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Je sueßer das Leben

Je sueßer das Leben

Titel: Je sueßer das Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darien Gee
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bereit seid, mit der Welt zu teilen. Ihr habt Jahre in eure Ausbildung gesteckt. Eure Leidenschaft stellt darüber hinaus auch eure Existenzgrundlage dar. So ein Wagnis gehen nur die wenigsten ein, Hannah, und noch weniger haben Erfolg damit. Offen gestanden bin ich verwundert, dass du nicht eine völlig unerträgliche Zimtzicke bist!« Sie verzieht das Gesicht zu einer Grimasse.
    Über ihre Teetasse gebeugt, lacht Hannah und wischt sich über die Augen.
    Madeline geht zu ihrer Stereoanlage und hält schalkhaft grinsend eine CD in die Höhe. »Sieh mal, was ich gefunden habe.«
    Hannah erkennt das Cover und hält sich mit den Händen die Augen zu. »Oh nein!«
    »Oh ja.« Madeline holt die CD aus der Hülle. »Es muss toll sein, unter Lorin Maazel und Kurt Masur zu spielen.« Sie kehrt zum Tisch zurück und reicht Julia die CD -Hülle.
    Hannah spürt, wie sie sich entspannt, als die ersten Klänge von Strauss den Raum erfüllen. Selbst Julia hat die Augen geschlossen und schwebt in Gedanken davon.
    Madeline lässt sich auf ihren Stuhl sinken. »Philippe und du, ihr seid aber auch genauso so sehr Menschen wie wir anderen, Hannah. Deswegen muss man wirklich nicht mit sich hadern.«
    Hannah freut sich über den Zuspruch, kann sich aber dennoch nicht vorstellen, dass irgendjemand so dumm ist wie sie. »Ich wünschte, ich wäre dir ähnlicher«, sagt sie. »Du bist unabhängig. Du ergreifst eine Gelegenheit, wenn sie sich dir bietet. Du kennst keine Reue.«
    Madeline zieht die Augenbrauen hoch und nimmt den Korb mit den frisch gebügelten Servietten. »Ach, das würde ich nicht sagen.« Sie fängt an, sie zu falten. »Wie gesagt, wir sind alle nur Menschen. Jeder bereut irgendwann einmal etwas.«
    Julia nimmt sich einen Stapel Servietten. »Ja, das stimmt natürlich, aber sieh dich doch an, Madeline. Du bist so voller Zutrauen und jedem gegenüber freundlich und großzügig …«
    Madeline unterbricht sie brüsk. »Nein, nicht jedem. So toll bin ich auch wieder nicht, wie du meinst, Julia. Wie ihr beide meint.« Ihre Stimme hat zunehmend an Schärfe gewonnen. Sie fährt damit fort, Servietten zu falten, bis sie unvermittelt ihren Stuhl zurückschiebt und aufsteht. »Entschuldigt mich.«
    Die beiden jüngeren Frauen sehen ihr verwirrt hinterher.
    »Haben wir etwas Falsches gesagt?«, fragt Hannah besorgt.
    Julia wirkt ebenso überrascht über Madelines plötzliches Verschwinden, aber sie schüttelt den Kopf. »Ich glaube, sie will nur einen Moment allein sein.«
    Die beiden Frauen sitzen da, falten Servietten und fühlen sich irgendwie verlassen.
    Die Musik wechselt das Tempo – der schmetternde Klang von Blech- und Holzblasinstrumenten, dazu das Crescendo der Violinen. Hannah seufzt. »Ich liebe diese Stelle.«
    Julia neigt den Kopf und hört aufmerksam zu. »Sind da auch Celli dabei?«
    Hannah nickt. »Ja. Das Cello ist ein wunderbares Soloinstrument, aber im Orchester sind wir eher für das Fundament zuständig. Ein Stück bekommt durch uns Festigkeit und Struktur. Wir sind also immer da, auch wenn man uns womöglich nicht hört. Würden wir fehlen, würde man uns dagegen sofort vermissen.«
    »Ich wünschte, ich hätte eines deiner Konzerte miterlebt«, sagt Julia. »Du warst bestimmt toll.«
    Hannah wird rot. Sie will das Kompliment schon herunterspielen, aber falsche Bescheidenheit findet sie auch albern.
    Julia lauscht andächtig der Musik, während sie weiter Servietten faltet.
    »Ich war erst ein-, zweimal in einem Konzert und habe eigentlich überhaupt keine Ahnung. Seit ich dich kenne, möchte ich allerdings unbedingt mehr wissen.« Sie lacht. »Vielleicht sollte ich und nicht Gracie Unterricht bei dir nehmen.«
    »Warum nicht?«, sagt Hannah. Der Gedanke ist ihr noch gar nicht gekommen. Die Idee, dass Mutter und Tochter gemeinsam Unterricht nehmen, scheint Julia zu gefallen, und Gracie wäre dadurch vielleicht stärker motiviert zu üben. »Das wäre doch lustig, wenn ihr zusammen Cello lernt.«
    Julia starrt sie an. »Du hast recht. Das würde bestimmt Spaß machen!« Auf ihrem Gesicht breitet sich ein nachdenklicher Ausdruck aus.
    »Und zwar allen Beteiligten«, ergänzt Hannah. Die beiden Frauen grinsen sich an, und jetzt bringt Hannah endlich den Mut auf, Julia eine Frage zu stellen, die ihr seit Tagen im Kopf herumgeht. »Ich würde dich gerne etwas fragen, Julia.«
    »Ja?«
    »Wärst du bereit, mich nach Chicago zu begleiten? Für eine Nacht? Vielleicht ist es ein bisschen komisch, wegen der verfahrenen

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