Jeden Tag ein Happy End
dazu, wütend zu sein, ich war allerdings insgeheim froh, dass Alexander jetzt nicht hier war.
»So was hörst du bestimmt ständig«, sagte sie und begann, an einem Fingernagel zu knabbern. Sie wirkte nervös und verletzlich. Ich wollte nichts sagen, was sie noch unglücklicher machen würde. »Viele Frauen bekommen kurz vor der Hochzeit kalte Füße, oder? Ich meine, nicht, dass ich kalte Füße hätte, aber wenn, was würdest du mir dann raten?«
Ich musste nicht lange überlegen, was ich in so einer Situation sagen würde. Ich hatte die Worte im Kopf. Die Worte, die ich auch Amy gesagt hatte – dass man seinen Gefühlen vertrauen sollte. Der Liebe vertrauen sollte. Das wäre anständig. Genau so sollte ich reagieren.
Ich konnte einfach nicht.
»Heirate ihn nicht«, sagte ich. Melinda sah mich erstaunt an. »Er ist deine Liebe nicht wert. Meinst du wirklich, er wusste nichts von deinem Geld? Oder dass er tatsächlich wegen der Gäste bei eurer Party geblieben ist? Er ist jetzt nicht hier bei dir, weil er keine Lust hatte. Weil du nicht das Wichtigste für ihn im Leben bist. Und du verdienst es, mit jemandem zusammen zu sein, für den du immer das Wichtigste im Leben sein wirst.«
Es sprudelte nur so aus mir heraus, ich hatte keine Zeit, meine Gedanken zu ordnen. Ich klang wütender, als ich gewollt hatte. Ich konnte mit meiner Meinung über Alexander nicht hinterm Berg halten. Aber da war noch etwas, das ich ihr sagen musste, irgendetwas hatte ich vergessen, ich kam nur nicht darauf, was es war.
»Ich bin so dämlich«, sagte sie.
»Nein, das meinte ich überhaupt nicht.« Das war alles ganz falsch herausgekommen. Es gab noch etwas, das alles erklären würde und das ich ihr noch nicht gesagt hatte.
»Du musst mich wirklich hassen.«
Hassen? Mir war gerade klar geworden, wie sehr ich sieliebte. Das war es, was ich vergessen hatte! Ich hatte ihr überhaupt nicht gesagt, was ich für sie empfand.
»Ich habe diesen Artikel auf Gawker gelesen«, sagte sie, »und trotzdem ist mir eben erst aufgegangen, was du hier vorhast.«
Was hatte Gawker denn damit zu tun? »Melinda, ich muss dir etwas sagen.«
»Du hast genug gesagt, ich hab’s kapiert. Wenn man eine Story darüber haben will, wie sich ein Paar kurz vor der Hochzeit trennt, bringt man die beiden natürlich am besten selbst auseinander.«
»WAS?«
»Mein Großvater liegt vielleicht im Sterben, und dir geht es nur um deinen bescheuerten Blog.«
»Nein!«
»Eins muss ich dir lassen«, sagte sie mit einem harten Ausdruck im Gesicht. »Du bist wirklich gut. Diese Masche mit dem sensiblen Journalisten. Wie du dafür sorgst, dass man dir vertraut. Ich bin echt auf dich reingefallen. Aber so richtig.«
»Das ist alles nicht wahr.« Ich musste ihr alles erklären.
»Wolltest du über das arme, kleine, reiche Mädchen schreiben, das immer Angst hat, verlassen zu werden? Oder darüber, dass ich meinem Verlobten meinen Namen nicht verraten wollte? Na ja, eigentlich dürfte mich das gar nicht überraschen, ich vertraue eben zu Recht niemandem. Aber dir hatte ich vertraut.«
Ein Mann mit mehreren Stichverletzungen wurde auf einer blutverschmierten Trage hereingerollt.
»Melinda – « Ich streckte die Hand nach ihr aus.
»Fass mich ja nicht an. Und meinen Verlobten lässt du gefälligst auch in Ruhe!« Sie sah unglaublich wütend aus.Und verletzt. Ich hatte dem Menschen wehgetan, den ich am meisten beschützen wollte.
»Ich will dich nie wieder sehen«, waren ihre letzten Worte.
Die Türen öffneten sich, und sie rannte in die Notaufnahme zurück. Sie lief den langen Flur entlang, und ich sah ihr nach. Sie wurde immer kleiner, schließlich war sie nur noch ein dunkler Fleck in meiner Welt, die soeben in sich zusammengebrochen war.
Alles hat ein Ende
K rankenhäuser sind Orte des Bösen.« Meine Großmutter klang noch trauriger, als ich mich fühlte. Ich hatte sie wie immer auf dem Weg zur Arbeit angerufen. Sie hätte sofort gewusst, dass etwas nicht in Ordnung war, wenn ich das Telefonat hätte ausfallen lassen. Ich wollte nicht, dass sie sich um mich Sorgen machte.
»Diese vielen Geräte, an die sie Bernie angeschlossen haben … die saugen ihm noch den letzten Rest Leben raus!«, sagte sie. Ich schleppte mich müde unter den tief hängenden Aprilwolken dahin.
»Die Geräte helfen ihm bestimmt!«, versuchte ich zuversichtlich zu klingen.
»Davon merke ich aber nichts«, antwortete sie gereizt.
Normalerweise waren unsere Telefonate kurz und
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