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Jenseits aller Vernunft

Jenseits aller Vernunft

Titel: Jenseits aller Vernunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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Schönheit. Wenn er jede Nacht neben ihr gelitten hatte, weil er sie nicht berühren durfte, gehörte das eben zu seinem Dasein als Gentleman. Er hätte sich höchstens eine Mätresse nehmen können, und Ross hatte Victoria zu sehr geliebt, um daran auch nur zu denken.
    Doch jetzt, nach monatelanger Enthaltsamkeit, reagierte sein Körper stürmisch auf so viel weibliches Fleisch und schamlose Wärme. Welcher lebendige, atmende Mann würde da kalt bleiben? Verdammt! Es war nicht seine Schuld. Diesen Teil seiner Natur hatte er einfach nicht unter Kontrolle.
    Und augenscheinlich ging es ihm mit seinen Gedanken keineswegs besser. Denn ununterbrochen bewegte sich darin die junge Frau. Immer wieder sah er sie vor sich: ihr über den Rücken gebreitetes Haar, die anmutige Weise, in der ihre Wirbelsäule die genaue Mitte bildete, die weiche Einbuchtung ihrer Taille, die dann in schlanke Hüften ausschwang. Er drückte sich die Handballen in die Augenhöhlen und versuchte, das Bild auszulöschen, doch ihr Anblick, ihr Duft und ihre Stimme wollten einfach nicht verschwinden.
    Und am schändlichsten von allem empfand er seinen Anflug von Eifersucht auf Lee. Denn sein Sohn wusste sogar, wie sie schmeckte.

5
     
    Am nächsten Morgen erwachte Lydia kurz vor Sonnenaufgang. Lee schlief noch. Sie zog das einzige Kleidungsstück an, das sie hatte, Anabeths Gewand, und dazu ihre abgenutzten Schuhe. Es war keine leichte Aufgabe, ihre Mähne zu einem Knoten zusammenzubinden; schließlich schaffte sie es und befestigte sie am Hinterkopf mit ein paar Haarnadeln, die sie aus einer Schachtel von Victoria stibitzte. Die anderen Sachen darin rührte sie nicht an, und wenn es nicht unumgänglich gewesen wäre, hätte sie auch die Nadeln nicht genommen. Ma und Anabeth hatten die meisten Gegenstände weggeräumt. Lydia war froh darüber. Sie wollte lieber nicht durch Victorias Dinge an ihre eigene Armseligkeit erinnert werden.
    Mit einem Blick hinunter auf das enge Kleid seufzte sie. Im Grunde könnte sie ja auch Victorias Kleider tragen. Aber was seine Frau betraf, war Mr. Coleman eigen. Er hatte Lydia nichts von der Garderobe der Verstorbenen angeboten. Selbst Ma, die nie mit ihrer Meinung hinter dem Berg hielt, hatte nicht gewagt, etwas Derartiges vorzuschlagen. Sie schien zu wissen, dass er eine solche Idee nicht besonders schätzen würde.
    Lydia holte so tief Luft, wie es das enge Kleid erlaubte, öffnete die Segeltuchklappe und stieg aus dem Wagen. Die Sonne erhob sich gerade über den Horizont, und Ross, der über die Herdstelle gebeugt das Feuer wieder anfachte, sah erstaunt auf.
    »Guten Morgen«, murmelte Lydia. Seine offensichtliche Überraschung, sie bei Tageslicht zu sehen, war ihr unangenehm. Hatte er die Absicht, sie für alle Zeiten im Wagen zu verstecken? Natürlich dachte sie dabei lieber nicht daran, dass sie noch vor wenigen Stunden Angst gehabt hatte, den sicheren Schutz ihrer Unterkunft zu verlassen.
    »Morgen.«
    »Ich mache den Kaffee.«
    Er mochte ihre kühle Distanziertheit nicht. Sie benahm sich, als würden sie sich jeden Morgen so verhalten, als wäre das ganz normal. Er sah sich im Lager um. An fast jedem Feuerplatz gingen Paare ihren morgendlichen Verrichtungen nach und redeten leise miteinander, bevor die Fahrt begann.
    Er sah ihr zu, als sie den Kaffee in die emaillierte Kanne löffelte. Oberflächlich gesehen wirkte das hier durchaus unverfänglich. Aber sie waren kein Paar. Er fühlte sich linkisch wie Luke Langston und gab unsinnigerweise ihr die Schuld dafür. »Ich geh mich mal rasieren.«
    Sie stand auf und sah ihn an. Dunkle Bartstoppeln bedeckten seine Wangen. Sie fragte sich, wie sich sein Schnurrbart wohl anfühlen mochte. Die Männer, die sie gekannt hatte, waren nur deshalb bärtig gewesen, weil sie zu faul zum Rasieren waren. Wenn die vielen Haare im Gesicht ihnen auf die Nerven gingen, kratzten sie sie recht und schlecht ab. Ross’ Schnurrbart war gepflegt und sauber, und obwohl er sehr dicht war, schien jedes einzelne Haar seidig.
    »Wenn Ihr mir zeigt, wo das Mehl ist, kann ich Pfannkuchen backen.«
    Während er sich hinter dem Wagen rasierte, buk sie zum Frühstück Speck und Pfannkuchen. Sie zauberte sogar aus dem Fett in der Pfanne noch eine dicke Soße. Ihr Kaffee schmeckte entschieden besser als der, den er immer für sich gekocht hatte. Nur ungern gab er es zu, aber er war auch besser als Victorias. Sie hatte ihn für seinen Geschmack nie stark genug gemacht und den Unterschied nicht

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