Jene Nacht im Fruehling
nach außen gedreht, als wäre er dort festgenagelt. »Warum?« fragte er. »Warum, Sam? Was hast du gegen mich? War dein Ex-Mann so gut im Bett, daß du ihm ein Denkmal setzen möchtest? Kannst du an keinen anderen Mann außer ihn denken?«
Da mußte Samantha laut lachen, und Mike, der glaubte, sie lachte über ihn, wollte sich wütend von der Wand lösen; doch da lehnte sich Samantha rasch an ihn. Sie hatte zuviel getrunken - erst in Blairs Wohnung und dann in dieser Bar - und in ihrem beschwipsten Zustand wagte sie Dinge, die sie sonst niemals gewagt hätte. Sie schob ihre Hände unter sein Hemd, das er über der Brust aufgeknöpft hatte, und berührte seine nackte Haut. Mike war wütend - rechtschaffen wütend, wie sie wußte -, und er reagierte nicht auf ihre Berührung, sondern hielt noch immer die Hände über den Kopf, während er sie beobachtete.
»Du begreifst es nicht, Mike«, sagte sie leise.
»Warum erklärst du es mir dann nicht?« fragte er schroff. Da war kein versöhnlicher Ton in seiner Stimme.
Vom ersten Tag ihrer Begegnung an wurde Samantha von einem fast unkontrollierbaren Verlangen beherrscht, ihn zu berühren. Als sie nun die Hände unter sein Hemd schob und das Wellenmuster seiner harten Muskeln auf ihrer Haut spürte, mußte sie daran denken, daß viele Frauen, die solche Muskelmänner wie Mike im Fernsehen oder am Strand sahen, den Kopf schüttelten und sagten, nein danke, das ist nichts für mich. Nicht so Samantha. Als sie noch in Santa Fe eine Aerobic-Klasse leitete, hatte es Zeiten gegeben, in denen die Männer, die in einer anderen Ecke der Halle mit den Hanteln übten, sie so sehr abgelenkt hatten, daß sie aus dem Rhythmus gekommen war. Eines Abends hatte ein Mann namens Tim, der bei Bodybuilding-Wettbewerben bereits Preise gewonnen hatte, sich ein 225 Kilo schweres Gewicht auflegen lassen. Und während zwei andere Männer die Scheibenhanteln an beiden Enden festgehalten und unter diesem Gewicht geschwankt hatten, war Tim mit der ganzen Last auf den Schultern in die Hocke gegangen und hatte es in die Höhe gestemmt. Während er mit gespreizten Beinen das Gewicht ausbalancierte, waren die Frauen ihrer Klasse in ein lautes Gelächter ausgebrochen; denn Samantha war so sehr in den Anblick von Tim vertieft gewesen, daß sie vergessen hatte, der Klasse die Übung, die sie angekündigt hatte, vorzuturnen. Da war Samantha vor Verlegenheit rot geworden und hatte fortan ihre Aufmerksamkeit wieder gänzlich ihren Schülerinnen gewidmet.
Nun berührte sie sogar einen dieser Muskelmänner -eines von diesen gottähnlichen Wesen, die aussahen, als könnten sie Häuser auf ihren Händen tragen.
»Wieviel drückst du, Mike?« flüsterte sie.
»Zweihundertneunzig Kilo«, antwortete er und wunderte sich, warum sie ihn jetzt so etwas fragte. Seine Freunde - jene, die das College besucht hatten - taten immer so, als wäre Mikes Krafttraining etwas Verwerfliches. Sie meinten stets betonen zu müssen, daß Mike auch einen Verstand habe - trotz seiner Muskeln.
»Und wieviel stemmst du?« Samanthas Hände tasteten über seine Brust, bewegten sich dann weiter zu seinem Rücken, um dort die mächtigen Muskeln zu befühlen.
Mike rührte sich nicht von der Mauer weg. Er versuchte auch nicht, sie zu berühren. Wenn es erforderlich war, daß er sich weder bewegen noch sie berühren durfte, um sie dazu zu bringen, ihn anzufassen, würde er noch in zwei Wochen mit erhobenen Händen an dieser Mauer stehen.
»Zweihundertzehn«, antwortete er.
Sein Hemd war alt, die Knopflöcher ausgefranst, und während sie seinen Rücken mit den Händen befühlte, gingen vom die letzten Knöpfe auf und legten seinen Torso bis zur Taille hinunter frei. Samanthas Hände glitten tiefer, hinunter zu seiner flachen, harten, mit sich wölbenden Muskeln bewehrten Magengrube.
»Wieviel hebst du?« flüsterte sie. Damit meinte sie, wieviel Gewicht er vom Boden aufnehmen und bis zu den Hüften anheben konnte.
»Dreihundertzehn Kilo. Kraft ist abhängig von der Dichte und Festigkeit der Knochen. Die Knochen in meiner Familie sind schon immer ein bißchen härter gewesen als bei anderen Leuten. Hör mal, Samantha, wenn du willst, daß ich dir einen Vortrag über die Zusammenhänge zwischen Kraft und Knochen halte ...«
Sie fuhr fort, mit ihren Händen seine Haut und Muskeln zu befühlen. Wie lange war es her, daß sie zuletzt einen Mann angefaßt hatte? Wirklich angefaßt? Sicherlich hatte sie noch nie einen Mann so gern anfassen
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