Jeans und große Klappe
persönlich abzuliefern hatten, da es den Empfängern an geeigneten Transportmöglichkeiten fehlte. So führte Sascha also nur die Listen und trug getreulich ein, was da so herangekarrt wurde.
»Da hätten wir jetzt 14 Geranienstauden, 11 Primeln und 9 Töpfe mit Fleißigen Lieschen von der Gärtnerei Wildhuber. Herr Kreiwald hat zehn Flaschen Rotwein gestiftet, Herr Huber fünfzig Kugelschreiber, Herr Müller zehn Feuerzeuge und der Vater von Wolfgang fünfundzwanzig Packungen Taschenlampenbatterien. Von der Metzgerei Glöckle kriegen wir hundert Würstchen, vom Bäcker Schmidt eine Nußtorte. Was stiftest du eigentlich?« Sascha kaute auf dem Bleistift und sah mich erwartungsvoll an.
»Meine Arbeitskraft.«
»Das tun andere auch. Ich meine doch irgend etwas, das sich verkaufen läßt.«
»Was fehlt denn noch?«
»Alles. Aber wir stellen in den nächsten Tagen sowieso eine Liste zusammen, und da muß jeder eintragen, welche Kuchen und wieviel Kaffee er spendet. Außerdem müssen wir noch den Arbeitseinsatz koordinieren.«
Der bürokratische Aufwand erschien mir angesichts des harmlosen Schulfestes ein bißchen zu umfangreich, aber Sascha fand das völlig in Ordnung.
»Hast du dir schon mal überlegt, was du machen wirst? Es werden noch. Hilfskräfte für die Kaffeeküche gebraucht, beim Flohmarkt fehlen noch welche, und ich glaube, der Kuchenstand ist auch noch nicht besetzt. Du kannst aber auch Kartoffelpuffer braten oder Gläser spülen.«
»Vielleicht sagst du mir mal, was ihr eigentlich tut! Das ist doch euer Fest. Oder beschränkt sich eure Mithilfe lediglich darauf, die Einnahmen zu zählen?«
Sascha fuhr ärgerlich mit dem Bleistift durch die Luft: »Wir sind alle schon bis zum letzten Mann verplant. Die Mädchen kellnern, und wir anderen haben genug zu tun. Zwei Mann müssen an die Torwand, vier Mann organisieren das Kino für die Kleinen, wir haben elf Zeichentrickfilme bestellt, zwei von uns stehen in der Wurfbude, mindestens ein halbes Dutzend in der Diskothek, und der Rest ist ZvB und verkauft Lose.«
»Was heißt ZbV?«
»Das heißt ›Zur besonderen Verwendung‹, also so 'ne Art Feuerwehr, die überall einspringen muß, wo es gerade brennt.«
»Aha, und du bist Feuerwehrhauptmann?«
»Quatsch, ich sitze an der Kinokasse.«
»Womit du dir zweifellos den anstrengendsten Job ausgesucht hast! Aber wenn es eine Tombola gibt, dann muß doch auch jemand die Gewinne austeilen. Dazu könnte ich mich eventuell bereit finden.«
Erfahrungsgemäß ist eine begrenzte Anzahl Lose schnell verkauft, die Preisverteilung ebenso schnell beendet, und meine Abkommandierung zum Arbeitseinsatz wäre also voraussichtlich nach zwei bis drei Stunden beendet. Andere Mütter waren offenbar zu der gleichen Erkenntnis gekommen! Für den Einsatz bei der Tombola meldeten sich 19 Mütter, für die Herstellung von Kartoffelpuffern keine einzige.
Sascha legte neue Listen an. In eine schrieb er alles das, was in die Tombola kommen sollte, die andere trug die Überschrift ›Flohmarkt‹ und enthielt so merkwürdige Bezeichnungen wie ›gehäkeltes Huhn mit Taschen für Eier‹ oder ›Blumentopfaufhänger‹. Da zum Schluß nur er allein wußte, was sich hinter diesen Namen verbarg, wurde er seinen Job als Kinokassierer los und betätigte sich später sehr erfolgreich als Verkäufer von Ramschartikeln.
Je näher der Termin rückte, desto hektischer wurden die Vorbereitungen. Eine Elternbesprechung löste die andere ab. Väter tagten gesondert. Einige hatten sich bereitgefunden, die Bar sowie den Bierausschank zu übernehmen, und so ungewohnte Tätigkeiten kann man schließlich nicht ohne vorherige Proben ausüben.
Sven wollte wissen, ob ich eine Schwarzwälder Kirschtorte backen könnte, so eine hätten sie noch nicht. »Wir kriegen 23 Obsttorten und 14 Marmorkuchen, drei Käsesahne und zwei Mokka. Aber Frau Thiemann meint, wir brauchen auch noch etwas Dekoratives.«
»Aber bestimmt nicht von mir. Ich habe mich in die Spendenliste mit zwei Pfund Kaffee eingetragen. Die meisten anderen geben bloß die Hälfte. Euer Vater hat zwei Flaschen Cognac herausgerückt, und nun reicht es wirklicht«
Dann wieder erwischte ich Sascha vor dem Bücherschrank, dessen Inhalt er mit einem ungewohnten Interesse prüfte. Neben sich hatte er bereits einen Stapel Bücher aufgehäuft, und gerade zog er ein weiteres heraus. Es handelte sich um die gesammelten Werke von Theodor Körner, herausgegeben 1891.
»Diese alten Schwarten liest doch
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