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Jene Nacht im Fruehling

Titel: Jene Nacht im Fruehling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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meinem Leben vertraut habe. Sie hatten Joe umgebracht. Er hatte eine Kugel mitten in die Stirn bekommen und mußte auf der Stellte tot gewesen sein. Außer ihm wurden in dieser Nacht noch fünfundzwanzig andere getötet oder schwer verwundet. Aber am schlimm-sten traf mich die Nachricht, daß Maxie verschwunden war. Niemand wußte, was mit ihr geschehen oder ihr passiert war. Ich suchte viele Jahre nach ihr, doch ich konnte keine Spur von ihr entdecken. Sie hat mich verlassen, und ich bin sicher, daß das meine Schuld war. Vielleicht wußte sie, daß ich niemals mein abenteuerliches Leben aufgeben würde, oder sie wollte nicht, daß ihr Kind mit einem Gangster als Vater aufwachsen würde. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, daß ich sie seither weder wiedergesehen noch etwas von ihr gehört habe.«
    Er schwieg einen Moment und holte dann zweimal tief Luft, um sich zu beruhigen. »Ich habe mich nach dieser Nacht verändert. Ich hatte die zwei wichtigsten Menschen in meinem Leben verloren - meinen besten und einzigen Freund und die Frau, die ich liebte. Samantha, können Sie mir nachempfinden, wie elend ich mich nach dieser Nacht fühlte?«
    »Ja«, flüsterte sie. »Ich verstehe, wie einem zumute ist, wenn man alles, was einem teuer ist, verliert.«
    »Es ist besser, wenn ich nicht über die nächsten paar Jahre meines Lebens spreche. Ich war kein sehr liebenswürdiger Mensch. Ich weiß nicht, was aus mir geworden wäre,« fuhr er fort, die Hände auf die Schalthebel seines Rollstuhls legend, »wenn mich nicht zwei Jahre später dieser Wagen überfahren und mir das Rückgrat gebrochen hätte.«
    Samantha legte teilnehmend ihre Hand auf die seine.
    »Ich habe Dinge in meinem Leben gemacht, auf die ich nicht stolz bin, aber ich glaube, es wäre ein anderer Mensch aus mir geworden, wenn diese Nacht nicht gewesen wäre. Ich habe oft daran denken müssen, wie mein Leben wohl verlaufen wäre, wenn Maxie nicht darauf bestanden hätte, im Klub zu bleiben, um zu singen. Wenn sie mit mir das Lokal verlassen hätte, ehe Scalpinis Männer dort auftauchten. Dann wären wir wohl schon verheiratet gewesen, bevor wir die Nachricht von dem schlimmen Geschehen im Klub erfahren hätten. Hätte sie mit mir den Klub verlassen, wäre auch Joe mitgekommen und würde sich vielleicht noch heute seines Lebens erfreuen können.«
    Sein Blick schien in weite Feme zu gehen. »Wenn Maxie nicht im Klub hätte bleiben und singen wollen, wäre alles anders gekommen.« Barrett streckte den Arm aus und tätschelte Samantha die Wange. »Wenn ich sie geheiratet und am nächsten Morgen von diesem Blutbad im Klub gehört hätte, hätte mir das vielleicht einen solchen Schrecken eingejagt, daß ich nie mehr ein krummes Ding gedreht hätte.
    Vielleicht. . .« Seine Augen verschleierten sich ein wenig. »Vielleicht würden Sie dann jetzt meine Enkelin sein - meine wahre, nicht nur biologische Enkelin -, die hier bei mir wohnte.« Er lächelte. »Vielleicht nicht hier. Vielleicht würde ich mit Ihnen jetzt in einem kleinen Haus irgendwo in einer Vorstadt als pensionierter Versicherungsmakler wohnen.« Er strich ihr über das kastanienbraune Haar. »Wie Midas hätte ich alle mein Gold für die Liebe eines Kindes hergegeben.«

13
    Ich frage mich, was nur aus ihr geworden ist«, dachte Samantha laut.
    Sie und Mike saßen am Picknicktisch im Garten hinter Mikes Haus und aßen von weißen Papptellern ein chinesisches Gericht, das ihnen vor kurzem geliefert worden war.
    »Was aus wem geworden ist?« erkundigte sich Mike, obwohl er sehr wohl wußte, wen sie meinte.
    »Wenn meine Großmutter nicht meinen Großvater Cal verlassen hat, um zu Mr. Barrett zu ziehen - wohin dann?«
    »Das ist es ja, was Ihr Vater herausfinden wollte«, murmelte Mike, auf seinen Pappteller hinunterblickend. Etwas belastete ihn, nur wußte er nicht, was. Gleich nachdem ihnen Barrett seine lange, traurige Geschichte erzählt hatte, hatten sie dessen Haus wieder verlassen, und auf der Rückfahrt nach Manhattan war Samantha sehr still gewesen und hatte mit einem kleinen Lächeln auf dem Gesicht aus dem Wagenfenster geblickt, als freute sie sich im stillen über irgend etwas. Nun aß sie nicht, sondern machte kleine Häufchen aus Reis und Hühnerfleisch auf ihrem Pappteller.
    »Glauben Sie, daß er in diesem riesigen Haus allein lebt?«
    »Vermutlich. Er scheint ja fast jeden, den er in seinem Leben gekannt hat, umgebracht zu haben.«
    Samantha schickte einen wütenden Blick über den Tisch.

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