Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Jene Nacht im Fruehling

Titel: Jene Nacht im Fruehling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
Vom Netzwerk:
Schluchzen, das aus der Tiefe ihres Bauches zu kommen schien, zu Boden glitt. Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen die versperrte Tür, und während sie so dasaß, weinte und dachte, der Schmerz in ihr würde nie mehr heilen, sah sie etwas, das sie zuerst für eine Sinnestäuschung hielt. Rechts neben ihr stand Lilas große bauchige Tragetasche, die sie mit Kleidern, Schuhen und allem möglichen Krimskrams vollgestopft hatte, und an einer Ecke lugte der Perlmuttgriff einer kleinen Pistole hervor. Lila hatte einmal in der Garderobe damit geprahlt, daß sie einen eigenen Leibwächter habe, den sie ständig mit sich herumschleppe, und als die anderen Mädchen sie auslachen wollten, hatte ihnen Lila ihre kleine zweischüssige Derringer gezeigt.
    Maxie überlegte nicht lange. Mit einer blitzschnellen Bewegung, die einer Kobra Ehre gemacht hätte, packte sie die Derringer, drehte sich, immer noch auf dem Boden sitzend, herum und drückte beide Läufe der Pistole ab. Vor Jahren hatte sie den Fehler gemacht, auf den Kopf eines Mannes zu zielen, doch diesmal richtete sie die Pistole auf dessen Bauch und feuerte die beiden Kugeln genau in dessen Mitte.
    Sie war kein Arzt und konnte sich dessen nicht sicher sein, aber an der Weise, wie Docs Beine unter ihm wegknickten, meinte sie zu erkennen, daß sie sein Rückgrat getroffen hatte. Einen hohen spitzen Schrei ausstoßend, rutschte Doc vom Stuhl herunter, und seine 38 er Pistole fiel ihm aus der Hand.
    Maxie dachte nicht daran, Docs Pistole aufzuheben. Sie hatte nur einen Gedanken: Sie mußte so schnell wie möglich zu Michael. Die Schüsse hatten inzwischen aufgehört, aber sie hörte noch immer die Schreie und das Wimmern der Verletzten und Sterbenden.
    Während Doc sie, am Boden liegend, mit vor Haß und Schmerz brennenden Augen ansah, durchsuchte sie seine Taschen, bis sie den Türschlüssel fand, ihn mit bebenden Händen ins Schloß steckte und die Tür öffnete.
    Da hielt sie Docs Stimme noch einmal auf, als sie schon den Korridor hinunterlaufen wollte. »Bitte«, flüsterte er, »bitte, hilf mir.«
    Einen Moment lang zögerte sie, als sich das Mitgefühl in ihr regte, doch dann rannte sie, sich nicht mehr umdrehend, den Gang zum Klubraum hinunter.
    Sie war nicht auf das vorbereitet, was sie dort erwartete. Überall Blut - der ganze Klubraum schwamm in Blut. Sie sah Frauen und Männer mit abgetrennten Gliedmaßen, und Lila, die in einer Lache ihres eigenen Blutes lag, die eine Hälfte ihres Gesichts tadellos geschminkt, die andere weggeschossen. Sie sah noch drei von den Mädchen, alle tot, am Fuß der Bühne liegen.
    Der Klubraum füllte sich bereits mit Sanitätern und Rettungsmannschaften, und Maxie wußte, daß sie nur so rasch hatten hier sein können, weil jemand sie schon vor dem Massaker alarmiert haben mußte. Docs Vorstellung von Barmherzigkeit, dachte sie verbittert.
    Über Tote und Verletzte hinwegsteigend, nicht darauf achtend, daß ihre Schuhe förmlich am Boden klebten, suchte sie auf der Tanzfläche nach Mike - und als sie ihn sah, zog ein Mann in einem weißen Kittel ihm gerade ein mit Blut getränktes Laken über sein geliebtes Gesicht. Als sie zu ihm hinrannte, hielt der Mann im weißen Kittel sie an den Schultern fest.
    »Er ist tot, und ich denke nicht, daß Sie sich ihn jetzt noch anschauen sollten. Sie haben ihm den ganzen Unterkörper weggeschossen.«
    Sie schrie hysterisch, versuchte, sich von dem Mann im weißen Kittel loszureißen - versuchte mit allen Mitteln, zu ihrem geliebten Mike zu gelangen.
    »Entweder Sie beruhigen sich jetzt, oder ich gebe Ihnen eine Spritze, die Sie ein paar Stunden außer Gefecht setzt«, sagte der Mann zu ihr. »Wir haben hier schon genug zu tun und können uns nicht noch um hysterische unverletzte Leute kümmern.«
    Einen Moment hörte Maxie damit auf, sich gegen den Griff des Mannes zu wehren, und starrte ihn an. Unverletzt? dachte sie. Wie kam dieser Mann dazu, so etwas zu behaupten? Sie war alles andere als unverletzt.
    »So ist es schon besser«, sagte der Mann, als sie ihn nicht mehr mit Ellenbogen und Beinen wegzustoßen versuchte. »Warum gehen Sie jetzt nicht einfach nach Hause?«
    Von hier Weggehen. Ja, das war es, was sie jetzt tun sollte. Denn wenn sie hierblieb, würde sie keine achtundvierzig Stunden mehr zu leben haben. Dafür würden schon Docs Leute sorgen. Es ging ihr jetzt nicht mehr um ihr Leben, sondern nur noch um das Leben von Michaels Kind, das sie unter ihrem Herzen trug.
    Sie kehrte den

Weitere Kostenlose Bücher