Jeier, Thomas
Veränderungen, dass man sagen kann, die Konsequenz der Einwanderung der Indianer in die Neue Welt war es, bewaldete Flächen durch Grasland oder Savannen zu ersetzen oder den weiter bestehenden Wald zu öffnen und von Unterholz zu befreien.« Eine Veränderung, die ähnlich wie auch die Brände im 20. Jahrhundert, zum Beispiel im Yellowstone und im Yosemite National Park, nicht von Nachteil für die Ökosysteme des nordamerikanischen Kontinents waren. Die Feuer schufen günstige Bedingungen für andere Pflanzen wie Erdbeeren, Brombeeren und Himbeeren und machten Platz für Fichten, Eichen, Birken und Espen. »Die Sumpfkiefern und Scrub Oaks (Buscheichen) im Südosten bilden wahrscheinlich einen anthropogenen Lebensraum, der ursprünglich durch von Indianern gelegte Feuer geschaffen wurde.« Ebenso war die üppige Vegetation nach den Bränden für den Fortbestand und die Verbreitung mehrerer Tierarten verantwortlich, vor allem für Rotwild, Elche, Biber, Truthähne und Wachteln. Östlich des Mississippi ermöglichten die neuen Grasebenen eine Ausweitung der Bisons, die auch für Ackerbau treibende Indianer eine wichtige zusätzliche Nahrungsquelle boten.
Naturbegeisterung oder Überlebenswille?
Als Naturvolk, das den geheimnisvollen Kräften des Kosmos meist hilflos ausgeliefert war, war den Indianern die Begeisterung zahlreicher europäischer Philosophen, Schriftsteller und Maler für die Wildnis fremd. Ähnlich wie die weißen Siedler, lagen sie im ständigen Kampf mit der Natur, betrachteten sie als vom Großen Geist geschenkten Lebensraum, in dem man täglich damit beschäftigt war, sich und seinem Volk das Überleben zu sichern. Die Geschichtenerzähler früherer Jahrhunderte feierten die Rückkehr der Sonne, weil sie neue Ernte auf den Feldern und Nahrung in den Wäldern verhieß, und sie bedankten sich beim Großen Geist für die Jagdtiere, die ihnen genügend Vorräte für den bevorstehenden Winter garantierten. Keiner dieser Geschichtenerzähler wäre auf die Idee gekommen, die Anmut eines Frühlingsmorgens oder die Melancholie des goldenen Herbstes zu bewundern. Erst in neuerer Zeit beschäftigen sich indianische Künstler in ihren Werken auch mit der Schönheit der Natur. Was absolut zählte, war der Erhalt des Volkes.
Die Irokesen, eines der mächtigsten Indianervölker im Nordosten der späteren Vereinigten Staaten, rodeten weite Waldgebiete für ihre ausgedehnten Mais-, Squash- und Bohnenfelder, beuteten den Boden aus, bis er nichts mehr hergab, dann zogen sie weiter und legten an anderer Stelle neue Felder an. Ihre kriegerische Überlegenheit erlaubte es ihnen, weite Gebiete zu kontrollieren und unliebsame Feinde notfalls mit Gewalt zu vertreiben, wie sie es mit den Huronen machten. In zahlreichen Berichten und Tagebüchern äußerten sich die weißen Siedler erstaunt über die Größe der Felder (nicht nur der Irokesen). Im Salt River Valley, dem heutigen Arizona, soll in präkolumbianischer Zeit bereits mehr Land kultiviert worden sein als im 21. Jahrhundert. Bei Ausgrabungen fand man Werkzeuge und Geräte, die auf eine ausgedehnte Landwirtschaft hindeuten.
Anders gingen die Munsee-Delawaren, ein relativ kleiner Stamm der Algonquin-Sprachfamilie, im Hudson Valley vor. Da sie in direkter Nachbarschaft mit den Irokesen lebten, gab es für sie keine Möglichkeit ihren Lebensraum nach Bedarf auszuweiten. Kriegerische Auseinandersetzungen mit den Irokesen hätten unweigerlich ihren Untergang zur Folge gehabt. Selbst bei erfolgreicher Jagd hing ihr Überleben von einer reichen Ernte ab, und da die Möglichkeit fehlte, nach irokesischem Vorbild als Halbnomaden weiterzuziehen, waren sie gezwungen, ihren Ackerbau so schonend zu betreiben, dass sich der ausgebeutete Boden nach einigen Jahren erholt hatte und wieder bepflanzt werden konnte. Sie verzichteten auf die Rodung ausgedehnter Waldgebiete, legten ihre Felder auf natürlichen Lichtungen an und erweiterten diese, indem sie ringförmige Streifen aus den Rinden der umstehenden Bäume schnitten, die daraufhin ihre Blätter abwarfen. Durch die kahlen Baumkronen erreichte das Sonnenlicht die Felder und förderte so das Wachstum. Im folgenden Frühjahr verbrannten sie das Unterholz und ließen die Asche als Dünger in das Erdreich einwirken. In einem Zeitraum von zehn bis zwanzig Jahren waren die zerstörten Bäume nachgewachsen und der Wald wieder intakt. Das Hudson Valley zählt heute noch zu den fruchtbarsten Gebieten im Nordosten der USA.
Die Ackerbau
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