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Jenny und der neue Vater

Jenny und der neue Vater

Titel: Jenny und der neue Vater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Martach
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meiner Tochter in einer schwierigen Zeit fabelhaft beisteht.“
    „Das alles klingt so gar nicht nach dem Julian, wie er sich hier benimmt.“
    „Ohne Kritik üben zu wollen, was mir auch gar nicht zusteht – fühlt er sich hier vielleicht etwas zurückgesetzt? Das würde auch erklären, warum er sich dieser Bande angeschlossen hatte. Dort hatte er vielleicht die Anerkennung, die ihm hier fehlt?“ Kirsten tastete sich voran. Mit einer so komplizierten Situation hatte sie nicht gerechnet.
    „Ich sagte ja schon, das Verhältnis zwischen dem Jungen und meinem Mann ist gespannt. Möglich, dass er...“ Sie sprach nicht weiter, ein Schlüssel drehte sich im Schloss der Haustür, und Gerhardt Wedemeier kam herein. Frau Wedemeier stand auf, etwas gequält lächelte sie ihrem Mann entgegen, der erstaunt über den Besuch war.
    „Frau Hillersen ist wegen Julian hier.“
    „Was hat der Bengel denn jetzt schon wieder angestellt?“, knurrte der Mann.
    Er mochte Ende dreißig sein, wirkte abgespannt und verärgert, und es war offensichtlich, dass er dem Sohn seiner Frau nicht viel Sympathie entgegenbrachte.
    Am liebsten hätte sich Kirsten jetzt verabschiedet, doch irgendwie war sie der Meinung, sie müsste bleiben und versuchen das Leben für Julian etwas leichter zu machen – der Junge verdiente es.
    „Hören Sie, wenn er eine Scheibe eingeworfen oder Ihren Hund belästigt...“
    Kirsten hatte das Gefühl, diesem Mann, der aus Vorurteilen bestand, einen Dämpfer geben zu müssen.
    „Wann hat Julian eigentlich die letzte Scheibe eingeworfen? Und wann haben Sie gehört, dass er Hunde belästigt hat?“, unterbrach sie ihn rasch.
    Er hielt inne. „Aber das macht er doch andauernd.“
    Kirsten zog die Augenbrauen hoch, und Gerhardt Wedemeier setzte sich erst einmal.
    „Das bezweifle ich sehr stark“, stellte sie dann fest. „Mir scheint, Ihnen ist völlig entgangen, wie sehr der Junge sich verändert hat.“
    „Wer sind Sie eigentlich, dass Sie das sagen? Kommen Sie vom Jugendamt?“
    „Das ist Frau Hillersen, die Mutter von Jenny, von der er dauernd erzählt.“ Die Stimme von Frau Wedemeier klang etwas nervös. Ihr Mann kratzte sich am Kopf.
    „Ach, so ist das? Sie sind diese Frau, bei der er neuerdings immer hockt, und die ihn mit Ideen vollstopft.“
    „Wenn Sie es so nennen wollen? Allerdings halte ich es nicht für einen Fehler, dem Jungen ein mehr an Wissen und Möglichkeiten zu bieten.“ Das klang kühl und verweisend.
    „Ach, wissen Sie“, fuhr der Mann fort, „wir sind sehr einfache Leute. Der Julian schlägt dauernd über die Stränge und braucht eine harte Hand. Und jetzt kommt er neuerdings an und will alles besser wissen, weil Sie ihm Flausen in den Kopf gesetzt haben.“
    „Einfach zu sein muss aber doch nicht heißen auch dumm zu sein, oder? Ist es zuviel von Ihnen verlangt, dass Julian lernt und es später einmal zu etwas bringt? Er hat gute Anlagen, ist intelligent und kann mit anderen Menschen gut umgehen, wenn er in dieser Richtung gefordert wird. Warum Versuchen Sie nicht einmal, einfach nur ein Kind in ihm zu sehen? Und nicht Ihren Feind? Julian sehnt sich danach, von Ihnen akzeptiert zu werden. Für ein Lob aus Ihrem Mund würde er Berge versetzen. Haben Sie das denn noch nie bemerkt?“
    Verwundert schaute der Mann auf Kirsten. „Nein.“
    „Haben Sie das überhaupt schon mal versucht? Behandeln Sie Julian nicht wie einen Außenseiter, er ist ein Mitglied Ihrer Familie, und auch, wenn er nicht Ihr eigener Sohn ist, so sollten Sie doch stolz auf ihn sein. Gerade in der letzten Zeit hat er viel geleistet, und ich für meinen Teil, wie auch meine Tochter – wir sind ihm dankbar. Und wir nehmen ihn so, wie er ist. Tun Sie das auch, und Sie werden einen Sohn gewinnen“, empfahl Kirsten.
    Mehr konnte sie eigentlich nicht tun, befand sie. Entweder dieser Mann begriff jetzt seinen Fehler und versuchte sich zu ändern, oder es war ohnehin nichts mehr zu machen. Und dann musste sie vielleicht mal überlegen, wie dem Jungen anders zu helfen war.
    Doch Gerhard Wedemeier stand jetzt auf. Er wirkte etwas verlegen und nachdenklich. „Es ist mir peinlich, dass eine fremde Frau mir all das ins Gesicht sagen muss. Aber ich will versuchen, den Jungen einmal so zu sehen, wie Sie meinen.“
    „Das ist ein erster Anfang. Sie werden sehen, Sie haben einen ganz phantastischen Sohn. Entdecken Sie ihn!“ Kirsten reichte Frau Wedemeier die Hand und sah einen Funken Hoffnung in den Augen.
    Einige Tage

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