Jede Sekunde zählt (German Edition)
Beifahrersitz kauerte, mich einen Hurensohn schimpfte und anbrüllte, ich solle gefälligst langsamer fahren. Meine einzige Reaktion darauf war, mich halb totzulachen.
Außerdem machte es mir einen Heidenspaß, ihm bei unseren Radausfahrten die Leichenblässe ins Gesicht zu jagen. Wir fuhren mit den Rädern oft hinaus zum Red Bud Trail, wo die Straße bergabwärts in eine nicht einsehbare Rechtskurve übergeht. Jedes Mal raste ich mit hoher Geschwindigkeit den Berg hinab und zog das Rad weit auf die Gegenfahrbahn, bevor ich mich plötzlich in die Kurve legte und College damit unweigerlich zu Tode erschreckte. Ich erklärte ihm, das sei im Vergleich zu einer Hochgeschwindigkeitsabfahrt in den Bergen ein Kinderspiel und sehe viel gefährlicher aus, als es tatsächlich sei. Aber College glaubte mir nicht, bis ich ihm eines Tages in Frankreich zeigte, was Renngeschwindigkeit wirklich bedeutet. Gerade eben noch schossen wir Seite an Seite eine Alpenabfahrt hinunter, und im nächsten Moment war ich weg, jagte durch den Nebel den Berg hinunter. Danach sagte er nie wieder etwas über den Red Bud Trail.
Doch nach der Geburt der Kinder setzte ich neue Prioritäten. Ich trennte mich von dem Porsche und legte mir einen familienfreundlicheren Wagen zu. Vor nicht allzu langer Zeit wurde ich von einem Gentleman zu einer Führung durch ein Ferrari-Werk eingeladen.
»Sie schätzen mich falsch ein«, sagte ich. »Was ich brauche, ist ein Auto mit drei Kindersitzen.«
College meint, meine verrückteste und gefährlichste Angewohnheit sei derzeit, mich mit Lastwagenfahrern anzulegen, und damit könnte er Recht haben. Ich bin im Laufe der Jahre einfach zu oft von Pick-ups und Lastwagen von der Straße abgedrängt worden. Texanische Lastwagenfahrer hassen Radfahrer, und auf den Nebenstraßen von Texas führen wir einen fortlaufenden Krieg mit ihnen. Ich bin vom Fahrtwind vorbeidonnernder Trucks in Straßengräben geblasen, von Steinen getroffen und mit Wagenhebern bedroht worden, und entsprechend ausgeprägt ist meine Neigung, mich mit LKW-Fahrern anzulegen.
Vor ein paar Jahren wurden College und ich von einem Neunachser von der Straße geblasen. College stürzte vom Rad, und seine Kette sprang vom Ritzel. Ich war fuchsteufelswild. Ich spuckte den Sand aus, trat in die Pedale und setzte dem Lastwagen nach. Hinter mir her hörte ich College rufen: »Halt, warte wenigstens auf mich!«
An einer Ampel hielt der Lastwagen an. Ich fuhr neben ihn, bremste und sprang vom Rad. Genau in dem Moment stieg ein Typ aus... und dann stieg noch einer aus... und noch einer. Der letzte Typ zog ein Messer aus seiner Gesäßtasche, zwar nur ein Taschenmesser, wie ich sah, aber dennoch ein Messer. Aber zu dem Zeitpunkt war ich schon viel zu wütend, um noch Angst zu haben.
»Ihr spinnt wohl! Wolltet ihr mich umbringen?«, fragte ich.
»Du hast auf dieser Straße nichts verloren«, meinte einer.
»Was meint ihr damit, dass wir hier nichts verloren hätten?«
»Ich zahle Steuern auf dieser Straße«, sagte ein anderer.
Ich lachte. »Ja, Leute, Steuern sind für mich auch ein heißes Thema«, gab ich zurück. Zum Glück kam in diesem Moment College. Er stellte sich zwischen uns und beschwor mich, ich solle mich abregen. Wir stritten noch ein bisschen über die Sache mit den Steuern, bevor wir alle beschlossen, zu unseren Fahrzeugen zurückzukehren und weiterzufahren.
Solche Zwischenfälle passieren mir immer wieder. Manchmal ist es gefährlich, manchmal witzig, und manchmal ein wenig von beidem. Bei Austin gibt es eine besonders üble Gegend, die wir Redneckville nennen, ein trostloser Straßenabschnitt, auf dem die Lastwagen mit Vollgas über die Kreuzungen donnern und an dem es meilenweit keine Geschäfte außer zwei kleinen Lebensmittelläden gibt. Eines Morgens, ich fuhr mit einem anderen Radfahrer aus Austin durch Redneckville, da hielt ein alter Lieferwagen direkt auf uns zu. Ohne auch nur einen Zentimeter von seinem Kurs abzuweichen, raste der Fahrer, der wohl unseren Mut testen wollte, auf uns zu. Wir rissen die Lenker nach rechts, schossen mit voller Geschwindigkeit in den Straßengraben und flogen in hohem Bogen über die Lenkstangen.
Wir lagen noch auf dem Boden und waren gerade dabei, uns den Dreck abzuklopfen, als von oben herab eine Stimme scheinbar aus dem Nichts zu uns sprach.
Hoch oben auf dem Telefonmast hing ein Installateur und schaute auf uns herunter. Er hatte die ganze Sache mitverfolgt.
»Hey, wenn ihr Jungs nicht die Cops
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