Jeden Tag ein Happy End
Reaktionen auf den fröhlichen Gesichtern der Gäste zu sehen war aber fast noch unerträglicher. Sogar Melindas Großvater hatte Tränen in den Augen und fasste sich ergriffen ans Herz.
Nein, er griff sich verkrampft an die Brust. Scheiße.
Ich lief zu ihm und wählte gleichzeitig mit dem Handy den Notruf. Seine Beine gaben unter ihm nach, und ich fing ihn in letzer Sekunde auf, bevor er zu Boden stürzte. Während ich ihn in den Armen hielt, flüsterte er heiser: »Versprich mir, dass du gut auf Melinda aufpasst.«
Dann wurde er ohnmächtig.
Die Automatiktüren öffneten und schlossen sich, und die nächste blutverschmierte Trage wurde in die Notaufnahme gerollt. Immer noch kein Zeichen von Melinda.
Ich lief hier schon seit fünfundzwanzig Minuten auf und ab. Ich wusste nicht, ob ich bleiben oder lieber gehen sollte. Ich wusste nicht einmal, ob sie noch daran dachte, dass ich hier war. Und ich war noch unsicherer, ob ich überhaupt hier sein sollte. Es war alles sehr schnell gegangen. Eben hatte ich noch den Puls ihres Großvaters gefühlt, im nächsten Moment saß ich schon gemeinsam mit Melinda in einem Krankenwagen, während Alexander meinte, erwürde lieber dableiben und sich um die Gäste kümmern. Als wir im Krankenhaus angekommen waren, wurde sie von den Ärzten in die Notaufnahme mitgenommen, und ich fand mich plötzlich im Warteraum wieder. Im Gegensatz zu diesem Warteraum wirkte der New Yorker Busbahnhof geradezu gemütlich. Das grelle Licht, die unbequemen Stühle und die Nähe zu todkranken Menschen machten mich ganz nervös. Die zwei Tassen Kaffee trugen vielleicht auch ihren Teil dazu bei.
Ich musste immer wieder daran denken, was ihr Großvater zu mir gesagt hatte. Er war offensichtlich verwirrt gewesen, nicht ganz bei sich. Trotzdem ließ mich das Gefühl nicht los, es wäre eine Art Zeichen gewesen.
Die Glastüren öffneten sich, und Melinda kam herein. Ihre Wimperntusche war verlaufen.
»Er ist jetzt auf der Intensivstation«, sagte sie. »Die können mir noch nichts Genaues sagen.«
Ich wollte sie so gern trösten, aber ich wusste nicht, was angemessen wäre. Ich reichte ihr die Hand, und sie nahm sie. Ich streichelte unsicher ihren Ellenbogen mit der anderen Hand. Sie legte die Arme um mich und drückte ihr Gesicht an meine Schulter. Ich umarmte sie fest. Ich fühlte ihren Herzschlag und roch ihr Haar. Mandarine. Ich bin ein schlechter Mensch.
»Tut mir leid«, murmelte sie und schniefte.
»Was denn?«
»Dass ich so anstrengend bin«, sagte sie. »Ich bin so froh, dass du da bist. Ich weiß, das hier gehört nicht zu deinem Job. Oder vielleicht doch, einer muss ja die Bräute trösten, wenn sie mit den Nerven fertig sind …«
Mit ihrem Körper so eng an meinem sah ich sie im Moment nicht unbedingt als Braut. »Ich dachte eher, ich tröste gerade eine Enkelin, die mit den Nerven fertig ist.«
»Beides«, antwortete sie. Ich wollte ja mitfühlend sein, aber das war genau der Aufhänger, auf den ich gewartet hatte.
»Bist du dir sicher, dass du Alexander heiraten willst?«, fragte ich. Falls wir vom Schicksal nicht füreinander bestimmt waren, würde ich auf jeden Fall in der Hölle landen.
»Natürlich bin ich mir nicht hundert Prozent sicher«, sagte sie. Ihr Kopf ruhte immer noch auf meiner Schulter. »Ich weiß, wie verrückt es ist, jemanden zu heiraten, den ich kaum kenne. Von ihm kam halt diese wahnsinnig romantische Geste, und ich konnte mir dann aussuchen, ob ich Ja sage oder als das Mädchen dastehe, das sich nicht traut, auch mal ein Risiko einzugehen.«
Das klang zwar auch nicht danach, dass unsere Liebe größer war, aber ich war noch nicht bereit, die Hoffnung aufzugeben.
»Ich suche schon so lange nach dem Richtigen, weißt du?« Sie sah mich an. »Woher soll man denn wissen, ob jemand der Richtige ist? Und wie lange soll man warten? Ich bin zweiunddreißig. Meine Mutter ist mit fünfunddreißig gestorben.« Sie holte ein Taschentuch aus der Handtasche und putzte sich die Nase. Ich hatte sie nicht mehr im Arm und vermisste bereits ihren warmen Atem.
»Natürlich gibt es ein paar Sachen, die mich an Alexander stören«, sagte sie leise. »Es wäre zum Beispiel schön, wenn er jetzt hier wäre. Ich wünschte, er hätte meine Hand genommen und wäre mitgekommen und hätte gesagt: ›Scheiß auf die anderen Leute‹. Aber er ist nun mal ein sehr verantwortungsvoller Mensch. Das liebe ich ja auch so an ihm. Wieso bin ich dann wütend darüber?«
Sie hatte allen Grund
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