Jeden Abend, jeden Morgen - immer!
Jake Ihnen gesagt, warum Sie mir folgen sollen? Denkt er, ich würde einen Stall in die Luft sprengen, oder was?”
Deke runzelte unter seiner breiten Hutkrempe die Stirn. Er konnte Carlys Ironie offenbar nicht einordnen. “Einen Stall sprengen? Davon hat er nichts gesagt, Ma’am. Ich soll nur den ganzen Tag bei Ihnen bleiben, besonders wenn Sie ausreiten. Aber auch, wenn Sie spazieren gehen. Sie sollen in Sicherheit sein.”
Carly war aufs Äußerste frustriert. Mit Deke auf den Fersen konnte sie auf keinen Fall zu der Lichtung reiten. Jake wollte also sicher gehen, dass sie sich nicht wieder verirrte oder – wie gestern – etwas unternahm, wovon er nichts erfuhr.
“Ich brauche keinen Leibwächter”, fauchte sie, doch sie rief sich sofort zur Ordnung. Es war unfair, ihre Wut auf Banyon an Deke auszulassen. Aber sie würde es Banyon schon zeigen! Sie schenkte Deke ein warmes Lächeln und sagte: “Ich gehe wieder ins Haus. Bis später.”
Wann immer Carly aus dem Küchenfenster blickte, war Deke da. Barney brachte ihm sogar seinen Lunch herüber. Wahrscheinlich amüsierte sich die gesamte Belegschaft über Jakes geniale Idee, die aufmüpfige Tochter seines Bosses unter Kontrolle zu halten. Es war entwürdigend!
Wutentbrannt streifte sie durch die Räume und dachte sich Schimpfworte für Banyon aus. Doch schließlich lenkte der heruntergekommene Zustand des Hauses sie ein wenig ab. Warum hatte ihr Vater das zugelassen?
Bei näherem Hinsehen erkannte Carly, dass die Einrichtung nicht wirklich schäbig war und dass man mit einem gründlichen Hausputz viel bewirken könnte. Entschlossen machte sie sich auf die Suche nach Reinigungsmitteln. In einem Schrank fand sie einen alten Staubsauger, der jedoch mehr Schmutz von sich gab, als er aufsaugte. Er brauchte einen neuen Staubbeutel, aber natürlich war keiner da. Auch die Putzmittel waren entweder eingetrocknet oder untauglich für Carlys Zwecke. Es gab nur eine Lösung: nach Tamarack fahren und einkaufen.
Also gut, dachte sie unmutig, hoffentlich magst du Shopping-Touren, Deke Johnson, denn ich fahre jetzt in die Stadt! Sie holte ihre Tasche, nahm die Autoschlüssel vom Haken und trat aus der Hintertür.
Deke sprang auf, und Carly lächelte honigsüß.
“Ich möchte einiges einkaufen”, erklärte sie und ging an ihm vorbei in Richtung Garage.
Jetzt war es an ihr, sich zu amüsieren, denn Jake hatte garantiert keine Anweisung gegeben, was in so einem Fall zu tun war. Der arme Deke zögerte einen Moment, dann rannte er hinter ihr her.
Leise lachend betrat Carly die Garage durch die Seitentür und schaute nach einem Schalter, der das schwere Holztor öffnen würde. Doch es gab keine solche Vorrichtung.
Deke kam hinterher. “Fahren wir nach Tamarack, Ma’am?”
“Carly”, mahnte sie ungeduldig. “Ich fahre jedenfalls hin. Was Sie machen, liegt bei Ihnen.” Sie trat ans Tor und fing an, es am Griff nach oben zu stemmen. Das Holz schien Tonnen zu wiegen, aber es glitt hoch. “Diesen Laden hier sollte wirklich mal jemand modernisieren. Zumindest müsste Banyon hin und wieder eine Putzfrau bestellen, die das Haus sauber macht.”
“Ja, Ma’am.” Deke war sichtlich unglücklich.
Carly stieg in den Wagen und kurbelte das Fenster herunter. “Wenn Sie Banyons idiotische Befehle weiter befolgen wollen, dann steigen Sie ein.” Sie lachte auf, als Deke regelrecht auf den Beifahrersitz hechtete.
“Schnallen Sie sich an”, empfahl sie ihm. “Ich vergesse nämlich manchmal, den Fuß vom Gas zu nehmen.” Sein ängstlicher Blick belustigte sie, obwohl Deke ja nur das unschuldige Opfer von Banyons unverschämten Anordnungen war.
Sie ließ den Motor ein paarmal aufheulen, legte den Rückwärtsgang ein und schoss aus der Garage wie eine Gewehrkugel. Mit freundlichem Lächeln sagte sie: “Los geht’s. Halten Sie Ihren Hut fest, Deke.”
Und das tat der Ärmste auch.
Jake kam gerade aus einem Stall, als er den Wagen aus der Garage rasen sah. Er rannte los, war aber zu weit weg, um sie noch zu erreichen, und konnte nur Carlys Namen rufen. Sollte sie ihn gehört haben, tat sie jedenfalls nichts, um zu stoppen, sondern brauste die Zufahrt hinunter.
“Immerhin ist Deke bei ihr”, murmelte Jake. “Da kann ihr nicht viel passieren.”
Für eine Frau, die über eine gescheiterte Ehe trauert, legt sie erstaunliche Energien an den Tag, dachte er. Falls sie seelisch angeschlagen war, gab sie es nicht zu erkennen. Entweder konnte sie ihre Gefühle
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