Jeder Kuss ein Treffer
hätte, aber sie war des Sinnierens müde. Unablässig zerbrach sie sich den Kopf; jetzt wollte sie einfach nur genießen, festgehalten zu werden. Ihr Kopf wur de leer, die Welt mit ihren Problemen war bald sehr weit fort. Sie nahm nur noch den Mann neben sich wahr, spürte seine Brust unter ihrer Wange, seinen steten Herzschlag und seine langen Beine.
Sie legte die Hand auf seine Brust, genoss seinen kräftigen Körperbau. Mit den Fingern fuhr sie langsam über seinen harten, flachen Bauch. Unter ihren Fingerspitzen spannten sich seine Muskeln an. Er drückte seine Lippen auf ihre Schläfe. Annie hob den Kopf, und er küsste sie aufs Kinn, auf die Nase. Dann zog er sich ein wenig zurück, und mehrere Sekunden lang bewegte sich keiner von beiden, obwohl Annie wusste, dass sein Mund nur einen Hauch von ihrem entfernt war. Sie ahnte, dass Wes darauf wartete, dass sie den nächsten Schritt tat. Wenn Annie auf Nummer sicher ging, einfach nur die Augen schloss und einschlief, würde er dort so lange liegen bleiben, wie sie wollte.
Aber sie war ihr Leben lang auf Nummer sicher gegangen. Was hatte ihr das gebracht? Gar nichts.
Außerdem: Wem wollte sie etwas vormachen? Auf gar keinen Fall würde sie einschlafen können, wenn Wes Bridges neben ihr lag.
Sie bewegte sich leicht und berührte ganz zögernd seine Lippen mit ihren. Ihre Nasen stießen zusammen. Beide lachten leise. Wes öffnete den Mund, sie schmeckte ihn.
Wes rollte herum, und plötzlich lag Annie auf dem Rücken. Der Kuss wurde leidenschaftlicher. Wes‘ Zunge erforschte ihren Mund, fand Annies Zunge und spielte mit ihr. Annie hätte nicht sagen können, wie lange der Kuss dauerte, aber sie hatte das Gefühl, als seien ihre Lippen miteinander verschmolzen.
Sie wusste nicht mehr, wo ihre begannen und seine aufhörten. Angefangen hatte der Kuss zärtlich und beinahe verträumt, sie hatte in ihm versinken und ihre müde Seele in ihm wiegen wollen, jetzt war er drängend und heiß geworden.
Wes zog Annie das Nachthemd aus und betrachtete lächelnd ihre Brüste im Mondlicht. »Schön«, wisperte er. Seine sanften Finger tasteten sich nach unten. Mit dem Mund erkundete er ihren Körper. Annie hatte das Gefühl, alles drehe sich um sie herum, als er in sie eindrang.
Danach hielt er sie im Arm. Annie schloss die Augen und sank sofort in einen tiefen Schlaf. Als sie die Augen wieder öffnete, war es schon hell im Zimmer, und Wes kuschelte sich an ihren Hals. Dann liebten sie sich erneut ohne jede Eile. Sie erforschten und berührten sich und teilten erhitzte Seufzer, bis sie schließlich in den Armen des anderen erschauderten.
Als Annie das nächste Mal die Augen aufschlug, schien die Sonne ins Fenster, und die Vögel zwitscherten und sangen. Sie glaubten wohl, es sei schon Frühling. Unten hörte sie jemanden, wahrscheinlich Theenie, im Topfschrank herumsuchen. Vielleicht begann sie gerade, das Frühstück vorzubereiten. Annie konnte sich nicht erinnern, wann sie zum letzten Mal so tief und fest geschlafen hatte. Fast war es ihr egal, so spät aufgewacht zu sein. Lächelnd reckte sie sich.
Und erstarrte, als ihr Bein ein anderes streifte.
Sie riss die Augen auf. Heiliger Bimbam! Neben ihr lag Wes, ein zufriedenes Grinsen im Gesicht.
»Morgen, Red.«
»Du meine Güte! Du bist ja immer noch da!«
Er hob eine Augenbraue. »Warum auch nicht?«
»Nein! Wenn das die anderen merken!«
»Hast du Angst, sie könnten neidisch sein?«
»Das ist nicht lustig. Ich meine, was sollen sie denken? Eins kannst du mir glauben: In dieser Stadt spricht sich alles schnell herum. Die halten mich eh schon für eine Mörderin, jetzt glauben sie auch noch, dass ich unmoralisch bin.«
»Bist du ja auch, aber das ist gut.«
Annie wurde rot. Jetzt war Schluss mit dem wilden Weib, sie war Annie Fortenberry und hatte ein angesehenes Bed & Breakfast. Als sie Schritte auf der Treppe hörte, setzte sie sich kerzengerade auf. »Du musst hier raus! Los!«
»Nur wenn ich heute Abend wiederkommen darf.«
Annie versuchte, ein ernstes Gesicht zu machen, aber das fiel ihr verdammt schwer.
Wes grinste, während er unter ihren Blicken aus dem Bett aufstand. »Und, gefällt dir, was du siehst?« Er küsste sie auf die Stirn und steuerte auf die Tür zu.
»Warte!«, rief sie. »So kannst du hier nicht raus. Wenn du jemandem begegnest!«
Fragend schaute Wes sie an. »Was schlägst du vor?«
Wie von Sinnen suchte Annie nach dem Nachthemd und dem Schlüpfer, die Wes ihr in der Nacht
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