Jeder Hund kann gehorchen lernen
oder schwach ein A rtgenosse ist.
Manchmal hat die Konstellation »Überforderter Halter, unterforderter Hund« fatale Folgen – so wie im folgenden Beispiel der a ltdeutschen Schäferhündin Lisa. A ls ich den A uftrag erhalte, sie zu trainieren, wiegt Lisa bereits 26 Kilo – ein ganz schönes Übergewicht für eine a chtmonatige Junghündin. Mein erster Eindruck: Lisa ist im Grunde genommen gar nicht erzogen, hat a ber ein recht freundliches Wesen. Herrchen und Frauchen sind beide über 70 und Rentner. Ein a ngesehenes A kademiker-Ehepaar mit einer Villa in bester Wohngegend. Beide sind rüstig, der Mann a llerdings etwas gebrechlich. Das Paar ist mit Lisa total überfordert, die Hündin wiederum ist total unterfordert. Ein typischer Fall von körperlichem Ungleichgewicht mit Folgen für den A lltag. Lisa stellt Passanten vor dem Haus und kläfft hysterisch. Herrchen und Frauchen können sie kaum a n der Leine halten, sobald a ndere Hunde vorbeikommen. A n Freilauf ist gar nicht zu denken.
Extreme Probleme draußen, keine Probleme drinnen. »In der Wohnung ist Lisa wie ein Lamm«, erzählen mir die Rentner. Ich frage sie, wie es sein kann, dass Lisa so viel wiegt, und vermute, dass das nicht nur a m fehlenden A uslauf liegen kann. Es stellt sich heraus, dass beide ein schlechtes Gewissen haben und ihren Liebling zum A usgleich kulinarisch verwöhnen – nach dem Motto: »Du bist trotzdem unsere Beste!« Zum Einsatz kommen Mozartkugeln, Kekse und reichlich Futter. Hat Lisa ein großes Geschäft verrichtet, wird ihr das Hinterteil mit Rosenwasser gespült. Rosenwasser! Wirklich wahr. Nun ist Rosenwasser wenigstens nicht schädlich, falsche Ernährung a ber schon. Ich weise immer wieder darauf hin, dass Lisa stark übergewichtig ist, worunter die Knochen, der Bewegungsapparat und die Organe leiden. Und ich versuche, dem Ehepaar klarzumachen, dass ihr Verhalten Lisa gegenüber zwar gut gemeint sein mag, a ber a lles a ndere a ls gesund für den Hund ist. Die Halter – er ist ein pensionierter A rzt – zeigen Einsicht und geloben Besserung. Doch im Laufe der nächsten Monate zeigt sich immer deutlicher, dass die Konstellation Hund-Mensch in diesem Fall einfach nicht funktioniert. Lisa kommt kaum noch a us dem Haus, denn draußen gibt’s immer Probleme – dafür bekommt sie drinnen weiterhin jede Menge Futter und Süßigkeiten. A ussicht a uf Besserung: Fehlanzeige. Ich frage die Halter, ob sie sich vorstellen können, Lisa in gute Hände a bzugeben, damit sie mehr A uslauf bekommt und ein hundgerechteres Leben führen kann. Doch dazu können sich die beiden nicht durchringen. A lso hole ich den Hund gelegentlich zu Spaziergängen a b, um ihn körperlich wenigstens ein bisschen a uszulasten. Schon nach knapp 400 Metern macht Lisa, die mittlerweile 40 Kilo a uf die Waage bringt, schlapp. Sie japst und hechelt, legt sich hin, mag sich nicht mehr bewegen – ein jämmerliches und trauriges Bild.
Irgendwann gibt es eine Kontaktpause und ich bekomme Lisa rund sechs Wochen nicht zu Gesicht. Dann ruft mich Frauchen a n und bittet, den Hund zum Spazierengehen a bzuholen. A ls die Tür a ufgeht, bin ich geschockt – und wütend. Lisa hat noch mehr zugenommen. Selten habe ich einen dermaßen verfetteten Hund gesehen. Nur mit Mühe kann ich Lisa zu einem kurzen Gassigang a nimieren. A ls ich die Hundedame zurückbringe, eröffnen mir Herrchen und Frauchen, dass sie nicht mehr können und Lisa jetzt doch a bgeben wollen. Ich jubele innerlich und bin froh, dass die Leute endlich zur Vernunft gekommen sind. Fürs Erste übernehme ich Lisa in mein Rudel und unterziehe sie einer radikalen Diät. Mir tut es nicht eine Sekunde leid, wenn sie mich mit Knopfaugen, den Kopf geneigt und einem Blick, der sagt: »Bitte, bitte, ich habe noch Hunger«, a nsieht – denn ich weiß, dass die Diät gut für sie ist. Heute hat Lisa Normalgewicht, lebt bei einer Familie mit schulpflichtigen Kindern vor den Toren der Stadt. Sie bekommt jede Menge A uslauf – und nie wieder Süßigkeiten.
Die » Geiz ist geil « -Mentalität beim Hundekauf
Jedes Jahrzehnt hat seine Modehunde. In den 1960er-Jahren führten Pudel und Dackel die Beliebtheitsskala a n, in den 1970er-Jahren war es der Cocker Spaniel, in den 1980er-Jahren der Bobtail, und in den 1990er-Jahren boomten Dalmatiner und Golden Retriever. Nach der Jahrtausendwende legten sich immer mehr Leute einen Jack Russell Terrier bzw. Parson Russell Terrier oder einen Labrador zu. Und in den
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