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Jenseits aller Tabus

Jenseits aller Tabus

Titel: Jenseits aller Tabus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Henke
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sonst noch etwas für Sie tun, Ms Lamar?« Da Lucille den Kopf schüttelte, wandte er sich an Craig. »Für Sie, Sir?«
    »Danke, Patrick«, sagte Craig und trank einen Schluck Tee.
    Leise zog sich der Butler zurück.
    »Wie kann sich jemand von einem Tag auf den anderen derart wandeln?« In ihren Augen verhielt sich Patrick wie ein Fähnchen im Wind. Ihr erschien das suspekt. Oder sah sie überall nur noch weiße Mäuse?
    Craig krauste die Stirn, während er seinen Bagle mit Salatblättern und Putenwurst belegte.
    »Patrick kann mich doch eigentlich gar nicht leiden und hat nie mit seiner Meinung hinter dem Berg gehalten«, erklärte Lucille und goss sich Kaffee ein. »Heute verhält er sich, als wäre ich die Dame des Hauses.«
    »Das bist du ja auch.« Mit kindlicher Vorfreude betrachtete Craig sein Brötchen. »Er hat in London eine der besten Butler-Ausbildungen genossen und kam zu uns, als ich um die elf Jahre gewesen sein muss. Glaub mir, damals war er zwar schon genauso steif wie jetzt, aber weitaus weniger verbissen und verkniffen. Ich befürchte, der Arme hat nicht mehr gelacht, seitdem …« Rasch biss er in seinen Bagle.
    »Seitdem, was?« Anstatt zu antworten, reichte er ihr die Milch. Sie lehnte ab und hing ihren eigenen Gedanken nach.
    Gerade von Patrick hätte sie Unverständnis erwartet, weil er sie seine Ablehnung vom ersten Moment an hatte spüren lassen. Trieb ihn wirklich nur seine Ausbildung dazu, sich ihr gegenüber fair zu verhalten? Oder hatte er den Schmuck in ihren Spind gelegt – wenn einer den Code des Safes kannte, dann er, denn Craig vertraute ihm offenbar – und versuchte seine wahren Absichten durch Höflichkeit zu verschleiern? Die Zeit würde es zeigen.
    Nach dem Frühstück fuhr Craig in die Reederei.
    Lucille trank in Ruhe ihren Kaffee und erhob sich. Gähnend reckte sie ihre Arme, als Ava plötzlich in den Saal gehuscht kam. Wie ein gehetztes Tier blickte sie über ihre Schulter zurück und trat näher.
    Sie musterte Lucilles Kleidung und strich dabei immer wieder über ihre fleckige Kochschürze. »Es stimmt also, was Patrick uns bei Schichtbeginn heute früh erzählt hat. Ich konnte es nicht glauben. Du und Mr Bellamy.«
    Um die Situation herunterzuspielen, zuckte Lucille lapidar mit den Achseln. Sie wollte nicht, dass sich eine Kluft zwischen ihr und Ava auftat, schließlich war die Küchenhilfe ihre einzige Freundin – nicht nur in Florida, sondern überhaupt.
    »Ich meine, Sie und Mr Bellamy«, korrigierte sich Ava und schaute kurz zu Boden.
    »Wag ja nicht, mich zu siezen.« Lucille kam um den Tisch herum und knuffte sie sanft. »Es hat sich etwas zwischen Craig und mir geändert, aber nicht zwischen uns.«
    »Dann darf ich dich ehrlich etwas fragen, Kirby?«
    »Natürlich«, antwortete Lucille und fühlte einen Anflug von Schwindel. Mit der Ehrlichkeit war es so eine Sache.
    Ava ergriff ihren Oberarm und blickte sie eindringlich an. »Liebst du ihn wirklich?«
    Seltsamerweise hatte Lucille mit allem anderen gerechnet, nur nicht mit dieser Frage, vermutlich, weil sie zu verstrickt war in die Lüge um ihre Identität. Sie riss erstaunt ihre Augen auf und überlegte.
    Es gäbe tausend Gründe, weshalb sie mit Craig zusammen sein könnte. Weil sie sich in seinem bewachten Anwesen vor der La picadura del escorpión am sichersten wähnte. Weil Craig und sie ein Deal verband, der sicherstellte, dass Ava und Cory ihre Jobs behielten. Um denjenigen zu schnappen, der versucht hatte, ihr den Diebstahl in die Schuhe zu schieben. Oder einfach nur, um Madison, der Schnepfe, eins auszuwischen.
    Alles triftige Argumente, aber in Wahrheit nur Ausreden. Den Kern jedoch traf keins davon. Lucille ließ sich zu nichts zwingen. Hundertprozentige Sicherheit würde sie im FBI-Gewahrsam finden. Sie glaubte nicht, dass Craig so herzlos war, Ava und Cory zu kündigen, selbst wenn sich Lucille nicht auf den Handel eingelassen hätte. Und wer auch immer ihr den Schmuck untergeschoben hatte, konnte ihr gestohlen bleiben, denn sie hatte weitaus größere – tödlichere – Sorgen.
    Lucille spürte, wie Hitze in ihre Wangen stieg, als sie nickte.
    »Dann ist es ja gut.« Breit grinsend nickte Ava. »Ich freue mich so für euch!«
    Euphorisch riss die Hausangestellte Lucille in ihre Arme und herzte sie. Dann verschwand sie wieder in die Küche und ließ Lucille mit der Wahrheit allein.
    Die Wärme in ihrem Brustkorb, die sich in den letzten Tagen nur hin und wieder gemeldet hatte, blieb an diesem

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