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Jeden Tag ein Happy End

Jeden Tag ein Happy End

Titel: Jeden Tag ein Happy End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Devan Sipher
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stellte mir vor, wie sie mir einen vielsagenden Blick zuwarf. Nicht, dass ich wusste, wie sie aussah, bis jetzt hatten wir nur miteinander telefoniert. Ihre Stimme klang aber sexy, und sie hatte ein sehr sympathisches Lachen. Es fiel mir schwer, mich zu konzentrieren.
    »Roxanne hat unseren Termin jetzt schon dreimal verschoben und ist offenbar der Meinung, ich müsste mich rund um die Uhr für sie bereithalten«, sagte ich. Hoffentlich klang ich nicht zu sehr wie ein verbitterter alter Mann. »Wenn es schon so kompliziert ist, einen Termin für das erste Interview zu finden, kann ich mir kaum vorstellen, dass es bei den Folgeterminen besser laufen wird. Deshalb werden wir von dem Artikel Abstand nehmen, wenn sie noch einmal absagt.«
    »Das wird nicht passieren«, versicherte Brooke mir. »Es tut mir wirklich leid, dass Sie solche Umstände deswegen hatten.« Sie klang so freundlich und entschuldigend, dass ich mir wie der letzte Idiot vorkam. »Roxanne hatte einfach viel zu tun, die Arbeit und die Hochzeit … aber das ist nicht Ihr Problem. Übrigens fand ich Ihre Kolumne letzte Woche wunderschön. Ich musste weinen.«
    »Im Ernst?« Schmeichelei ist und bleibt die beste Waffe.
    »Ja, ich musste mir sogar ein Taschentuch holen. Stand er wirklich auf einmal am Flughafen und hat sie überredet, doch nicht zu fliegen?«
    »Mit einem Strauß Wiesenblumen in der Hand.«
    »Die haben Sie gar nicht erwähnt.«
    »Wurde gestrichen.« Ich war immer noch etwas ungehalten deswegen. Captain Al hatte mich so richtig dafür bluten lassen, dass ich meinen ersten Satz behalten durfte.
    »Wieso lerne ich nie solche Männer kennen?«, fragte Brooke. Ich versuchte mir zu merken, dass sie also Single war. Liegt in der Natur eines Journalisten.
    »Nennen Sie mir einfach einen Termin, und ich sorge dafür, dass Roxanne dann da ist. Schreiben Sie mir eine E-Mail, ich regele den Rest.«
    Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Renée und Tucker sich erhoben. Renée sah nicht gerade glücklich aus. Dann hatten die bei Gawker also doch recht, irgendwas war hier im Busch. Und es war anscheinend nichts Gutes.
    »Ich freue mich schon auf Ihre nächste Kolumne«, sagte Brooke und legte auf. Im Moment konnte ich nur hoffen, dass es überhaupt eine nächste gab.
    Renée ging an mir vorbei. Sie sah böse aus und kniff die Lippen zusammen. Obwohl, so sah sie nach einem Gespräch mit Tucker eigentlich immer aus.
    Tucker kam hinterher. Er war über einsneunzig groß und hätte mit seinem majestätisch-markanten Profil gut an den Mount Rushmore gepasst. Jahrelangem Mountainbiken und Lacrosse in Dartmouth verdankte er eine gestählte, athletische Statur. Er war das schwarze Schaf einer wohlsituierten Familie aus Boston, hatte seine eleganten Schnürschuhe nach dem College gegen Birkenstocksandalen getauscht und war als einer der jüngsten Auslandskorrespondenten, die es bei der Zeitung jemals gegeben hatte, quer durch Südamerika gereist. Durch eine Mischung aus politischer Finesse und Abgebrühtheit war er im Laufeder letzten zwanzig Jahre stetig die Karriereleiter hinaufgeklettert.
    Renée hatte eine Unterhaltung mit ihm einmal mit einem Bad in Motoröl verglichen: »Es schadet einem nicht zwangsläufig, tut einem aber auch nicht unbedingt gut.«
    Man musste ihm jedoch zugute halten, dass die Lifestyle-Abteilung unter seiner Regie zu einem der profitabelsten Ressorts geworden war. Was zu Feindseligkeiten aus den Reihen der anderen, seriöseren Ressorts geführt hatte, die sich weniger Beliebtheit bei den Lesern erfreuten und um die sich die Werbekunden nicht ganz so bemühten.
    Wenn die Lifestyle-Abteilung das schwarze Schaf der Zeitungsressorts war, dann waren die Hochzeitsseiten das schwarze Schaf der Lifestyle-Abteilung. Obwohl jeder unserer Handgriffe von Tucker überwacht wurde, las er unsere Artikel so gut wie nie. Tony und ich hatten einmal darum gewettet, wen Tucker länger ignorieren würde. Die Regeln waren, dass wir jedes Mal »Guten Morgen« oder etwas Ähnliches sagen mussten, wenn wir ihm über den Weg liefen. Nach einundzwanzig Tagen ging Tony als Gewinner aus dem Wettkampf hervor: Tucker hatte mich nach dem Händewaschen gebeten, ihm ein Papierhandtuch zu reichen.
    Wie er nun mal war, verriet Tucker uns natürlich nicht, worüber sie beim Meeting gesprochen hatten. Renée schwieg ebenfalls, ließ sich in ihren Bürostuhl plumpsen und machte sich an irgendeinem Seitenlayout zu schaffen. Tony und ich standen stumm vor ihrem Büro und sahen

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