Jeden Tag ein Happy End
meinen späten Anruf und klagte ihm dann mein Leid.
»Vor einem Jahr«, erzählte er, »habe ich bei einer der besten Marketingfirmen in New York eine Umfrage in Auftrag gegeben. Ich wollte wissen, was Männern und Frauen an ihrem Partner wichtig ist.« Seine Umfrage interessierte mich im Moment so was von überhaupt nicht. »Dabei kam heraus, und das wurde übrigens auch bei ›Oprah‹ gesendet, dass Männer als Erstes auf das Aussehen der Frau achten, dann auf ihre Persönlichkeit. Frauen hingegen ging es vor allem um den finanziellen Stat-«
»Und was soll mir das sagen?«, unterbrach ich ihn.
»Dass du dir entweder hässlichere Frauen suchen oder mehr Geld verdienen musst.«
Spielverderber
I ch träumte von meiner Hochzeit im »Nobu«.
Ich stand unter einem Baldachin aus Sashimi, vor mir ein älterer Rabbiner in einem Elviskostüm und eine Skulptur aus Hummersalat in Form eines riesigen Kois. Neben mir stand meine Braut, ich konnte ihr Gesicht nicht sehen, weil es von einem Schleier aus Zeitungspapier verdeckt war. Ich wollte gerade »Ja, ich will« sagen, als mir ein Kellner die Rechnung für die Feier brachte und meinte, meine Kreditkarte wäre überzogen. Die Braut schrie auf, und der Rabbiner wandte sich an die Gemeinde: »Sollte es jemanden geben, der es sich leisten kann, diese Braut zu heiraten, so möge er nun sprechen oder für immer schweigen.«
Mit einem Ruck erwachte ich. Ich brauchte dringend eine Gehaltserhöhung.
Ich hatte noch nie um eine gebeten. Ich war mir nicht mal sicher, ob das überhaupt jemals ein Mitarbeiter bei uns getan hatte.
Zeitungen sind keine Banken. Seinen Namen unter dem Artikel gedruckt sehen zu dürfen, ist der einzige Bonus, den man bekommt. Unterbezahlt und überarbeitet zu sein hatte ich immer einfach so hingenommen. Plötzlich sah ich jedoch eine Zukunft vor mir, in der ich ein richtiges Schlafzimmer hatte. Und richtige Weingläser. Als hätteMike einen Vorhang weggezogen, hinter dem sich eine berauschende neue Aussicht auf mein Leben offenbarte.
Voller Energie ging ich erst mal joggen und machte mich dann auf den Weg zur Arbeit. Es hatte angefangen zu schneien. Mir wurde Fahrstuhl B zugewiesen, und ich stellte mich in die entsprechende Schlange. Ich war noch immer voller Tatendrang und hatte das Gefühl, einen berechtigten Anspruch auf meine Forderung zu haben. Ich kannte ein paar Journalisten in der Unterhaltungsabteilung, die das Doppelte von meinem Gehalt verdienten. Ich würde nicht das Doppelte fordern, aber ich wollte eine Hausnummer hören.
Falls ich es jemals in mein Büro schaffen sollte. Fahrstuhl B schien im Gefecht verschollen.
Neben mir stand Joe Mariano, ein Wirtschaftskolumnist. »Wenn ich sowieso jeden Morgen eine halbe Stunde länger zur Arbeit brauche, hätte ich auch nach Westchester ziehen können«, murrte er.
Wie aufs Stichwort war der zwar verirrte, aber dafür mit einer sensationellen Ökobilanz ausgestattete Fahrstuhl auf einmal da und trug uns in unsere Etage. Ein Display war installiert worden, das das Stockwerk anzeigen konnte – konnte, es aber nicht tat. Die Türen öffneten sich, ich sah den Gang hinunter und marschierte los. Hinter mir hörte ich Joe in seinem typischen Brooklyn-Tonfall fragen: »Hat irgendwer ’ne Idee, auf welcher Etage wir hier sind, verdammt noch mal?«
Kurz darauf stand ich vor meinem Schreibtisch, weit und breit keine Renée zu sehen.
»Weißt du, wo Renée ist?«, fragte ich Tony.
»Feind auf zwölf Uhr«, antwortete er, ohne die Augen von seinem Bildschirm zu wenden.
Renée war zusammen mit dem Leiter der Lifestyle-Abteilung,Tucker Prescott, in unserem gläsernen Konferenzraum. Das war ungewöhnlich. Die beiden hatten eine sehr seltsame Arbeitsbeziehung: Er tat, als gäbe es sie gar nicht, und sie tat, als würde sie das nicht bemerken. Es schien ganz gut zu funktionieren. Viel Kommunikationsbedarf zwischen den beiden gab es dementsprechend natürlich nicht.
»Ich wollte nämlich mal nach einer Gehaltserhöhung fragen«, vertraute ich mich Tony an. Ich war gespannt auf seine Reaktion.
»Viel Glück«, sagte er und starrte weiter auf den Bildschirm. »Die haben gerade eine Reihe von Entlassungen angekündigt.«
»Was? Wer? Wann?«, fragte ich aufgeregt.
»Ich weiß auch nicht mehr als hier steht«, sagte Tony.
Mir drehte sich der Magen um. Ich loggte mich schnell in mein E-Mail-Konto ein. »Haben sie eine Rundmail geschickt?«
»Quatsch«, antwortete Tony. »Ich habe das auf Gawker
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