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Jeder stirbt für sich allein

Jeder stirbt für sich allein

Titel: Jeder stirbt für sich allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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find jetzt schon allein. Am besten fahre ich wohl mit der Untergrundbahn zum Viktoria-Luise-Platz, was?»
    «Das machen Sie nicht mit mir! So was werden Sie nicht mit mir machen!» sagte der HJ-Bengel und trat mit geballten Fäusten auf den Mann zu. Seine dunklen Augen leuchteten vor Zorn. «Ich habe Fahrgeld ausgegeben, ich habe .»
    «Du hast deine kostbare Zeit versäumt, weiß schon!»
    lachte Borkhausen. «Hau ab, mein Sohn, Doofheit hat immer Geld gekostet!» Plötzlich faßte ihn wieder die Wut.
    «Was stehst du hier noch rum in meiner Stube? Willst du
    mich in meiner eigenen Stube vertrimmen? Mach, daß du jetzt rauskommst, oder ich laß dich dein eigenes Geschrei hören!»
    Er drängelte roh den erzürnten Jungen aus dem Zimmer, schlug die Tür vor seiner Nase zu. Und den ganzen Weg, bis sie aus der Untergrundbahn am Viktoria-Luise-Platz stiegen, hatte er abwechselnd spöttische und zornige Bemerkungen für diesen Bengel, der nicht von seiner Seite wich, der aber - obwohl blaß vor Zorn - doch nicht mehr mit einem einzigen Wort auf alle seine Anzapfun-gen einging.
    Oben auf dem Viktoria-Luise-Platz, aus dem Schacht der U-Bahn kommend, setzte sich der Junge plötzlich in Trab und war dem Manne weit voraus. Borkhausen mußte sich entschließen, ihm so rasch, wie es nur ging, nachzueilen: allzulange wollte er die beiden Bengels nicht miteinander reden lassen. Er war sich nicht ganz sicher, für wen sich KunoDieter entscheiden würde, für seinen Vater oder für diese Sautöle.
    Sie standen wirklich vor einem Haus der Ansbacher.
    Der HJ-Junge redete eifrig auf KunoDieter ein, der mit gesenktem Kopf ihn anhörte. Als Borkhausen herankam, zog sich der Bote zehn Schritte zurück und ließ die beiden allein miteinander reden.
    «Was denkst du dir eigentlich, KunoDieter?» fing Borkhausen zornig an. «Daß du mir ewig solche Kerle auf den Hals schickst, unverschämte Burschen, die vorneweg ihr Geld fordern?»
    «Ohne Jeld tut keener wat, Vata», antwortete KunoDieter gleichmütig. «Det weeßte ja selbst. Und ick will ooch wissen, wat ick bei dem Jeschäft vadiene, ick hab Fahrjeld ausjejem ...»
    «Immer dieselbe Tour, daß euch aber gar nischt anderes einfällt! Nee, KunoDieter, jetzt sagste deinem Vater erst mal ordentlich, was hier eigentlich los ist in der Ansbacher, und denn wirste ja sehn, wat dein Vata für dich tut.
    Dein Vata ist gar nicht so, nur Drängeln, Drängeln verträgt dein Vater nicht!»
    «Nee, Vata», sagte KunoDieter wieder. «Ick hab Angst, du vajißt et nachher mit dem Bezahln - det Jeld natürlich.
    Maulschellen wirste schon zum Bezahln haben. Du hast schon 'ne Masse Jeld in diese Sache bekommen und wirst wohl noch mehr dabei erben, denk ick. Ick stehe hier nu schon den janzen Tag for dir rum, ohne Essen, da will ick ooch ma Jeld sehn. Ick habe jedacht, fufzig Mark ...»
    «Fünfzig Mark!» Es verschlug Borkhausen fast die Luft, als er diese unverschämte Forderung hörte. «Ick wer dir sagen, wat ick dir jeb'n werde. Ick wer dir fünf Mark jeb'n, jenau die fünf Mark, die der Lulatsch da haben wollte, und darüber wirste dir jefälligst noch freun! Ick bin nicht so, aba .»
    «Nee, Vata», sagte KunoDieter und sah aus seinen blauen Augen Borkhausen trotzig an. «Da vadienst 'ne Stange Jold bei det Jeschäft, ich mach nich die janze Arbeet und lasse mir mit fünf Mark abspeisen, so blau, denn sar ick dir eben jar nischt!»
    «Wat willste mir denn noch jroß erzähln!» lachte Borkhausen spöttisch. «Daß der Kleene in dem Haus da drin steckt, det weeß ick nu ooch so. Und det andre wer ick schon alleene rauskriegen. Nee, jeh man jetzt nach Hause und laß dir von Mutter wat zu essen jeb'n! Für janz dumm läßt sich dein Vata doch nich vakoofen! Ihr beiden Helden!»
    «Denn jeh ick da ruff», sagte KunoDieter entschlossen,
    «und sare dem Kleenen, det de uff ihn paßt. Denn vapfeif ick dir, Vata!»
    «Du verdammter Rotzjunge, du!» schrie Borkhausen und schlug nach dem Sohne.
    Aber der lief schon, lief in den Nebeneingang des Hauses hinein. Borkhausen lief ihm nach, folgte ihm über den Hof, und auf der untersten Treppe des Hinterhauses holte er ihn
    ein. Er schlug ihn zu Boden und fing dann an, auf den Liegenden, mit den Füßen Stoßenden einzuprügeln.
    Es war beinahe so, wie er es sich vorher auf dem Sofa aus-gemalt hatte, nur KunoDieter schrie nicht, sondern wehrte sich mit verbissener Wut. Das steigerte Borkhausens Zorn noch. Mit voller Überlegung schlug er dem Jungen ins Gesicht und

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