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Jeden Tag ein Happy End

Jeden Tag ein Happy End

Titel: Jeden Tag ein Happy End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Devan Sipher
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heirateten, nachdem er zwei Jahre lang um sie geworben hatte, war ich neunzehn. Ich war oft bei ihren Dates dabei gewesen, und es hatte ihn nie gestört. Er erschien in seinen schrill bunten Sakkos, ergriff dann fröhlich den schlanken Arm meiner Großmutter, und sie stolzierte aus der Wohnung, in kurzen Röcken und High Heels, die ihre muskulösen Waden betonten.
    Er kam nie mit leeren Händen, brachte ihr Blumen, Schmuck und einmal sogar einen Kühlschrank mit. Für mich hatte er immer Schoko-Erdnüsse dabei. Die liebte er. Stolz auf seine Wurftechnik, die er sich von früher bewahrt hatte, warf er mir die Tüte gekonnt zu.
    »Nun heb endlich seinen Arm hoch«, sagte meine Großmutter ungeduldig. Ich wusste nicht, wie ich ihr mein Zögern erklären sollte. Aber ich hatte das Gefühl, in seine Privatsphäre einzudringen, als ich nach seinem linken Ellenbogen griff.
    Sie wrang den Lappen aus und fuhr ihm damit in langsamen, kreisenden Bewegungen über den Arm. Es war verstörend,wie mütterlich sie das tat. Ich starrte aus dem Fenster.
    Das Delray Medical Center war ein lang gestreckter, niedriger Gebäudekomplex im typischen Stil der Achtzigerjahre. Trotz des Sonnenscheins wirkte es trist und grau. Hätte nicht hier und da vereinzelt eine (einbetonierte) Palme gestanden, hätte man genauso gut in Jersey sein können.
    »Ich habe deine Eltern heute noch gar nicht gesehen«, sagte meine Großmutter. Das war ihre Art, nachzufragen, wo die beiden wohl steckten.
    »Ich dachte, sie hätten dich heute Morgen hergefahren.« Meine Großmutter fuhr nicht selbst. Als junge Frau war sie zu arm gewesen, um sich ein Auto (oder Fahrstunden) leisten zu können, und später hatte sie das Versäumnis nicht nachgeholt.
    »Ich war joggen, und dann habe ich ein Taxi hierher genommen«, antwortete sie.
    »Wieso hast du nicht auf sie gewartet, damit sie dich herbringen?«
    Sie sah mich prüfend an. »Hast du doch auch nicht, oder?«
    Ich hatte mehr als tausend Meilen mit dem Flugzeug zurückgelegt und mir einen Mietwagen genommen und war trotzdem vor meinen Eltern hier im Krankenhaus angekommen. »Sie sind bestimmt unterwegs«, sagte ich und war nicht sicher, ob ich sie oder eher mich selbst damit überzeugen wollte.
    »Sie sind immer unterwegs. Wird Zeit, dass sie mal irgendwo ankommen.« Sie verzog das Gesicht und begann sorgfältig Bernies Finger zu massieren. »Du schreibst immer über Hochzeiten«, sagte sie. »Wann kann ich denn endlich auf deiner eigenen tanzen?« Das war nicht daserste Mal, dass sie mich danach fragte. Ich wusste nie, was ich darauf antworten sollte.
    »Wenn ich die Richtige gefunden habe«, sagte ich ausweichend.
    »Ich bin nicht mit Bernie ausgegangen, weil er der Richtige war, sondern weil er mich um ein Date gebeten hat.« Ihr Tonfall war freundlich, aber die Worte taten mir trotzdem weh. An meinem Urteilsvermögen zu zweifeln fiel eigentlich in den Aufgabenbereich meiner Eltern, und außerdem verstand ich nicht so ganz, wieso ausgerechnet eine Frau, die gerade ihren bettlägerigen vierten Ehemann pflegte, mir einen Vortrag übers Heiraten halten wollte.
    Während ich Bernies Arme und Beine nach den Anweisungen meiner Großmutter bewegte, dachte ich über meinen angefangenen Artikel nach. Ob Amy und Mike wussten, worauf sie sich eingelassen hatten, als sie einander die Treue schworen, »bis dass der Tod uns scheidet«? Hätten sie es auch getan, wenn sie jetzt hier im Krankenhaus stehen würden?
    »Halt ihn mal fest, damit ich ihm den Rücken waschen kann.« Mir wurde ganz anders bei dem Gedanken daran, wie unangenehm das jetzt werden würde. Ich stellte mir vor, wie es mir an Bernies Stelle ginge, wenn ich dort nackt, hilflos und meiner Würde beraubt daläge, während meine Frau und mein Enkel sich um mich wie um ein Kleinkind kümmerten. Würde ich überhaupt jemals eine Frau und einen Enkel haben?
    Meine Großmutter drückte auf einen Schalter am Bett. Bernies Oberkörper wurde etwas aufgerichtet. Ich stellte mich hinter ihn und schob ihn leicht nach vorn. Er rutschte zur Seite.
    »Er fällt um«, schrie meine Großmutter auf.
    »Er fällt nicht um«, schimpfte ich ungehalten und ranntezur anderen Seite des Bettes, um ihn aufzufangen, bevor er umfiel.
    »Kannst du ihn nicht an den Handgelenken hochziehen?«, schlug meine Großmutter vor. Ich versuchte es, aber sein Kopf knickte dabei schmerzhaft nach hinten ab.
    »Grandma, wir sollten wirklich auf eine Schwester warten.«
    »Wenn du mir nicht helfen

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