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Jeden Tag ein Happy End

Jeden Tag ein Happy End

Titel: Jeden Tag ein Happy End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Devan Sipher
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zum Thema Tod . »Das Zimmer hier hat ja allein schon fünfzig Quadratmeter.«
    Sie lachte wieder. »Stimmt wahrscheinlich. Ist ein bisschen groß. Als ich klein war, dachte ich immer, meine Großeltern würden in einem fernen Königreich leben. Dabei haben sie ja nur ein paar Meilen entfernt gewohnt. Wir haben sie immer zu den Feiertagen besucht, und ich habe mich hier wie eine Märchenprinzessin gefühlt mit den ganzen Samtkleidern und Seidenpyjamas.« Sie hielt sich an einem der Bettpfosten fest und machte eine spielerische Drehung wie ein kleines Mädchen. »Mit dir kann man sich wirklich gut unterhalten.«
    »Ich nehme das mal als Kompliment«, sagte ich und erwiderte ihren Blick voller Sehnsucht.
    »So gut kann ich sonst nur mit meinem Therapeuten reden.« Autsch. Da hatte ich wohl ein bisschen zu viel in ihren Satz hineininterpretiert. »Wieso bist du eigentlich nicht verheiratet?«
    »Stellst du deinem Therapeuten auch solche Fragen?«
    »Mein Therapeut ist verheiratet.«
    In diesem Moment hätte ich gern irgendeine großartige Erkenntnis über mein Leben gewonnen. Etwas, das ich mit ihr hätte teilen können. Aber so etwas passiert leider viel zu selten.
    »Keine Ahnung, wieso ich noch nicht verheiratet bin«, sagte ich. »Wüsste ich auch ganz gern.« Es gab natürlich die offensichtlichen Gründe. Fehlentscheidungen. Gebrochene Herzen. Ich dachte an Laurel und wie weh es getan hatte, als sie ihr Tee-Ei und ihre Zahnseide in einen Jutebeutel gepackt und sich aus dem Staub gemacht hatte. Ich hatte mich wie ein kompletter Versager gefühlt. Das war der Teil, über den ich einfach nicht hinwegkam. Das unddie Angst, nicht zu wissen, wie ich es beim nächsten Mal besser machen sollte.
    Melinda verschränkte die Arme und sah mich prüfend an wie eine Malerin, die überlegt, wie sie mich zeichnen will. »Ich denke, du kennst die Antwort, du willst sie dir nur nicht eingestehen.«
    Wenn es nur so wäre. »Das glaube ich nicht.«
    »Dann musst du mir da wohl einfach vertrauen«, sagte sie lächelnd und legte den Kopf ein wenig schräg.
    Es wirkte schon wieder, als würde sie mit mir flirten. Also flirtete ich zurück. »Ach, auf einmal soll ich dir vertrauen, aber vor einer Woche hast du mir nicht mal verraten, wo du wirklich wohnst.«
    »Ich erzähle niemandem, wo ich wohne«, sagte sie.
    Das stimmte nicht ganz. »Alexander hast du’s zumindest gleich erzählt.«
    »Machst du Witze? Ich habe ihm nicht mal meinen Nachnamen verraten, bis er mir den Antrag gemacht hat. Ich bin ein bisschen paranoid, was das angeht.« Ihre Vorsicht war rührend, aber was sie da gerade sagte, passte nicht zu dem, was mir Alexander erzählt hatte. »Als Alexander das erste Mal hier war und ich ihm meinen Großvater vorgestellt habe, ist er fast aus den Latschen gekippt. Er war ziemlich böse, dass ich es ihm so lange verheimlicht hatte.«
    Entweder log sie mich aus irgendeinem Grund an – oder er sie.
    »Wo wir gerade von der Wahrheit sprechen – ich muss dir was sagen.« Sie senkte die Stimme. Vielleicht log sie nicht. Aber zumindest verheimlichte sie mir etwas und ich wollte gar nicht wissen, worum es ging. »Ich hätte dir das schon längst sagen sollen, aber ich war ein bisschen nervös, weil ich nicht wusste, wie du reagierst.« Dann waren wir ja schon zu zweit.
    »Als wir uns im ›Balthazar‹ getroffen haben, haben wir uns nicht das erste Mal gesehen.« Mein Mund klappte auf, aber es kamen keine Worte heraus. »Du erinnerst dich bestimmt nicht mehr daran, es waren ja ganz schön viele Leute an dem Abend da, aber wir waren beide auf einer Silvesterparty. Also, wir waren nicht gemeinsam da, wir haben uns nur dort unterhalten. Nicht viel, Small Talk über das Reisen und über Thomas Mann. Ich weiß selbst nicht, wieso ich nicht schon früher was gesagt habe. Wahrscheinlich war es mir peinlich, dass ich dich sofort erkannt habe und du mich nicht.«
    Ich war so ein Idiot.
    Sturmfluten des Verlangens überschwemmten mein Nervensystem. Nichts hatte sich geändert, und trotzdem war alles schlagartig anders, denn endlich konnte ich das Risiko eingehen und ihr sagen, was ich für sie empfand. Alles, was ich mir erträumt hatte, lag vor mir ausgebreitet, und ich musste nur noch zugreifen. »Melinda, ich –«
    »Melinda, dein Mann sucht dich.« Es war der Wachmann von vorhin, der wieder mal in der Tür stand und mich davon abhielt, weiterzukommen.
    »Noch ist er ja nicht mein Mann«, berichtigte ihn Melinda.
    »Er benimmt sich aber so.«

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