Jeder stirbt für sich allein
scharfer Schlag. Und noch einer. «Die Frau Heffke, die ist ganz woanders. Die können Sie gar nicht gesehen haben. Das hat Ihnen eine verpfiffen. Wer hat Ihnen das verpfiffen?»
Aber Frau Quangel schüttelte den Kopf. «Nein, keiner hat's. Ich hab die Schwägerin von weitem gesehen. Ich war nicht mal sicher, daß sie's war.» Sie seufzte. «Nun sitzen die Heffkes also auch und haben gar nichts getan und von nichts gewußt. Die armen Menschen!»
«Die armen Menschen!» höhnte der Kommissar Laub.
«Von nischt nischt gewußt! Das sagt ihr alle! Aber ihr seid alle Verbrecher, und so wahr ich der Kommissar Laub bin, ich leire euch die Gedärme aus dem Leib, bis ihr die Wahrheit sagt! Wer liegt bei Ihnen mit auf der Zelle?»
«Ich weiß nicht, wie die Frau heißt. Ich sage einfach Berta zu ihr.»
«Wie lange liegt die Berta bei Ihnen auf der Zelle?» «Seit gestern abend.»
«Also die hat's Ihnen verpfiffen, das mit den Heffkes. Gestehen Sie es nur ein, Frau Quangel, sonst hole ich die
Berta rauf und schlage sie in Ihrem Beisein so lange, bis sie gesteht.»
Frau Quangel schüttelte wieder den Kopf. «Ob ich nun ja oder nein sage, Herr Kommissar», sagte sie, «Sie holen die Berta doch rauf und schlagen sie. Ich kann nur sagen, ich habe die Frau Heffke unten auf dem Flur gesehen ...»
Kommissar Laub sah ihr höhnisch grinsend ins Gesicht.
Und plötzlich schrie er: «Mist seid ihr! Mist seid ihr alle!
Und ich ruhe nicht eher, bis ihr alle als Mist unter der Er-de liegt! Alle müßt ihr hin werden! Alle! Ordonnanz, bringen Sie die Berta Kuppke herauf!»
Eine Stunde verbrachte er damit, die beiden Frauen zu ängstigen und zu schlagen, trotzdem Frau Berta Kuppke sofort zugab, der Frau Quangel von Frau Heffke erzählt zu haben. Sie hatte bisher mit Frau Heffke auf einer Zelle gelegen. Aber das genügte dem Kommissar Laub nicht. Er wollte genau jedes Wort wissen, was zwischen den beiden gesprochen war, und sie hatten einander doch nur ihr Leid geklagt, wie es Frauen gerne tun. Er aber witterte überall Verschwörung und Hochverrat und ließ nicht ab mit Schlagen und Fragen. Schließlich war die heulende Kuppke in den Keller abgeschoben worden und Anna Quangel wieder das alleinige Opfer des Kommissars Laub. Sie war jetzt so müde, daß sie seine Stimme nur
noch wie aus weiter Ferne hörte, seine Gestalt verschwamm vor ihren Blik-ken, und die Schläge schmerzten sie nicht mehr.
«Was ist also vorgefallen, daß die sogenannte Braut Ihres Sohnes nicht mehr zu Ihnen gekommen ist?»
«Nichts ist vorgefallen. Mein Mann mochte keine Besuche.»
«Sie haben doch gestanden, daß er mit dem Besuch der Heffkes einverstanden war.»
«Die Heffkes waren eine Ausnahme, weil der Ulrich mein Bruder ist.»
«Und warum ist die Trudel nicht mehr ins Haus gekommen?»
«Weil mein Mann es nicht wollte.»
«Wann hat er es ihr denn gesagt?»
«Ich weiß doch nicht! Herr Kommissar, ich kann nicht mehr. Lassen Sie mir eine halbe Stunde Ruhe. Eine Viertelstunde!»
«Erst wenn du's gesagt hast. Wann hat Ihr Mann dem
Mädchen das Haus verboten?»
«Wie mein Sohn gefallen war.»
«Na also! Und wo ist das geschehen?»
«Bei uns in der Wohnung.»
«Und was hatte er als Grund gesagt?»
«Weil er keinen Verkehr mehr will. Herr Kommissar, ich kann wirklich nicht mehr. Nur zehn Minuten!»
«Na schön. In zehn Minuten werden wir eine Pause machen. Was hat denn Ihr Mann als Grund gesagt, daß die Trudel nicht mehr kommen soll.»
«Weil er keinen Verkehr mehr haben wollte. Da hatten wir das mit den Postkarten doch schon vor.»
«Da hat er ihr also als Grund gesagt, daß er das mit den Postkarten vorhat?»
«Nein, darüber hat er nie mit einem Menschen gesprochen.»
«Was hat er ihr denn als Grund gesagt?»
«Daß er keinen Verkehr mehr will. Oh, Herr Kommissar!»
«Wenn Sie mir den wirklichen Grund sagen, mache ich für heute sofort Schluß!»
«Aber das ist der wirkliche Grund!»
«Nein, das ist er nicht! Ich sehe doch, daß Sie lügen.
Wenn Sie mir nicht die Wahrheit sagen, so vernehme ich sie noch zehn Stunden. Was hat er also gesagt? Wiederholen Sie mir die Worte, die er zu der Trudel Baumann gesagt hat.»
«Die weiß ich nicht mehr. Er war so wütend.»
«Warum war er denn so wütend?»
«Weil ich die Trudel Baumann bei mir habe schlafen lassen.»
«Aber er hat's ihr doch erst hinterher verboten, oder er hat sie gleich weggeschickt?»
«Nein, erst am Morgen.»
«Und am Morgen hat er es ihr verboten?»
«Ja.»
«Warum
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