Jenny heftig in Noeten
den Tisch legte und sagte: »So – und aus dem kochen wir heute eine leckere Suppe.« Scott war davon überzeugt, dass diese Frau eine Lügnerin war, wie alle Erwachsenen, die er bis dahin kennen gelernt hatte.
Aber dann hatten sie tatsächlich eine Kürbissuppe gekocht und nach dieser Erfahrung hat sich Scotts Leben von Grund auf gewandelt. Er ist seitdem nie wieder in Schwierigkeiten geraten.
Scott sagt, das einzige Problem sei, dass er jetzt am liebsten nur noch kochen würde.
Womöglich wäre Scott mit seinem Text (so gut er auch war) aber trotzdem nicht Chefredakteur geworden, wenn Geri Lynn auf der Redaktionsfahrt dabei gewesen wäre und Mr Shea darauf aufmerksam gemacht hätte (und das hätte sie garantiert, da kennt sie nichts), wie ungerecht es sei, Scott so einen wichtigen Posten zu übertragen, wo sie selbst doch in der Zwölften sei und sich schon ihre Sporen verdient habe, während Scott erst in der Elften und außerdem neu an der Schule sei.
Aber Geri war nicht mit auf der Fahrt, weil sie die ganzen Sommerferien in einem Camp für Nachwuchsfernsehjournalisten in Kalifornien verbrachte (ja, so was gibt es wirklich – und weil Geri Lynn so gut im Klüngeln ist, hatte sie sogar ein Stipendium dafür ergattert).
Trotzdem akzeptierte sie Mr Sheas Entscheidung relativ gnädig. Vielleicht kriegt man das ja in Sommercamps für angehende TV-Journalisten beigebracht. Wie man in solchen Fällen Haltung bewahrt, meine ich. Wir haben so etwas auf unserer Redaktions-fahrt nicht gelernt, hatten aber ziemlich viel Spaß mit Mr Shea, weil man ihn super verarschen kann. Zum Beispiel, als er eine Vertrauensübung mit uns machte, bei der sich das gesamte Redaktionsteam mitten im Wald an einem in zweieinhalb Metern Höhe zwischen zwei Bäumen befestigten Holzbalken entlanghangeln musste – das Ganze ohne Leiter, nur mithilfe der Hände –, wobei niemand auf dem anderen Baum zurückgelassen werden durfte (hab ich schon erwähnt, dass diese Vertrauensübungen voll bescheuert sind?), weil nämlich dort gleich, wie Mr Shea sagte, ein riesiger Hammer auf uns niedergehen würde.
Hab ich schon erwähnt, dass Mr Shea einen voll bescheuerten Humor hat?
Als er das mit dem Hammer sagte, standen wir alle nur stumm da und starrten ihn entgeistert an, worauf er fragte: »Oder klingt das jetzt irgendwie bekloppt?«
Und Scott sagte, ohne eine Miene zu verziehen: »Ehrlich gesagt, Mr Shea, klingt es behämmert .«
Damit hatte Scott bewiesen, dass er alle für einen Chefredakteur notwendigen Qualitäten mitbrachte. Und als im Herbst die Schule wieder begann und Geri Lynn erfuhr, dass ihr Traumjob an ihn gegangen war, schien selbst sie seine überragenden Führungsqualitäten anzuerkennen. Jedenfalls war kaum eine Woche vergangen, als auch schon das erste Herzchen in ihrem Kalender auftauchte. Sie kann also nicht lang geschmollt haben.
»Cool, das machen wir«, sagte Scott zu meinem Vorschlag, einen Artikel über Betty Anns Entführung zu bringen. »Man könnte das Ganze witzig aufziehen und ein Fahndungsplakat von Betty Ann abdrucken. Ihr wisst schon, wie die, die immer im Postamt aushängen. Und wir könnten in Mrs Mulvaneys Namen ein Kopfgeld ausschreiben.«
Geri Lynn hörte auf, ihre Coladose zu schütteln. Wenn Geri aufhört, ihre Dose zu schütteln, bringt man sich am besten schnellstens in Deckung. Geri regt sich nämlich sehr leicht auf. Anscheinend werden den zukünftigen TV-Journalisten in den Camps keine Workshops angeboten, in denen sie lernen, mit ihren Aggressionen umzugehen.
»Das ist ja wohl das Bescheuertste, was ich je gehört hab«, fauchte sie. »Ein Kopfgeld ? Für eine PUPPE?«
»Aber Betty Ann ist mehr als eine Puppe«, widersprach Scott. »Sie ist so eine Art inoffizielles Schulmaskottchen.«
Damit hatte er absolut Recht, vor allem, weil unser offizielles Maskottchen voll lahm ist. Unsere Sportmannschaften nennen sich »Clayton Roosters « und haben einen Gockel als Maskottchen. Ganz schlimm. Wobei das eigentlich auch nicht mehr viel ausmacht, weil unsere Mannschaften sowieso immer verlieren, egal in welcher Sportart.
Aber bei allen Spielen sorgt immer ein Schüler im Gockelkostüm für Stimmung und das Kostüm sieht total dämlich aus. Richtig peinlich. Viel peinlicher als es eine Cabbage-Patch-Puppe je sein könnte.
»Jedenfalls finde ich Jens Idee sehr gut.« Scott ignorierte Geris Grimasse. »Kwang, übernimmst du die Story?«
Kwang nickte und tippte eine Notiz in seinen PalmPilot. Ich wagte es
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