Jene Nacht im Fruehling
er sie nicht mehr anschauen. »Verstehst du jetzt?«
»Ja«, erwiderte er leise. »Ich verstehe jetzt alles.«
Dann sagte er kein Wort mehr auf der Fahrt zurück zu seinem Haus, und während sie dem Ticken des Taxameters lauschte, wurde sie immer deprimierter. Sie hätte ihm das nicht sagen sollen. Wie sagte man so schön? >Es ist besser, man schweigt und läßt die Leute in dem Glauben, man sei ein Dummkopf, als den Mund zu öffnen und ihnen jeden Zweifel daran zu nehmen.< Nun, sie hatte den Mund aufgemacht und Mike von ihrem Geschlechtsleben erzählt. Mike hatte gesagt, bei ihr wäre alles nur Schau, und das stimmte. Sie konnte sich zwar anziehen wie eine Dime, beherrschte aber nicht einmal die Grundlagen dieses Gewerbes.
Als das Taxi vor dem Haus hielt, hatte sie sich schon zurechtgelegt, was sie ihm jetzt sagen wollte: daß sie gleich morgen früh ausziehen würde, falls er nicht verlangte, daß sie sofort ihre Wohnung räumte. Und wie leid es ihr täte, daß er ihretwegen so viel Zeit verschwendet, Geld ausgegeben und so viele Unannehmlichkeiten gehabt hätte.
Mike bezahlte unterdessen in aller Ruhe den Taxichauffeur, sperrte die Haustür auf, gestattete ihr sein Haus zu betreten, und schloß hinter ihr die Haustüre wieder ab.
»Mike«, begann sie nun, um die kleine Rede zu halten, die sie vorbereitet hatte, doch Mike gab ihr keine Gelegenheit, sie vorzutragen. Er pirschte sich an sie heran -anders konnte man dieses leise, raubkatzenähnliche Anschleichen nicht bezeichnen-, und so fragte sie rasch: »Mike? Ist was nicht in Ordnung mit dir?«
»Oh, doch. Die ganze Zeit hindurch glaubte ich, du magst keine Männer. Es gab auch Zeiten, wo ich dachte, das Problem wäre ich - daß ich dich kalt ließe; aber du hast dich nie von mir abgewendet, wenn ich dich anfaßte ... Es sei denn, ich wollte mehr.«
»Natürlich habe ich mich nicht von dir abgewendet.« Rückwärtsgehend, bewegte sie sich auf die Wohnzimmertür zu. »Mike, du machst mir Angst, wenn du mich so anschaust wie jetzt.«
»Unsinn. Ich bin mir nicht sicher, ob du dich überhaupt vor etwas fürchtest. Du hast keine Angst vor mir, jedenfalls nicht im normalen Sinn des Wortes.« Er sah sie aus schmalen Augen an. »Du hast Angst, daß die Männer dich nicht mögen könnten.
Samantha spürte, wie sie von den Haarwurzeln bis zu den Zehenspitzen hinunter errötete. Vielleicht würde er das nicht bemerken, weil sie rote Sachen anhatte. »Wie dumm du doch bist«, sagte sie, bemüht einen unbekümmerten, ja überlegenen Ton anzuschlagen, als hätte sie alles unter Kontrolle. »Nur weil ich deine Annäherungsversuche zurückweise, fängst du an, den Psychologen zu spielen, und behauptest, ich würde mir einbilden, daß Männer mich nicht mögen. Ha!«
»Du weist nicht nur meine Annäherungsversuche zurück, sondern verweigerst dich allen Männern.«
»Ich möchte lieber meine Ruhe haben als von . ..« Sie hielt inne, weil sie mit dem Rücken an die Ostwand des Wohnzimmers gestoßen war.
Er kam nun sehr nahe an sie heran und stand so vor ihr, daß sie sich nicht mehr an ihm vorbei aus dem Zimmer flüchten konnte. Dann kam er ihr, sich vorbeugend, noch näher und fragte: »Warum hast du dich von deinem Mann scheiden lassen?«
»Ich glaube kaum, daß dich das etwas angeht.« Als sie an ihm vorbei wollte, streckte er die Arme aus und stemmte die Hände links und rechts neben ihrem Kopf gegen die Wand.
»Warum, Sam?«
»Es geht dich nichts . ..«
»Vielleicht geht es mich nichts an, aber du wirst es mir trotzdem sagen.«
»Unverträglichkeit«, sagte sie rasch, konnte ihm dabei aber nicht in die Augen sehen.
»Du bist eine schlechte Lügnerin.«
»Im Gegensatz zu dir, wie? Du kannst so gut lügen, daß sich die Balken . . .«
»Warum, Sam?«
»Er hatte ...«
»Er hatte was?«
»Er hatte eine andere Frau!« fauchte sie ihn an.
»Dann war er ein Idiot«, sagte Mike leise. »Warum hätte er eine andere Frau haben wollen, wenn er doch dich hatte?«
Sie sah von ihm weg, aber da blitzte so etwas wie Dankbarkeit in ihren Augen auf. »Ich habe es dir gesagt,. Also nimm jetzt bitte deine Hände von der Wand weg.«
»Ja, das werde ich«, sagte er, schlang dann rasch die Arme um sie und begann sie zu küssen. Ihre ganze Kraft aufbietend, versuchte sie ihn von sich wegzuschieben, aber er hielt sie fest. »Was ist mit dir passiert, Sam?«
»Laß mich bitte in Ruhe«, flüsterte sie.
»Hast du dich nachts zu ihm gelegt, und er hat nichts von dir wissen
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