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Jeier, Thomas

Jeier, Thomas

Titel: Jeier, Thomas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ersten Amerikaner Die
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Gewehr. Angeblich war der Mann taub. Dewey Beard, ein Überlebender des Massakers, berichtete: »Wenn die Soldaten ihn in Ruhe gelassen hätten, hätte er sein Gewehr abgegeben. Sie packten ihn und wirbelten ihn herum. Auch in diesem Augenblick blieb er ruhig. Er richtete sein Gewehr auf niemand. Er wollte es auf den Boden legen. Da packten sie das Gewehr, und ein Schuss löste sich. Ich weiß nicht, ob jemand getroffen wurde, aber es folgte ein lautes Krachen.« Die Soldaten gerieten in Panik. Major Whitside ließ die Hotchkiss-Kanonen auf die wehrlosen Indianer abfeuern. Über 250 Indianer, meist Frauen und Kinder, starben im Kreuzfeuer der Soldaten. »Wir versuchten fortzulaufen«, berichtete Louise Weasel Bear, die das Massaker überlebte, »doch sie schossen auf uns, als wären wir Büffel. Ich weiß, dass es auch gute Weiße gibt, doch Soldaten, die auf Frauen und Kinder schießen, müssen böse sein.« Hakiktawin, eine andere Überlebende, berichtete: »Ich lief weg und folgte den Flüchtenden. Meine Großeltern und mein Bruder wurden getötet, dann schlug eine Kugel durch meine rechte Hüfte und traf mein rechtes Handgelenk. Ich konnte nicht weiter. Nachdem der Soldat mich getroffen hatte, kam ein Mädchen zu mir und kroch unter meine Decke. Auch dieses Mädchen überlebte wunderbarerweise. Es wurde mit den Verwundeten nach Pine Ridge gebracht und verbrachte den Jahreswechsel in einer Kirche. Dort kümmerten sich Elaine Goodale und Dr. Charles Eastman, ihr indianischer Verlobter, um die Verwundeten. Wegen eines heftigen Schneesturms, der nach dem Massaker über Pine Ridge tobte, wurden die Toten am Wounded Knee erst viele Tage später in einem Massengrab bestattet«
    Black Elk, ein heiliger Mann der Sioux, sagte später: »Wenn ich heute von dem hohen Berg meines Alters zurückblicke, kann ich die niedergemetzelten Frauen und Kinder so deutlich liegen sehen, wie ich sie sah, als meine Augen jung waren. Ich kann sehen, dass noch etwas anderes im blutigen Schlamm starb und vom Schnee begraben wurde: Der Traum eines Volkes starb dort«

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Kapitel 5
    Das Recht des Stärkeren
      
    »Dieses Land gehörte einst den Kiowa und Crow. Wir nahmen es ihnen ab und taten damit das Gleiche, was die Amerikaner tun, wenn sie das Land von Indianern wollen.«
    Black Hawk, Sioux-Häuptling, 1851
      
    Zu den gängigen Klischees, die über die nordamerikanischen Indianer im Umlauf sind, gehört die Vorstellung, sie hätten vor der Ankunft der Europäer in einem blühenden Garten Eden gelebt und sich nur so viel von ihrer geliebten Mutter Erde genommen, wie sie zum Leben brauchten. Diese Behauptung ist ebenso falsch wie die Legende, die viel zitierten Worte seien von Duwamish-Häuptling Seattle, der 1855 in einem Brief an Präsident Franklin Pierce geschrieben haben soll: »Wie kann man die Erde oder den Himmel verkaufen? Das verstehen wir nicht. Die Frische der Luft und das Glitzern des Wassers gehören uns nicht, jeder Teil dieser Erde ist uns heilig.« Ein Brief, der in keinem der zahlreichen Archive in Washington, D.C., zu finden ist. Auch von dem Übersetzer, der den Brief aufgeschrieben haben muss, fehlt jede Spur.
    Sehr viel wahrscheinlicher ist, dass ein gewisser Ted Perry die eher unbedeutende Rede des Häuptlings für seine Zwecke umformulierte und durch einen angeblichen Brief ergänzte, um für einen Dokumentarfilm über Umweltverschmutzung die markigen Worte eines Indianers zu bekommen. »In Wahrheit waren die Indianer die Pioniere unter den Umweltschützern«, bestätigte auch der frühe amerikanische Innenminister Stewart Udall das Klischee vom umweltbewussten Ureinwohner. Ähnlich bedienen sich auch gerne einige Umweltorganisationen aus diesem Zitatenschatz, diesem unbestritten poetischen Aufruf zum Schutz der Erde.

    Edle Wilde
    Das Idealbild des »edlen Wilden« erreichte nach Kolumbus »Entdeckung« von Amerika in der europäischen Vorstellungswelt einen Höhepunkt. Man glaubte einen Kontinent entdeckt zu haben, auf dem die Menschen auf einer niedrigeren Entwicklungsstufe doch in paradiesischen Zuständen lebten. Der »edle Wilde« führte ein Leben im Einklang mit der Natur, ohne Missgunst und Niedertracht, in großer Unschuld, die sich auch in sexueller Freizügigkeit zeigte. Den Begriff des »Noble Savage«, des »Edlen Wilden« hatte John Dryden bereits 1672 in seinem Theaterstück The Conquest of Granada geprägt. Schon in den Aufzeichnungen, die der Missionar Bartolomé de Jas Casas während der

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