Jedes Kind kann richtig essen
meistens mit. Wenn sie einmal fest bleiben und nichts anderes anbieten will, spielt Tanja ihren stärksten Trumpf aus:
»Dann esse ich eben nichts!« Das zieht immer. Spätestens jetzt gibt Mama auf: »Wenn sie es doch nicht mag! Sie muss doch irgendetwas essen!«
Wenn Janine aus der Schule kommt, steht ihr Wunschessen dampfend auf dem Tisch. Aber trotzdem gibt es regelmäßig Stress. Janine mag meist nur wenig essen. Oft sagt sie: »Ich mag das doch nicht.« Janines Mutter kocht dann zwar nichts anderes mehr, aber sie ist jedes Mal sehr wütend: »Was soll denn das? Ich habe dich doch extra gefragt! Du wolltest doch Kartoffelbrei! Wie kannst du jetzt behaupten, dass du keinen Kartoffelbrei magst?« Janine muss aufessen, vorher darf sie nicht aufstehen.
Janines Mutter fragt ihre Tochter jeden Tag: »Was möchtest du?« Ohne dass ihr das bewusst ist, setzt sie Janine damit unter Druck. Janine kann nicht mehr frei entscheiden, ob sie von dem Angebot etwas essen möchte. Ein Kind, das »auf Kommando« Essen bestellt, hat nicht mehr die Freiheit, es abzulehnen. Wenn es das trotzdem tut, fühlt sich die Mutter verständlicherweise belogen, betrogen und beleidigt. Genau das machte sie jeden Tag aufs Neue wütend.
Janines Mutter sollte weniger fragen und in der Regel selbst entscheiden, was auf den Tisch kommt! Bei ihrer Entscheidung sollte Janines Mutter sich auch davon leiten lassen, was ihr selbst am besten schmeckt. Wenn Janine diese Speise dann ablehnt, braucht ihre Mama nicht beleidigt zu sein. Sie kann ihr eigenes Essen genießen und sagen: »Da habe ich ja Glück!
Mir schmeckt es heute dafür besonders gut. Da kann ich ja richtig zulangen!«
Ein Gericht nach dem anderen
Tanja ist fünf Jahre alt und sieht aus wie eine kleine Prinzessin. Sie hat blaue Augen und lange dunkle Locken. Jeder ist entzückt von ihrem Anblick. An einem Wochenende mit Besuch spielte sich folgende Szene ab: Zum Mittagessen gab es – extra kinderfreundlich – Hähnchen mit Pommes und Gemüse. Tanja saß mit am Tisch, sah das fertige Essen und maulte: »Iiii, ich mag das alles nicht!« Ihre Mama stand sofort auf:
»Was möchtest du denn, mein Schätzchen?« – »Ich will Spaghetti!«
Tanjas Mutter ließ ihr eigenes Essen kalt werden und kochte für ihr Schätzchen Spaghetti.
Wünsch dir was
Auch für die siebenjährige Janine und ihre Mama ist die Ess-Zeit fast immer Stress-Zeit. Auch Janines Mama kocht »auf Kommando« – allerdings nicht mehrere Speisen hintereinander wie Tanjas Mutter, sondern je nach »Bestellung«. Morgens, bevor Janine in die Schule geht, fragt ihre Mama:
»Was soll ich heute zum Mittagessen machen?« Janine darf es frei aussuchen, oder ihre Mutter schlägt verschiedene Speisen vor, und Janine wählt eine aus.
Immer dasselbe
Es gibt noch eine weitere Möglichkeit für Eltern, zu wenig zu tun und dem Kind zu überlassen, was auf den Tisch kommt. Erinnern Sie sich an den kleinen Jungen, der pro Tag acht große Becher Fruchtjoghurt, aber nichts anderes gegessen hat (siehe > )?
Seine Eltern »kochten« zwar nicht verschiedene Speisen auf Kommando, aber sie stellten ihm genau das hin, was er »bestellt« hatte. Als einziges Nahrungsmittel ist Fruchtjoghurt aber zu fett und zu süß – deshalb wog der Kleine auch so viel.
Andere Eltern bieten auf Wunsch ihres Kindes abwechselnd Pfannkuchen und Pommes an. So können die Kinder ihre eingeschränkten Vorlieben nicht erweitern. Einige entwickeln sehr merkwürdige Vorlieben, wenn die Eltern zu wenig tun und sich von dem magischen Satz »Dann esse ich eben gar nichts« unter Druck setzen lassen – und immer das auf den Tisch bringen, was ihr Kind »bestellt«.
Der dreijährige Philipp geht schon in den Kindergarten, aber er ernährt sich noch vorwiegend aus der Flasche: Morgens und abends trinkt er jeweils einen halben Liter dicken Haferflockenbrei. Zusätzlich isst er nur bestimmte Knäckebrotsorten.
Das Mittagessen im Kindergarten verweigert er fast vollständig.
Felix, zwei Jahre alt, ernährt sich seit sechs Monaten ausschließlich von flüssigem Getreidebrei aus der Flasche. Das sind acht bis neun Flaschen am Tag. Seine Abendmahlzeit dauert manchmal drei Stunden, da er abends bis zu vier Flaschen hintereinander trinkt.
Felix und Philipp sind trotz ihrer merkwürdigen Angewohnheiten gesund und haben immer gleichmäßig und gut zugenommen. Ihr inneres Regelsystem funktioniert, und das Nahrungsangebot enthält – wie es der Ernährungspyramide
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