Stunden geübt, dann hat sie auf vier Stunden erhöht. Bis zum Ende ihres ersten Jahres auf der Juilliard School hatte es Hannah auf über zehntausend Stunden Üben und Vorspielen gebracht. Sie bereut zwar keine Minute davon (zumindest meistens nicht), wünschte aber, sie hätte auch andere Dinge ausprobieren und lernen können.
    »Ich weiß es nicht«, gesteht Hannah. Die Frage war ihr bislang nicht dringlich vorgekommen, weil sie ja Philippe hatte. Hannah war davon ausgegangen, dass sie gemeinsam ihre Zukunft planen würden. Jetzt muss sie allein diese Entscheidung treffen, und sie hat keine Ahnung, wie sie das anstellen soll. »Ich weiß nicht, was ich tun soll, Madeline.« Ihre Stimme wirkt plötzlich unsicher, fast zittrig.
    »Anders gesagt, die Welt liegt Ihnen zu Füßen.« Madeline lächelt sie breit an, und Hannah spürt, wie sich trotz ihrer Ängste ein kleines Lächeln auf ihre Lippen stiehlt.
    »So habe ich das noch gar nicht gesehen«, bekennt sie, »aber wahrscheinlich haben Sie recht.«
    »Und wie ich recht habe«, sagt Madeline.
    »Ja«, sagt Hannah, auch wenn ihr ihre Zukunft nicht wie das große Abenteuer erscheint, zu dem Madeline sie macht. »Ich dachte einfach immer, dass das Cello mein Leben wäre.«
    »Das kann es doch nach wie vor sein«, erklärt Madeline. »Wer weiß, was sich in nächster Zeit ergibt?«
    »Wer weiß«, wiederholt Hannah. Aber statt neuen Mut zu verspüren, ist sie plötzlich verzagt. Es müsste ein Wunder geschehen, damit sie wieder professionell spielen kann, und sie weiß nicht einmal, ob sie das überhaupt will. Ach, sie weiß einfach allgemein nicht, was sie will.
    Madeline scheint ihre Unsicherheit zu spüren, jedenfalls sieht sie sie verständnisvoll an. »Wissen Sie, Hannah, es sind die unerwarteten Wendungen, die das Leben erfüllt machen. Sie haben schon so vieles erreicht, dass ich richtig neugierig bin, was als Nächstes kommt. Ich bin überzeugt, dass noch interessante Dinge auf Sie warten.«
    »Ich wünschte, ich wäre mir da auch so

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