Jeder Hund kann gehorchen lernen
nicht alles unternommen, um ihn zu retten. Ich weiß das ganz genau, keiner kennt meinen Hund so gut wie ich.« Ich halte solche Anschuldigungen für anmaßend. Warum sollte ein Laie besser über den gesundheitlichen Zustand eines Hundes Bescheid wissen als ein Mediziner? Daher möchte an dieser Stelle eine Lanze für die Tierärzte brechen. Zunächst einmal haben sie es nicht einfach, der Hund kann ja nicht sagen: »Gib mir mal was gegen das stechende Gefühl in der Herzgegend.« Also muss sich der Tierarzt Schritt für Schritt an eine Diagnose herantasten. Kein Tierarzt schläfert voreilig einen (zahlenden) Patienten ein, sondern wird alles Mögliche tun, um ihm zu helfen. A us ethischen Gründen wird er einen Hund aber auch nicht auf Biegen und Brechen am Leben erhalten.
Während der Arbeit an diesem Buch bin ich selbst mit dem Thema »Hundetod« konfrontiert worden. Drei Tage vor seinem 16. Geburtstag musste mein Cairn-Terrier-Shitsu-Mischling Gysmo eingeschläfert werden. Gysmo war mein meistgebuchter Filmhund. Ein kleiner, souveräner, stilvoller und liebenswerter Hund – und ein toller Arbeitskollege, dem ich viel zu verdanken habe. Nach seinem ersten Auftrag als Cover-Dog für den Prospekt des Videorekorder-Herstellers hat es Gysmo im Laufe der Jahre auf Dutzende Auftritte in Werbeprospekten und in Film- und Fernsehproduktionen gebracht. Er war als Familienhund in mehreren Folgen der Serien Unter uns (RTL) und Verbotene Liebe (ARD) zu sehen. Ebenso als »Assistent« von Franklin in der Zaubershow Ausgetrickst (ARD) und als hechelnder Kunde einer Telefonsex-Hotline bei den TV-Helden (RTL) an der Seite von Jan Böhmermann. Außerdem »spielte« er an der Seite von Bastian Pastewka ( Ohne Worte ) und Rolf Zucker ( SK Kölsch ) und war Sketchpartner von Anke Engelke in Ladykracher (Sat.1). Nicht zu vergessen die Auftritte in Talkshows, zu denen er mich begleitete. Als ich in der Happy Hour von Peter Rueben im WDR zum ersten Mal selbst live im TV zu sehen war, schlotterten mir am Anfang schon ein bisschen die Knie. Gut, dass Gysmo an meiner Seite war, denn er benahm sich wie immer, schließlich war es ihm total egal, ob er mit mir im Biergarten saß oder in einem Fernsehstudio.
Eines Tages – Gysmo ist als Filmhund schon längst pensioniert – wird bei ihm ein vergrößerter Hoden festgestellt, den ich von nun an einmal in der Woche mit einer Schieblehre messe – in der Hoffnung, dass die Vergrößerung nicht zunimmt. Macht sie nicht – und ich atme erst mal auf. Gysmo scheint um eine OP herumzukommen. Gut so, denn er hat ohnehin schon leichte, altersbedingte Herzprobleme. In den kommenden Tagen und Wochen jedoch verschlimmern sich diese Beschwerden. Bereits alltägliche Anstrengungen werden für Gysmo zum Problem. Dreimal fällt er in Ohnmacht, weil nicht mehr genug Blut in seinen Kopf gepumpt wird. Beim ersten Mal denke ich sofort, er stirbt, und lege ihn behutsam auf die Seite. Dann die große Erleichterung: Gysmos Herz klopft, wenn auch ganz schwach. Mit einer Hand streichele ich ihn, mit der anderen telefoniere ich mit einem befreundeten Tierarzt. Gysmo bekommt Herzmedikamente, zunächst scheint alles unter Kontrolle. Doch dann leidet er plötzlich unter Bauchkrämpfen und hat offensichtlich starke Schmerzen. Noch am gleichen Abend rufe ich unseren Tierarzt an, und wir treffen uns in seiner Praxis. Er untersucht Gysmo per Ultraschall. Diagnose: eine massiv vergrößerte Prostata. Gysmo bekommt Medikamente, damit sich die Prostata wieder verkleinert – leider ohne Erfolg. Wir müssen vom Schlimmsten ausgehen: ein Tumor, Prostatakrebs. Rein theoretisch könnte man die Prostata operativ entfernen, doch das würde Gysmo angesichts seines Alters wahrscheinlich nicht überleben. Zumal solche Eingriffe so oder so wenig Erfolg versprechend sind und meist zu schwerwiegenden Komplikationen führen.
Gysmo erhält nun täglich seine Schmerzmittelration. Außerdem lasse ich so oft wie möglich ein Blutbild machen. Zwischenzeitlich schöpfe ich ein wenig Hoffnung. Gysmos Zustand scheint sich leicht zu verbessern – bis zum nächsten Rückschlag: Er wird seinen Kot nicht mehr los und hört auf zu fressen. Mit Paraffinöl versuche ich, seinen Stuhlgang zu aktivieren. Es mag sich absurd anhören, aber als Gysmo dann endlich wieder eine Wurst macht, freue ich mich, als hätte Deutschland die EM gewonnen. Euphorie, fast Party – weil mein todkranker Hund mir soeben mitten in die Küche gekackt hat. Egal, ich
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