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Jene Nacht im Fruehling

Titel: Jene Nacht im Fruehling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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Fremden im Türrahmen, der sie stirnrunzelnd beobachtete, als sie dem Kamin den Rücken zukehrte.
    »Es gefällt Ihnen nicht«, sagte Mike. »Dieses Zimmer paßt nicht zu Ihnen.«
    »Es ist absolut richtig für mich«, erwiderte Samantha leise. »Ich kann meinen Vater hier spüren.«
    Die Falten auf Mikes Stirn vertieften sich noch. »So, das können Sie?« Während er das sagte, wußte er, daß es nicht der richtige Rahmen für eine hübsche junge Frau mit blauen Augen war. Dies war das Zimmer für einen Mann. Genauer gesagt: Es war David Elliots Zimmer.
    »Das Schlafzimmer befindet sich hier drüben.« Während Mike Samantha folgte, betrachtete er nun das Apartment mit ganz anderen Augen. Seine Schwester hatte sowohl die Räume dieser Wohnung wie auch sein Domizil im Erdgeschoß ausgestattet. Damals hatte Michael vor Dave geprahlt, daß man seiner Schwester nur sagen müsse, wie denn eine Wohnung in etwa aussehen sollte, und sie könne sie nach dieser Maßgabe perfekt gestalten. Dave hatte geantwortet, ihm schwebe bei seiner Wohnung so etwas wie ein Klub für englische Gentlemen vor, und genauso sah sie jetzt auch aus. Doch Samantha wirkte inmitten dieser dunklen Vorhänge und Möbel genauso fehl am Platz wie in jedem Klub, der nur Männern Vorbehalten blieb.
    Im Schlafzimmer waren auch die Wände dunkelgrün gestrichen, und die Vorhänge an den Fenstern, die auf einen Balkon hinausblickten, bestanden aus schwerem, grün und rotbraun gestreiftem Baumwollsamt. An der Wand gegenüber befand sich ein Vier-Pfosten-Bett ohne Betthimmel, dessen Bezüge mit Jagdmotiven bedruckt waren. Während sie liebevoll mit der Hand über die Decke strich, fragte sie Mike, der unter der Tür stand und sie beobachtete: »Hat mein Vater jemals hier gewohnt?«
    »Nein«, erwiderte er. »Er gab nur schriftliche und fernmündliche Anordnungen, was diese Wohnung betraf. Er hatte zwar vor, hierher zu ziehen, aber...«
    »Ich weiß«, unterbrach sie ihn und betrachtete die Bilder von Rassehunden an der Wand. Wenn sie in diesem Raum stand, war ihr fast so, als wäre ihr Vater gar nicht gestorben, sondern würde noch immer unter den Lebenden weilen.
    Mike zeigte ihr nun einen Weinsafe neben dem Schlafzimmer, dann zwei mit grünem Marmor geflieste Badezimmer und ein Wohnzimmer mit rotgrünkartierten Polsterstühlen und einem Bücherregal, das mit Biographien gefüllt war, die ihr Vater so geliebt hatte.
    Im dritten Stock besichtigten sie das Gästezimmer und ein Arbeitszimmer mit einem Schreibtisch aus solidem Eichenholz. Sie öffnete die doppelte Glastür, die auf einen Balkon führte, trat hinaus und sah über das Balkongeländer in einen Garten hinunter.
    Sie hatte in New York keinen Garten erwartet - und ganz gewiß nicht so einen Garten wie diesen, der sich unter ihr ausbreitete. Hier konnte sie, wenn sie den saftig grünen Rasen, die zwei hohen schlanken Bäume, die Sträucher, die kurz vor der Blüte standen, und die Beete mit den frisch eingepflanzten einjährigen Stauden und Blumen betrachtete, vergessen, daß sie sich in einer Großstadt befand.
    Als sie sich wieder mit einem Gesicht, das vor Freude strahlte, zu Mike umdrehte, fragte sie, offenbar gar nicht bemerkend, daß er noch immer die Stirn runzelte: »Wer pflegt denn diesen Garten dort unten?«
    »Ich.«
    »Darf ich Ihnen dabei helfen? Ich meine«, korrigierte sie sich rasch, »wenn ich hier wohnen würde, hätte ich Ihnen gern im Garten geholfen.«
    Sein Stirnrunzeln wich einem kleinen Lächeln.
    »Ich würde mich geehrt fühlen«, erwiderte er. Mike hätte sich eigentlich über ihre Bitte freuen sollen, doch irgend etwas, das er sich partout nicht erklären konnte, störte ihn. Es war doch sein Wunsch gewesen, daß sie hierblieb, aber nun war es ihm fast lieber, wenn sie wieder ging. Diese Widersprüchlichkeit seiner Gefühle hatte etwas mit der Art zu tun, wie sie sich in diesen Räumen bewegte - in Daves Zimmern. Etwas an der Weise, wie sie noch immer das Foto ihrer Mutter gegen ihre Brust drückte, weckte in ihm den Wunsch, ihr zu sagen, daß sie nicht hier wohnen sollte.
    »Würden Sie jetzt gern die Küche sehen?«
    Als Samantha nickte, ging er zur Westseite des Arbeitszimmers und öffnete dort eine Tür, hinter der eine schmale, dunkle Treppe zum Vorschein kam, die nach unten führte. »Das ist die Personaltreppe«, erklärte er ihr. »Das Haus wurde nicht umgebaut, um darin zwei getrennte Wohnungen einzurichten, deshalb müßten wir uns die Küche teilen.«
    Sie sah ihn

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