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Jeden Tag ein Happy End

Jeden Tag ein Happy End

Titel: Jeden Tag ein Happy End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Devan Sipher
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ziemlich flapsig zurück und überlegte, einfach zwischen seinen Beinen hindurchzukriechen.
    Er bekam einen Hustenanfall. Ich war nicht sicher, ob er lachte oder gerade dabei war zu ersticken.
    »Dann mal schnell rein mit Ihnen«, sagte er. »Nicht, dass Sie noch was Wichtiges am Buffet verpassen.« Er öffnete die Tür.
    Ich fand mich inmitten von Kalksteinwänden und Marmorböden wieder. Überall standen C-Promis herum undschlürften Champagner aus teuren Kristallgläsern. In einer Ecke spielte ein Jazz-Trio. Ich arbeitete mich durch das Meer an Gästen hindurch und hielt Ausschau nach Melinda. Ich versuchte, über die Schulterpolster und Hochsteckfrisuren hinwegzusehen, wobei meine Körpergröße wie üblich nicht gerade von Vorteil war. Am anderen Ende des Raumes entdeckte ich eine verschnörkelte Wendeltreppe und lief darauf zu. Aus der Vogelperspektive würde ich sie vielleicht schneller finden.
    »Gavin, Sie waren ja gar nicht beim Dinner dabei.« Es war Genevieve, die sich wie ein Adler auf mich stürzte. Ich sah mich immer noch um und versuchte, Melindas Gesicht in der Menge zu entdecken. »Der Bürgermeister ist schon wieder weg, aber er hat gesagt, Sie können sich gern für ein kurzes Interview bei ihm melden.«
    »Danke, mach ich«, sagte ich und wollte an ihr vorbeigehen. Sie hakte sich jedoch bei mir unter und dirigierte mich von der Wendeltreppe weg. »Das wissen Sie jetzt nicht von mir, aber der Bürgermeister hat versprochen, dass Alexander nächstes Jahr im Stadtrat sitzt«, flüsterte sie mir ins Ohr.
    »Alexander will in den Stadtrat?« Davon hörte ich gerade zum ersten Mal.
    »Er hat das Melinda alles noch nicht so im Detail erzählt, aber sie ist ihm dabei sehr nützlich.« Ich zuckte zusammen, aber Genevieve schien es nicht bemerkt zu haben. »Nicht nur, was die Wahl zum Stadtrat angeht«, fuhr sie fort. »Ich weiß nicht, ob Sie das wissen, aber mein Urgroßvater war Gouverneur von New York, und zwei meiner Onkel waren Abgeordnete. Liegt sozusagen in der Familie.«
    Sie zerrte mich zu irgendeinem Promi, der einsam an der Bar stand. Ich verdrehte mir so sehr den Hals, dass er fast abbrach. Aus dem Augenwinkel sah ich vor der WendeltreppeBewegung in die Menge kommen. Das Wasser teilte sich sozusagen. Melinda trat hindurch und stieg die Treppe hinauf. Sie trug ein rotes Wickelkleid, das ihre Kurven sogar noch mehr betonte als das schwarze, das sie in meinen Träumen angehabt hatte.
    »Gavin«, sagte Genevieve und zupfte mich ungeduldig am Ärmel, »ich möchte Ihnen Libby Rockefeller vorstellen.«
    Bei der Zeitung gab es die Regel, dass wir keinen Unterschied machten zwischen einem Rockefeller und einer Reinemachfrau. Was aber noch lange nicht hieß, dass man sich deshalb Ersterem gegenüber unhöflich benehmen durfte. Ein einfaches Hallo hätte jedoch einen längeren Small Talk nach sich gezogen, während Melinda unterdessen vielleicht wieder verschwand. Also wandte ich die Strategie an, die mir eine Auslandskorrespondentin beigebracht hatte, mit der ich ein paarmal ausgegangen war.
    »Tut mir leid«, sagte ich, »aber ich erhole mich gerade von einem Bandwurm und muss schnell eine Toilette aufsuchen.« Genevieve schüttelte sich angewidert. Bevor sie etwas sagen konnte, machte ich mich blitzschnell aus dem Staub.
    Oben auf dem Treppenabsatz stand eine kleinere Gruppe zusammen, Melinda war jedoch nicht darunter. Ich öffnete die erstbeste Tür. Eine eichengetäfelte Bibliothek, wie man sie sonst nur aus Filmen kennt. Antike Ledersessel, Tiffanylampen und Tausende von Büchern.
    »Interessieren Sie sich für diese Immobilie?« Alexander schlug mir lachend auf die Schulter. Ich zuckte zusammen.
    »Ihre Eltern haben wirklich ein wunderschönes Haus«, schwatzte ich drauflos.
    »Danke, aber die Sandsteinvilla meiner Eltern ist dagegen eine Bruchbude. Nein, hier wohnt Melinda.«
    Ich kannte doch Melindas Wohnung, ich hatte immer noch die blauen Flecken von meinem Einstieg. »Ich dachte, sie wohnt auf der Upper West Side«, stotterte ich.
    »Haben Sie als Kind etwa nie ein Zelt im Garten aufgestellt und Höhlenmensch gespielt? Melindas Wohnung erfüllt denselben Zweck. Aufgewachsen ist sie aber hier. Ihr Zimmer ist das letzte am Ende des Ganges. Sieht noch genauso aus wie damals, als sie ein Teenager war.«
    Mir wurde schwindlig. Ich ließ mich in einen der Sessel fallen und fragte mich, wie wenig ich eigentlich von ihr wusste.
    »Ganz schön krass, nicht?« Alexander setzte sich mir gegenüber.

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