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Jeder stirbt für sich allein

Jeder stirbt für sich allein

Titel: Jeder stirbt für sich allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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andern Aufseherinnen von Ravensbrück und einigen Freunden aus Fürstenberg eine richtige saftige kleine Orgie gefeiert, ganz im intimsten Kreis, mit viel Alkohol, Zigaretten und «Liebe» ...
    Aber die Hauptanstrengungen Baldur Persickes haben doch mehr der Erledigung ernster geschäftlicher Angelegenheiten gegolten. Der Vater, der alte Persicke, hatte ja einige kleine Dummheiten in seinem Suff begangen, Geld sollte in der Kasse fehlen, er sollte sogar
    vor ein Parteigericht gestellt werden. Aber Baldur hatte alle seine Beziehungen spielen lassen, er hatte mit ärztlichen Attesten gearbeitet, die den Vater als einen altersschwachen Mann schilderten, er hatte gebettelt und gedroht, er war zackig und demütig aufgetreten, er hatte auch den Einbruch, bei dem das Geld wieder gestohlen war, weidlich ausgebeutet
    - und schließlich hatte es der getreueste Sohn des Hauses wirklich erreicht, daß die ganze faule Kiste ohne Sang und Klang beigelegt wurde. Nicht einmal aus der Wohnung hatte er etwas verkaufen müssen - der Fehlbetrag war als gestohlen ausgebucht. Aber nicht etwa vom alten Persicke gestohlen - o nein, o nein! Sondern von Borkhausen und Genossen gestohlen, so wurde ein Schuh daraus, so blieb der Ehrenschild der Persickes rein.
    Und während die Hergesells mit Schlägen und dem To-de bedroht wurden für ein Verbrechen, das sie nicht begangen hatten, wurde das Parteimitglied Persicke für ein begangenes Verbrechen entsühnt.
    Also dieses alles hatte Baldur Persicke bestens erledigt, wie es ja auch gar nicht anders von ihm zu erwarten war.
    Er hätte abreisen können auf seine Napola, aber vorher will er doch noch eine Anstandspflicht erfüllen, er will seinen Vater in der Trinkerheilstätte besuchen. Außerdem möchte er ja gerne einer Wiederholung solcher Ereignisse vorbeugen und die ängstliche Mutter in der Wohnung sicherstellen.
    Da er Baldur Persicke ist, bekommt er auch sofort Besuchserlaubnis, und er darf den Vater sogar allein sprechen, ohne Arzt-und Pflegeraufsicht.
    Baldur findet, daß der Alte mächtig heruntergekommen aussieht, er ist zusammengefallen wie ein Gummitier, in das man mit einer Nadel gepiekt hat.
    Ja, die guten Tage des verkrachten Budikers sind vorüber, er ist nur noch ein Gespenst, aber ein Gespenst, das nicht frei von Gelüsten ist. Der Vater bettelt den Sohn um etwas Rauchbares an, und nachdem der Sohn sich ein paarmal geweigert hat («Das hast du alter Verbrecher gar nicht verdient»), schenkt er dem Alten doch eine Zigarette. Als aber der alte Persicke darum bettelt, der Sohn möge dem Vater nur ein einziges Mal eine Flasche Schnaps einschmuggeln, da lacht Baldur bloß. Er schlägt dem Vater auf die dürrgewordenen, zittrigen Knie und sagt: «Das mach dir man ab, Vater! Schnaps kriegst du nie mehr in deinem Leben zu saufen, damit hast du mir zuviel Dummheiten gemacht!»
    Und während der Vater böse starrt, berichtet der Sohn
    selbstgefällig von all der Mühe, die ihm die Beilegung dieser Dummheiten gemacht hat.
    Der alte Persicke ist nie ein großer Diplomat gewesen, er hat immer seine Meinung geradeheraus gepoltert und nie daran gedacht, was der andere fühlt.
    So sagt er denn auch jetzt: «Du bist immer ein Prahl-hans gewesen, Baldur! Das habe ich doch gewußt, daß mir von der Partei aus nie was passieren würde, wo ich doch schon fünfzehn Jahre in dem Hitler seinen Laden bin!
    Nein, wenn's dich Mühe gekostet hat, ist nur deine eigne Blödheit daran schuld. Ich hätt's mit ein paar Sätzen erledigt, wenn ich erst draußen bin!»
    Der Vater ist dumm. Hätte er dem Sohne ein bißchen geschmeichelt, ihm gedankt und ihn gelobt, so wäre Baldur Persicke wohl gnädiger gestimmt gewesen. Aber jetzt ist er tief in seiner Eitelkeit verletzt, und er sagt nur kurz:
    «Ja, wenn du erst draußen bist, Vater! Aber du kommst nicht wieder raus aus dieser Klapsmühle, nie in deinem Leben!»
    Der Vater bekommt bei diesen erbarmungslosen Worten erst einen solchen Schreck, daß er am ganzen Leibe zittert. Aber er faßt sich wieder und sagt: «Den möchte ich sehen,
    der mich hier halten könnte! Vorläufig bin ich noch ein freier Mensch, und Oberarzt Martens hat mir selber gesagt, wenn ich noch sechs Wochen hier weiter die Kur mache, kann ich raus. Dann bin ich geheilt.»
    «Du wirst nie geheilt, Vater», sagt Baldur spöttisch. «Du fängst doch immer wieder mit deinen Saufereien an. Das habe ich nun oft genug erlebt. Ich werde das nachher dem Oberarzt auch sagen und dafür sorgen, daß du

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