Jenseits aller Tabus
in Richtung Treppe entlangschritt und hinter sich die Tür zur Sporthalle zufallen hörte, ballte sie ihre Hand zur Siegerfaust.
13. KAPITEL
Lucille schüttelte den Kopf über sich selbst. Wieso um Himmels willen freute sie sich über dieses unmoralische Angebot? Sie hätte empört sein müssen, hätte toben, Craig Bellamy eine langen und schließlich kündigen sollen.
Stattdessen tänzelte sie fast durch den Korridor des Kellers und freute sich wie ein Kind auf den Morgen des fünfundzwanzigsten Dezembers, um endlich das Geschenk auspacken zu dürfen, das schon die ganze Nacht unter dem Weihnachtsbaum lag und das sie bis dahin nur heimlich hatte anschauen dürfen. Was sich unter der Verpackung befand, wusste Lucille zwar schon – und ihr lief das Wasser im Mund zusammen bei der Erinnerung an Craigs gestählten Körper –, aber nicht, wie er sich anfühlte, wie er roch und schmeckte und welche Art von Liebhaber er war. Wild und leidenschaftlich oder zärtlich und verschmust? Gab er sich dominant, oder erregte es ihn, sich einer Frau hinzugeben?
»Du steckst tief in einem Schlamassel, das unüberschaubare Konsequenzen haben wird«, murmelte Lucille. »Wieder einmal.«
Wider besseren Wissens hatte sie sich längst entschieden. Sie brauchte keine vierundzwanzig Stunden Bedenkzeit. Aber sie wollte Bellamy noch etwas zappeln lassen, damit er nicht merkte, wie sehr sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Noch behielt sie die Kontrolle über die Situation – sobald sie zustimmte, gab sie jedoch ihre Einwilligung, Craigs Regeln zu folgen. Ein Hauch von lustvoller Furcht mischte sich unter die Vorfreude.
Sieh nicht mehr als ein Spiel darin, ermahnte sich Lucille stumm, während sie die Treppe ins Erdgeschoss hochstieg, es ist nur ein lustvoller Zeitvertreib, wie Avas und Corys Treffen. Aber auch Ava investierte Gefühle und, obwohl Cory jemand anderem »Ich liebe dich« ins Ohr geflüstert hatte, hatte Lucille in der Sauna gespürt, dass seine Gefühle, was Ava betraf, über Wollust hinausgingen. Es schien so, als würde er gegen die aufkeimende Liebe ankämpfen, weil er eigentlich zu einer anderen Frau gehörte, einer Frau, die über das sexuelle Verhältnis zwischen ihm und der Küchenhilfe Bescheid wusste.
Abrupt blieb Lucille in der Empfangshalle stehen. Solch ein Dreiecksverhältnis würde Lucille niemals akzeptieren. Aber was lief zwischen Michelle Dearing und Craig?
Aufgelöst kam Ava auf sie zugestürmt, ihre Freundin war den Tränen nah. Lucille nahm sie in die Arme und beruhigte sie: »Wir alle drei werden unsere Jobs behalten.«
»Wie hast du das geschafft?«, fragte Ava und löste sich von ihr.
»Ich habe Mr Bellamy umgestimmt.« Mit einem simplen Ja. Aufmunternd lächelte Lucille sie an und strich ihr über das Haar.
Den ganzen Tag über konnte sie an nichts anderes denken als an Craig Bellamy.
Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet sie Begehren in ihm auslöste, wo ihr Busen doch genauso flach wie ihr Hintern war, ihr Schopf als Signalboje benutzt werden konnte und ihre Sommersprossen aufgrund der Hitze Floridas sogar auf ihren Oberarmen sprossen! War das nicht viel zu abwegig, um wahr zu sein?
Zweifel nagten an ihr. Was führte Bellamy im Schilde? Was fand er an ihr? Richard und sie hatte immerhin verbunden, dass sie beide in armen Verhältnissen aufgewachsen waren und sie beide den Biss hatten, etwas aus ihrem Leben zu machen.
Doch bei Craig erkannte sie keine Gemeinsamkeit, zumindest nicht auf den ersten Blick. Vielleicht bestand darin der Reiz? Möglicherweise hatte ihn überzeugt, dass sie Scones mit Clotted Cream und Marmelade gegessen hätte, anstatt sich über den Fettgehalt zu mokieren wie Michelle.
Im Grunde war er eine einfache Seele, dachte Lucille, wie sie selbst auch. Was sie bisher über ihn gehört hatte, ließ sie darauf schließen, dass er nicht viel brauchte, um glücklich zu sein. Keine hochmoderne repräsentable Einrichtung, keinen Kaviar, keine Einladungen zu High-Society-Partys, um zu sehen und gesehen zu werden. Stattdessen wohnte er im Haus seiner Eltern, hatte es offenbar nicht verändert und ging selten aus.
Dennoch blieb dieser unbestimmte Druck in der Magengrube. Sie war schon einmal zu gutgläubig gewesen. Den Fehler würde sie kein zweites Mal begehen.
Als sie am Abend in der Bibliothek Staub wischte, fiel ihr Blick auf die Familienfotos, die auf dem Kamin standen. Dieser sah tatsächlich benutzt aus. Lucille traute Bellamy zu, dass er die Klimaanlage
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