Jene Nacht im Fruehling
riesigen Tisch und einem prächtig verzierten Wandschirm und dann den Vorraum einer Gästetoilette mit Karikaturen aus der Epoche Eduards VII. an den Wänden.
Sich von Minute zu Minute mehr entspannend, begleitete sie Mike nun in eine mit Eichenholz getäfelte Bibliothek und war tief beeindruckt von der gewaltigen Menge an Büchern, die dort die Regale vom Boden bis zur Decke füllten, bis sie entdeckte, daß diese Bücher, soweit sie das zu sehen vermochte, durchwegs amerikanische Gangster zum Thema hatten - ihren Ursprung, Werdegang, ihre Lebensgeschichte und so weiter. Ja, sie entdeckte sogar Titel, die sich mit den wirtschaftlichen Grundlagen des Ganovendaseins befaßten. Doch als sie sich leicht angewidert von diesen Büchern abwandte, entdeckte sie in einer Ecke des Raumes, in der Nähe eines großen Schreibtisches, der mit Papieren überhäuft war, einen Stapel großer weißer Kartons mit den Firmenetiketten von Compaq und Hewlett Packard, und drehte sich überrascht zum Hausherrn um.
»Ihre Miete«, lautete seine Antwort auf ihre stumme Frage. »Die Miete eines ganzen Jahres steckt in diesen Schachteln, und ich habe keine Ahnung, was ich mit diesen verdammten Dingern anfangen soll.«
»Ich könnte ...« Samantha bremste sich mitten im Satz ab, wohl wissend, daß sie die Begeisterung eines Computerfans zu übermannen drohte, der eine hochwertige Datenverarbeitungsanlage ungenützt, in Kartons verstaut, erblickt. So wie sie mußte sich ein Sammler von Puppen fühlen, der in einem Speicher Schachteln mit der Aufschrift: >Urgroßmutters Puppen« entdeckt und diese nicht öffnen darf.
»Sie wissen doch wohl nicht zufällig, wie man mit solchen Apparaten umgeht, oder?« fragte er scheinheilig, obwohl ihm sehr wohl bekannt war, daß sie ein As auf diesem Gebiet war. Er hatte die Computeranlage gekauft, die Samantha ihrem Vater empfohlen hatte, wie ihm Dave Elliot in einem seiner Briefe mitgeteilt hatte.
»Ich kenne mich ein bißchen mit ihnen aus«, erwiderte sie vage und drehte sich dabei langsam von den Kartons weg.
Nun führte er sie hinauf in den ersten Stock und zeigte ihr dort zwei Schlafzimmer, die mit Pflanzen und Kunstgegenständen aus allen Teilen der Welt geschmückt waren. Eines von ihnen war mit Korbstühlen möbliert, dessen Kissenbezüge Efeuranken als Muster aufwiesen.
»Gefällt es Ihnen?« fragte er und versuchte diesmal nicht zu verbergen, wie gespannt er auf ihre Antwort war.
Samantha lächelte, ehe sie sich wieder fing und sagte: »Es gefällt mir.«
Ihr stockte fast der Atem, als sie sein Grinsen sah. Wenn er so lächelte wie jetzt, aus purer, von anderen Emotionen ungetrübter Freude, sah er sogar noch besser aus. Sie hatte das Gefühl, daß es plötzlich sehr, sehr heiß im Zimmer war, und drängte zur Tür hin.
»Möchten Sie jetzt Ihre Wohnung sehen?«
Sie blickte von ihm fort - schaute noch einmal in alle Ecken des Zimmers, nur nicht auf ihn - und nickte.
Sie folgte ihm die Treppe hinauf in den zweiten Stock. Als Michael dort die Tür des ersten Zimmers öffnete, vergaß Samantha New York und diesen Mann, der sie so sehr beunruhigte; denn sie konnte ihren Vater in diesem Raum spüren. Wenn er sein Haus noch einmal bauen müßte, würde er es in Grün und Burgunderrot einrichten, hatte ihr Vater stets gesagt - und dieses Wohnzimmer entsprach genau seinen Vorstellungen. Eine dunkelgrüne Couch war im rechten Winkel zu einem grünen Marmorkamin angeordnet, und zwei große, grüngestreifte Klubsessel vervollständigten die Sitzgruppe auf einem in grünen und beigen Farbtönen gehaltenen handgeknüpften orientalischen Teppich. Die Möbelstücke an den Wänden waren aus dunklem Mahagoni, und nicht eines davon stand auf so spindeldünnen Beinen, daß ein Mann, wenn er dagegenstieß, es leicht umwerfen konnte.
Samantha ging zum Kamin und sah auf dessen Sims eine Reihe von Fotos ihrer Familie stehen - von ihrer Mutter, ihren Eltern zusammen, ihrem Großvater väterlicherseits und eine ganze Galerie von sich selbst, angefangen bei einer Porträtaufnahme als einjähriges Baby und mit einem Bild endend, das erst vor einem Jahr angefertigt worden war.
Samantha nahm vorsichtig eines der in Silber gerahmten Fotos ihrer Mutter vom Sims, und während sie es festhielt, sah sie sich im Zimmer um und schloß einen Moment lang die Augen. Die Gegenwart ihres Vaters war so stark in diesem Raum, daß sie meinte, er müsse vor ihr stehen, wenn sie sich umdrehte.
Statt dessen erblickte sie einen
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