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Jene Nacht im Fruehling

Titel: Jene Nacht im Fruehling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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Weise offenbar einige Zuschauer davon abzuhalten, die Vordertreppe hinaufzustürmen. Samantha sah, wie sie zwei Männern den Besenstiel um die Ohren schlug.
    Mike legte Samantha die Hand auf den Arm. »Ich glaube nicht, daß das jetzt der richtige Zeitpunkt für einen Besuch ist«, sagte er und begann, sie wieder zum Wagen zurückzuziehen.
    Samantha riß sich von ihm los. »Nein! Ich werde jetzt mit ihm reden. Ich glaube nicht, daß ich den Mut aufbringen könnte, ein zweitesmal hierher zu fahren.«
    »Das ist die beste Neuigkeit, die ich je in meinem Leben gehört habe.«
    »Mike, ob du mich durch diese Menge bis zu der Vortreppe bringen könntest? Wenn ich nahe genug an diese Frau dort herankäme, würde ich zu ihr sagen, daß ich Jubilee etwas über Maxie fragen möchte.«
    Mike war zunächst versucht, ihr das auszureden, aber die vorhersagende Vergeblichkeit dieses Bemühens war nicht gerade motivierend. Zudem hätte er, wie er zugeben mußte, Jubilee selbst gern über Maxi ausgefragt. Mike blickte über Samanthas Kopf hinweg zum Wagen hin, wo der große schwarze Mann neben der Beifahrertür stand, und als Mike fragend den Kopf hob, nickte dieser zustimmend.
    Binnen weniger Sekunden waren die drei auf dem Weg durch die Menge. Mike bahnte, Samantha im Schlepptau, eine Gasse, während der herkulische schwarze Mann mit der Messernarbe die Nachhut bildete. Sobald Samantha den Fuß der Vortreppe erreicht hatte, ging die Frau mit dem Besen zum Angriff auf sie und ihre beiden männlichen Begleiter über, aber der große schwarze Mann packte den Besenstiel, ehe sie damit Schaden anrichten konnte, und gab so Mike und Samantha genügend Zeit und Gelegenheit, der Frau zuzurufen, daß sie Jubilee etwas über Maxie fragen wollten.
    Dem Gesichtsausdruck der Frau mit dem Besen nach zu schließen, mußte sie diesen Namen schon einmal gehört haben; denn sie drehte sich kurz, wenn auch ungnädig, nach einem kleinen Jungen um, der hinter ihr stand und daraufhin im Haus verschwand. Kurz darauf erschien er wieder im Hauseingang und gab ihnen ein Zeichen, daß sie eintreten sollten. Mike und Samantha gingen ins Haus, während ihr schwarzer Chauffeur zu seinem Wagen zurückkehrte.
    Das Treppenhaus sah so aus, als habe man die Decke und das Geländer unzählige Male gestrichen, ohne vorher die alte Farbe zu entfernen oder auch nur den Staub abzuwischen, der sich mit der Zeit dort niedergeschlagen hatte. Die Stuckmotive an der Decke waren unter den dicken, teilweise abblätternden Farbschichten kaum noch zu erkennen, und auch das Schnitzwerk an den Geländerpfosten war von Firnis eingeebnet.
    Sie folgten dem Kind über steile, schmale Stufen bis in das oberste Stockwerk des Hauses hinauf, wo es heiß war und sonnig und alles so wirkte, als sei es seit Jubilees Geburt nicht mehr verändert worden. Auf dem Weg dorthin hatte ein Mann der ihnen auf dem zweiten Treppenabsatz begegnete, Samantha fast zu Tode erschreckt. Es war ein großer schwarzer Mann, und er hatte die zornigsten Augen, die Samantha je bei einem menschlichen Wesen gesehen hatte. Es war nicht nur ein augenblicklicher, sondern ein lebenslanger Zorn auf alles und jeden, der aus seinen Augen leuchtete.
    Nach einem verächtlichen Blick auf Samantha und einem Blähen seiner Nasenlöcher verschwand er.
    Das Kind öffnete im obersten Stockwerk eine Tür, gab Samantha und Mike zu verstehen, daß sie eintreten sollten, und ließ sie dann allein. Samantha gefiel das Zimmer auf den ersten Blick. An den Seitenwänden befanden sich zwei von dem Boden bis zur Decke reichende, mit Notenblättern vollgestopfte Regale, die offenbar, wenn man den von Fach zu Fach zunehmenden Grad des Vergilbens und des Abgegriffenseins ihrer Deckblätter bedachte, alle von der Steinzeit bis zur Gegenwart komponierten Musikstücke enthalten mußten. Beherrscht wurde dieses Zimmer jedoch von einem gewaltigen Konzertflügel - eines von diesen im satten Schwarz erstrahlenden Pianos, auf denen Männer im schwarzen Frack zu spielen pflegten. Es war offensichtlich ein mit viel Liebe gehegtes und gepflegtes Instrument; denn es war auf Hochglanz poliert und wies nicht den kleinsten Kratzer auf. Dem Piano gegenüber standen ein paar Polsterstühle mit zerschlissenen Armlehnen, aus denen graue Polsterwolle quoll.
    Sowohl Samantha wie Mike waren so sehr damit beschäftigt, sich im Zimmer umzuschauen, daß sie das Männchen, das hinter dem Piano auf einem Klavierschemel saß, fast übersehen hätten, weil dessen Kopf kaum

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