Jeden Tag ein Happy End
will viel lieber wissen, wie es weiterging, nachdem sie mit ihrem Personal Trainer abgehauen ist.«
»Klingt ein bisschen sehr nach Regenbogenpresse«, meinte Renée ungehalten.
»Hochzeiten sind ja nun mal auch keine wirklichen Nachrichten«, antwortete Tucker mit unverhohlener Verachtung. »Man kann sich keine Hochzeit mehr ansehen, ohne nicht an schlechte Hollywood-Filme erinnert zu werden. Ach ja, da kommt übrigens demnächst wieder so einer raus. Irgendwas mit einer Brautjungfer, die ausrastet.« Er nahm eine Pressemitteilung von seinem Schreibtisch und warf sie Renée zu. »Sogar Hollywood weiß, dass eine Trennung eine bessere Geschichte liefert als ein verliebtes Pärchen. Mich haben schon so viele gefragt, wieso wir keine Kolumne über Scheidungen schreiben. Deshalb gebe ich die Frage mal an euch weiter: Wieso eigentlich nicht?«
Er sah mich erwartungsvoll an. Ich war davon ausgegangen, bei diesem Meeting nur als Renées moralische Unterstützung zu fungieren.
»Na ja, Tucker …« Ich dachte fieberhaft nach. »Unsere Artikel basieren darauf, dass uns die Paare freiwillig ziemlich intime Details aus ihrem Leben erzählen. Jemand, der sich demnächst scheiden lässt, ist bestimmt nicht gesprächig.«
»Ein guter Journalist schafft es, dass ihm die Leute auchDinge erzählen, die sie gar nicht erzählen wollten.« Ein guter Journalist! Und das aus dem Mund eines Mannes, in dessen letztem Artikel es um Martini-Trends in Miami gegangen war. Tucker hielt sich immer noch für den talentierten, bissigen Auslandskorrespondenten, der nur vorübergehend im Lifestyle-Ressort gelandet war, aber früher oder später die Karriereleiter weiter nach oben klettern würde.
Er befahl uns, ein neues Blog-Konzept auszuarbeiten, in das sein Vorschlag integriert war. Dass seine und unsere Ideen keinerlei gemeinsamen Nenner hatten, störte ihn dabei nicht im Geringsten. Ich durfte schon einmal gehen, Renée sollte noch kurz bleiben. Ich versuchte, nicht darüber nachzudenken, was das wohl zu bedeuten hatte, und setzte mich wieder an meinen Schreibtisch. Bevor ich meine E-Mails checken konnte, blinkte eine Nachricht von Tony auf. »Geh mal auf Gawker.«
Ich war gerade absolut nicht in der Stimmung, mir Berichte über anderer Leute Unglück durchzulesen. Davon hatte ich im Moment in meinem eigenen Leben mehr als genug. Gawkers »Loser der Woche« war einer unserer Lifestyle-Reporter. Sein Name wurde öffentlich in den Dreck gezogen, weil er eine Rundmail verschickt hatte, in der er um eine Einladung zu einer Sexparty bat. Die Tatsache, dass er das im Rahmen seiner Recherche für einen Artikel getan hatte, wurde in dem ganzen Gekicher und Getwitter natürlich nicht erwähnt.
Mein Telefon klingelte. Es war Tony. Mein Gott!
»Und, was meinst du?«, fragte er.
»Ich bin der Meinung, du solltest dir mal ein neues Hobby zulegen.«
»Hast du es noch nicht gelesen?«
Ich klickte auf den Gawker-Link, den er mir geschickt hatte.
Stellenabbau bei ›The Paper‹ .
»Scheiße.«
»Lies weiter.«
Sie hatten einen Brief von unserem Verleger abgedruckt, der mich stark an eine E-Mail von heute Morgen erinnerte. Ich hatte nur einen kurzen Blick darauf geworfen und sie dann gelöscht. Nach mehreren Absätzen, in denen die »fleißigen Mitarbeiter« und der »preisgekrönte Journalismus« übertrieben gelobt wurden, kam dann dieser wundervolle Satz:
Bis zum nächsten Jahr wird die Mitarbeiterzahl signifikant verringert. Wie viel weniger es genau sein werden, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt jedoch noch nicht sagen.
Mir wurde ganz schlecht.
Wir werden versuchen, unsere Ziele durch Einsparungen und Abfindungen zu erreichen. Wenn notwendig, wird es auch Entlassungen geben .
Jetzt hatte ich es schwarz auf weiß. Es war kein bloßes Gerücht mehr. Es stellte sich lediglich die Frage, wer von uns so wertvoll war, dass er bleiben durfte, und auf wen verzichtet werden konnte.
»Die wollen euch doch nur Angst machen«, dröhnte Renée plötzlich hinter mir. Tony nannte das immer ihre Kampfpose, wenn sie so dastand: den Rücken durchgedrückt, einen entschlossenen Zug um die Lippen. »Die werden niemanden entlassen. Die haben nicht mal ’87 nach dem Börsencrash Leute entlassen.«
»Sie haben aber schon damit angefangen«, mischte sich Alison ein. »Habt ihr das mit Darius de Santis nicht mitbekommen?« Darius war ein beliebter Modejournalist. »Den hat schon seit zwei Wochen keiner mehr hier gesehen.«
»Ich habe gehört, dass er ABC eine
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