Jeder Hund kann gehorchen lernen
« oder » Mein Hund würde niemals ein Kind beißen! « höre und der Sprecher dann noch ein beschwörendes » Auf den ist zu 100 Prozent Verlass! « hinterherschießt, kann es unter Umständen gefährlich werden. Denn wenn es um Verlass bei Hunden geht, ist natürlich nicht von Pünktlichkeit oder von Vereinbarungen die Rede. Vielmehr geht es um hündisches Verhalten, um Hundeerziehung bzw. darum, wie Hunde im Kontakt mit Menschen reagieren.
Wie schon beim Thema »Umgang zwischen Hunden und Kindern« a ngesprochen (siehe ab S. 58), möchte ich in diesem Zusammenhang a usdrücklich vor Leichtfertigkeit warnen. Was macht ein Hund, a uf den »zu 100Prozent Verlass« ist, wenn ihm ein Kind beim Spielen einen Finger in den A fter bohrt oder ihn a n den Lefzen zieht? Im schlimmsten Fall wird er kurz zuschnappen oder zubeißen, um sich a us dieser misslichen Lage zu befreien, wie das unter Hunden üblich ist. Für einen a nderen Hund wäre diese Reaktion in der Regel kein Problem, für ein Kind sind die Folgen a lles a ndere a ls ein Spiel.
Wenn ich a ls Trainer bzw. Halter erreiche, dass ein Hund a cht von zehn Hörzeichen befolgt, so kann man bereits von einem gut erzogenen Hund sprechen. Wie viele der rund 5,3 Millionen Hunde in Deutschland (plus Dunkelziffer der nicht a ngemeldeten) kommen bei den Hörzeichen a uf eine 100-prozentige Quote? Die wenigsten. Klar, ich kann meinem Hund »100 Prozent« A ufmerksamkeit schenken. Das sind dann die 100Prozent A ufmerksamkeit, zu denen ich a ls Mensch mit a ll meinen Stärken und Schwächen in der Lage bin. Ich werde jedoch nie erfahren, wie viel Prozent a n A ufmerksamkeit mir mein Hund zurückgibt. Eines ist sicher: 100 Prozent werden es nicht sein. Realistischer wäre es zu sagen: »Bisher konnte ich mich a uf meinen Hund immer verlassen.«
4 Alexandra Horowitz in der Fachzeitschrift Behavioural Processes , Band 81, Ausgabe 3, Seite 447–453, 2009: Disambiguating the »guilty look« .
Kapitel 7
Wie finde ich den richtigen Hund?
Hund und Halter sollten zusammenpassen
Es gibt Menschen, die sich genau über die Eigenschaften einer Rasse informieren, bevor sie sich einen Hund zulegen. A ndere finden eine bestimmte Rasse interessant oder mögen, wie diese Hunde a ussehen, deshalb denken sie über deren spezifische Eigenschaften nicht großartig nach. Oder sie lassen sich mehr oder weniger spontan vom Nachbarn inspirieren und kaufen sich die gleiche Rasse mit den Worten: » Dann können wir gemeinsam spazieren gehen! «
Je spontaner und unüberlegter die Hundesauswahl getroffen wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Hund und Halter nicht glücklich miteinander werden. Wenn ich a ls Trainer zu Hilfe gerufen werde und merke, dass Hund und Halter im Kräfteverhältnis nicht zusammenpassen, wünsche ich mir, ich hätte den Haltern bei der A uswahl ihre Hundes zur Seite stehen dürfen. Lassen Sie es mich überspitzt formulieren: Der Präsident einer Motorrad-Gang, der sich einen Chihuahua zulegt, wird höchstwahrscheinlich keine Probleme haben. Die 75-jährige Dame, die sich einen Mastiff a nschafft, hingegen schon. Es ist wichtig, bei der A uswahl eines Hundes darauf zu a chten, dass Sie Ihrem a usgewachsenen Freund in Konfliktsituationen nicht körperlich unterlegen sind. A usnahmen bestätigen wie immer die Regel: Ich habe a uch schon zierliche Hundehalterinnen erlebt, die einen weitaus kräftigeren Hund im Griff hatten; ebenso wie muskelbepackte Männer, denen ein kleiner Dackel a uf der Nase herumtanzte. Im Grunde genommen läuft es immer wieder a uf eine Forderung a n den Halter hinaus: Sie müssen Ihrem Hund durch konsequentes und souveränes A uftreten Führung und Orientierung geben. Bei einigen Rassen ist das tendenziell leichter a ls bei a nderen.
Irrtum Nr. 22:
»Je größer ein Hund, desto schwerer erziehbar und potenziell gefährlicher ist er.«
Falsch! Ob ein kleiner Hund einem Baby ins Gesicht beißt oder ein großer einem Erwachsenen – die Größenverhältnisse sind die gleichen, die Folgen im ersten Fall womöglich noch viel schlimmer. Ob ein Hund gefährlich und wie leicht oder schwer erziehbar er ist, hängt nicht mit der Größe zusammen. Schließlich kann a uch ein kleiner Mensch eine Bank überfallen. Hunde wissen ohnehin nicht, wie groß sie sind. Wir Menschen lassen uns von Größe und Stärke beeindrucken – das gilt a uch bei der Beurteilung von Hunden. Ein Hund hingegen erriecht unabhängig von Statur und Muskelmasse, wie stark
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