Jedi-Akademie 03 - Die Meister der Macht
Glanz des Obsidians. Kyp starrte die Schriftzeichen an und stellte fest, daß er einen Teil von ihnen verstand; aber er schüttelte den Kopf, um die Worte aus seinen Gedanken zu vertreiben.
Der Tempel schien einen kühlen Luftstrom ein- und auszuatmen. Kyp wußte nicht, was ihn im Inneren erwartete. Sein Körper versteifte sich vor Spannung. Er sah sich um, trat über die Schwelle und blickte zum feinziselierten Gesicht des toten Sith-Lords hinauf. Dann betrat er die Tempelkammer.
Die Wände leuchteten in einem inneren Licht, das im Vulkanglas gefangen war. Rauhreifspuren überzogen spiralförmig die Wände. In der gegenüberliegenden Ecke tropfte eine mit eiskaltem Wasser gefüllte Zisterne.
Er wartete.
Plötzlich zog sich Kyps Magen zusammen. Seine Haut prickelte. Er blinzelte, als sein Blickfeld verschwamm. Die Luft um ihn wurde körnig, als wäre das Licht selbst im Inneren des Tempels gesplittert.
Er wollte sich abwenden, konnte sich aber nur mühsam bewegen, als würde die Luft ihm Widerstand entgegensetzen, sich um ihn verfestigen. Alles flackerte.
Kyp stolperte tiefer in den Tempel. Er wollte seine Schritte beschleunigen, aber sein Körper reagierte nicht so schnell wie gewöhnlich.
Aus der schwarzen Wand schälte sich ein Schatten, eine drohend wirkende menschliche Gestalt. Sie gewann an Substanz, als würde sie sich von Kyps Furcht nähren. Die Gestalt tropfte aus den Rissen, aus einer Finsternis jenseits der Zeit, eine gesichtslose Silhouette, die Kyp dennoch bekannt vorkam.
»Du bist tot«, sagte Kyp. Er bemühte sich um einen zornigen und entschlossenen Tonfall, aber seine Stimme klang unsicher.
»Ja«, drang die seltsam vertraute Stimme aus den Schatten. »Aber ich lebe in dir weiter. Nur du, Kyp, kannst die Erinnerung an mich bewahren.«
»Nein, ich werde dich vernichten«, rief Kyp. In seiner Hand spürte er das Knistern der schwarzen Macht, der Ebenholzblitze, mit denen er Master Skywalker niedergestreckt hatte: die Macht der zähnestarrenden Schlangen, der dunklen Leeren der Sith. Welche Ironie, Exar Kuns eigene Macht gegen ihn einzusetzen! Die Energie wurde stärker, wollte entfesselt werden, wollte, daß er sich ihr auslieferte, um den schwarzen Schatten ein für allemal auszulöschen.
Aber Kyp zwang sich zur Ruhe. Er hörte sein Herz hämmern, das Blut in seinen Ohren rauschen, als sein Zorn die Kontrolle übernehmen wollte – und er wußte, daß es falsch war. Er atmete tief durch. Er beruhigte sich. Dies war nicht der richtige Weg.
Die schwarze Sith-Macht erstarb an seinen Fingerspitzen. Der Schatten wartete; aber noch immer drängte Kyp seine Macht zurück, besänftigte seinen Zorn. Zorn war genau das, was Exar Kun wollte. Kyp konnte ihm jetzt nicht nachgeben.
Statt dessen griff er nach dem Lichtschwert an seiner Hüfte, riß es aus dem Gürtel und zündete es. Die violett-weiße Klinge knisterte vor reinigender Elektrizität und verbreitete pures Licht. Der Schatten richtete sich auf, als machte er sich zum Kampf bereit, als wartete er nur noch auf Kyps ersten Schlag. Er hob seine dunstigen Arme, schwärzer als alles, was Kyp je gesehen hatte. Kyp hob Gantoris’ Lichtschwert, stolz auf das, was er tun würde. Er würde statt dessen eine Jedi-Waffe einsetzen – eine Waffe aus Licht, um die Dunkelheit zu besiegen.
Er holte zum Schlag aus. Der Schatten wartete reglos, wie gelähmt – und Kyp zögerte erneut.
Er konnte nicht zuschlagen, nicht einmal mit einem Lichtschwert. Wenn er Exar Kun angriff, gab er sich den Verlockungen der Gewalt hin, ganz gleich, welche Waffe er dabei einsetzte.
Der Knauf des Lichtschwerts fühlte sich kalt in seiner Hand an, aber Kyp schaltete es ab und schob den Griff zurück in seinen Gürtel. Er stand da, Auge in Auge mit dem Schatten, der jetzt seine eigene Größe zu haben schien, nicht mehr war als die schwarze Silhouette eines Menschen, der ein Totenhemd trug.
»Ich werde nicht gegen dich kämpfen«, sagte Kyp.
»Ich bin froh darüber«, sagte die Stimme, die jetzt klarer wurde und immer vertrauter klang. Dies war nicht Exar Kun. Er war es nie gewesen.
Die Schattenarme schoben die Kapuze zurück und enthüllten ein leuchtendes Gesicht, das eindeutig das von Kyps Bruder Zeth war.
»Ich bin tot«, sagte Zeths Geist, »aber nur du kannst die Erinnerung an mich bewahren. Danke, daß du mich befreit hast, Bruder.«
Zeths Geist umarmte Kyp mit einer prickelnden Wärme, die das Eis in Kyps Nacken taute. Dann verschwand die Erscheinung, und Kyp
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