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Jenseits der Alpen - Kriminalroman

Jenseits der Alpen - Kriminalroman

Titel: Jenseits der Alpen - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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sich verdächtig aus.
    Dieses wartende Mädchen wollte er sich holen.
    * * *
    Zusammen mit der Rosenheimer Wohnung hatte Ottakring einen Autostellplatz neben dem Haus zugewiesen bekommen. Der Stellplatz war ein Stück durchlöcherter Beton mit wucherndem Gras in den Löchern. Dort warteten unter der Motorhaube seines sechs Jahre alten orangefarbenen Porsche einige PS auf Arbeit.
    Diesen Porsche nahm Ottakring, um nach Österreich einzureisen. Ein Dienstwagen hätte nur wieder Umstände bedeutet. Trotz des geringen Handicaps mit dem verletzten Arm und der Dunkelheit benötigte er nur exakt vierzig Minuten bis Wörgl.
    Das war etwa zur selben Zeit, zu der Gollek auf das Mädchen am Rosenheimer Bahnhof traf.
    Ausfahrt Wörgl-Ost, dann wieder nach Norden bis zur Raststätte Angath, so hatte es Spurny am Telefon beschrieben. Nein, nicht nötig, dass Sie extra hinkommen, Herr Spurny. Ich werd’s schon finden. Ottakring hatte den unbeugsamen Wunsch, allein zu sein.
    Von Wörgl-Ost nach Angath waren es zwei Komma fünf Kilometer. Eine hell erleuchtete Raststätte namens LandZeit , ein Hinweisschild zur Lkw-Tankstelle. Dieser Tafel folgte er nach rechts Richtung Osten. Er zählte sieben Lkws, die dort parkten. Wie schlafende Elefanten sahen sie aus. Das Dach zweier dieser Elefanten war mit Schnee bedeckt. Langsam fuhr er vor ihnen vorbei und stellte den Porsche mit der Frontseite zu einer Baumreihe, die sich am Rand des Parkplatzes ausbreitete. Ahornbäume meinte er zu erkennen.
    Die Scheinwerfer ließ er an, als er den Motor abstellte. Sie waren auf eine Bankgruppe mit einer Mülltonne daneben gerichtet. Er griff sich Taschenlampe und Kamera aus dem Handschuhfach. Bevor er ausstieg, warf er noch einen sorgfältigen Blick auf die Fundortfotos, die Spurny ihm geschickt hatte. Außerhalb des Scheinwerferkegels fand er schließlich die Gebüschgruppe auf dem Foto, in welcher der Finder die Glitzertasche entdeckt hatte. Es war das gleiche Bild: dürres Gebüsch, jetzt im April natürlich ohne Schnee und mit wenigen Knospen bedeckt. Er machte ein Foto.
    »Waaas suche du hirr?«
    Natürlich. Er konnte nicht erwarten, dass sein Vorgehen unbemerkt geblieben war. Langsam drehte er sich um.
    Dem Mann, der sich hinter ihm neben dem Porsche aufgebaut hatte, hätte er normalerweise nicht im Dunkeln begegnen wollen. Ein vierschrötiger Kerl wie ein Schrank in Jeans mit ärmellosem gelben Sweatshirt auf einem kraftstrotzenden Oberkörper. Ottakring fror beim bloßen Anblick. Hinter dem Mann tauchte ein zweiter aus dem Dunkel auf. Ohne Zweifel gehörten sie zu dem Lkw, der mit geöffneten Türen auf der gegenüberliegenden Seite der Durchfahrt parkte.
    Was sollte er denen sagen? Musste er überhaupt antworten? Es war seltsam. Er war ein freier Mann und konnte sich frei bewegen. Und trotzdem fühlte er sich gezwungen, dem Mann eine Antwort zu geben. Sich irgendwie für sein Handeln zu rechtfertigen. Albern! Andererseits: War es nicht in Ordnung, dass die beiden nachforschten, wenn sich jemand in ihren Augen verdächtig benahm?
    Der Riese machte einen Schritt nach vorn. Der andere war neben ihn getreten.
    Sollte er verkünden, dass er ein deutscher Kriminalrat sei, der dabei war, einen Mord aufzuklären? Das dröhnende Lachen wollte er sich sparen.
    Da vollführte Joe Ottakring den uralten Trick, den jedes Kind aus Filmen kennt. Er deutete nach links und riss Augen und Mund auf. Im selben Augenblick machte er einen Satz zum Porsche, schwang sich hinein, startete den Motor und fuhr mit quietschenden Reifen im Rückwärtsgang los. Die beiden Männer hatten ihn fast erreicht, als er an ihnen vorbei Richtung Tankstelle raste und verschwand.
    Was er sehen wollte, hatte er gesehen.
    Die Lkw-Fahrer gingen ihm nicht aus dem Sinn. Dieser Parkplatz war für Lkws ausgeschildert. Er hatte kein einziges anderes Fahrzeug gesehen, nur die sieben Laster. Was, wenn ein Lkw-Fahrer Selmas Handtasche an dieser Stelle weggeworfen hatte? Es erschien ihm als die wahrscheinlichste Lösung. Und führte nicht die Verbindung von Lkw und Selma Ruspanti dann automatisch zu der Vorstellung, dass sie in einem Lkw mitgenommen worden war?
    Neue Hoffnung keimte auf. Diese Spur würde er als Erste weiterverfolgen.
    * * *
    Thorsten Gollek überlegte. Wenn er sich dieses Mädchen mitten im Bahnhofsgetümmel schnappte, würde er zu viele Spuren setzen. Er blieb vollkommen ruhig und gelassen. Eine Entscheidung wie vor dem Kauf eines Rucksacks oder einer Kinokarte. Nicht die

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