Jede Sekunde zählt (German Edition)
ich bin, und jemand anderes wird kommen und ihr eine Inspiration sein. Bis dahin werde ich versuchen, jede Bittezu erfüllen und jeden Menschen zu besuchen, der ein bisschen Hilfe braucht.
Ich würde gerne lernen, wie ich meinen Einfluss dafür einsetzen kann, das Denken über Krebs auch im größeren Maßstab zu verändern. Vielleicht kann ich sogar mit dazu beitragen, die öffentliche Meinung, die Politik und die Geldflüsse für die Krebsforschung zu gestalten. Nach dem Besuch im Weißen Haus gingen Jeff Garvey, der Vorsitzende der Lance Armstrong Foundation, und ich noch am selben Tag mit derselben Mission – die Krebsforschung fördern und um mehr Mittel bitten – auf den Capitol Hill, wo wir, in dieser Reihenfolge, mit dem demokratischen Senator Ted Kennedy aus Massachussetts, Sam Brownback, einem Republikaner aus Kansas, und der kalifornischen Demokratin Diane Feinstein zusammentrafen. Die Gespräche erwiesen einmal mehr was uns alle zum Thema Krebs verbindet.
Senator Kennedys Sohn Teddy Jr. hatte als Junge an Knochenkrebs gelitten und ein Bein verloren. Der Senator führte uns in sein Büro und zeigte mir die Fotografien seiner verstorbenen Geschwister, die an der Wand hingen, bevor er sich einem anderen Bild zuwandte, einem Bild von seinem Sohn.
»Als Teddy Krebs hatte, versuchte ich alles, um ihn abzulenken«, erzählte er. »Aber das Einzige, was ihn davon abhalten konnte, an den Krebs zu denken, waren die Celtics-Lakers-Spiele. Also besorgte ich für jedes Spiel, zu dem ich gehen konnte, Tickets und ging mit ihm ins Basketballstadion, damit er wenigstens für ein paar Stunden an was anderes dachte.«
Auf einem anderen Bild sah ich Ted Jr. mit einer Beinprothese an einem Skihang stehen, die Arme triumphierend in die Höhe gerissen – er hatte gerade eine Goldmedaille bei den Paralympics gewonnen. Als ich mich mit einer Bemerkung auf den Lippen zum Senator umdrehte, sah ich, dass ihm Tränen über die Wangen liefen.
Senator Brownback, der uns anschließend empfing, hatte, wie ich wusste, seinen eigenen Kampf gegen den Krebs geführt und gewonnen. Der Senator ließ keinen Zweifel daran, dass der Krebssowohl seine Sicht auf das Leben als auch auf das Leben nach dem Leben verändert hatte; nach seiner Heilung war er zu einem wiedergeborenen Christen geworden.
»Erzählen Sie mir, wie der Krebs Ihren Glauben verändert hat«, forderte er mich auf, nachdem wir auf einem Sofa Platz genommen hatten.
Hier war sie wieder, diese unerfreuliche Frage. Wie, fragte ich mich, sollte ich dem Senator verständlich machen, dass mein Glauben meine Sache war, ganz allein meine Sache? Aber noch bevor ich den Mund öffnen konnte, sprang Jeff Garvey, dem mein Dilemma bewusst war, in die Bresche und sagte schnell: »Lance’ Frau Kristin ist Katholikin. Und in seinem Haus hat er eine Kapelle.«
So dankbar ich Jeff für sein Ablenkungsmanöver war, ich wollte aufrichtig sein und antwortete dem Senator ganz offen: »Ich habe mich auf meine Ärzte, auf die Medizin und auf die Wissenschaft verlassen, sie waren meine Hoffnung.« Darüber hinaus, fügte ich hinzu, hatte ich an meine persönliche Verantwortung für meine Heilung geglaubt, daran, mich kundig zu machen und die Krankheit mit allem, was ich hatte, zu bekämpfen.
Der Senator, ein beherzter und energischer Kämpfer gegen den Krebs, erklärte: »Wir müssen uns einen Termin setzen und zum Beispiel sagen, dass wir innerhalb der nächsten zehn Jahre ein Heilmittel haben wollen.« Mit dieser kämpferischen, sehr entschlossenen Art sprach Brownback mir direkt aus dem Herzen. Gleichzeitig wussten wir beide, dass der Krebs nicht eine, sondern 250 Krankheiten umfasst, jede einzelne mit ihren eigenen Symptomen und Behandlungsmethoden und potenziellen Heilmitteln. Das bedeutet, dass es nicht um ein, sondern um 250 Heilverfahren geht. Wir verabschiedeten uns mit einem Händedruck und dem Versprechen, uns wieder zu treffen.
Das letzte Gespräch mit Senatorin Feinstein, einer charmanten Lady ohne den geringsten Dünkel, war zugleich auch das unbeschwerteste. Nachdem wir bei ihr im Büro Platz genommen hatten, sprachen wir eine Weile über die Notwendigkeit zusätzlicherMittel für die Krebsforschung und besserer Informationen über die Krankheit.
Dann wandte sie sich direkt an mich: »Darf ich Sie etwas fragen?«
»Natürlich«, entgegnete ich.
»Wissen Sie, ich fahre auch Fahrrad. Schmerzt Ihr Hintern auch?«
Die Frage kam so unvermittelt, dass ich laut lachen musste.
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