Jenseits der Augenlider: Garandors Licht (German Edition)
Womöglich dachten sie, dass Dante und Garandor bereits an ihnen vorbeigezogen waren und versuchten so rasch wie möglich zur Brücke zu gelangen, in der Hoffnung die Gruppe dort zu vereinen.
Während sich Dante weiter den Kopf darüber zermarterte, was mit dem Elfen und dem jungen Dieb geschehen sein konnte und Garandor ihm stillschweigend, Nichts denkend folgte, gelangten sie an die Brücke. Sie war nicht breit, drei Schritte, maximal. Er und Garandor konnten sie Seite an Seite überqueren, doch das hielten beide Gefährten für äußerst riskant.
Dante hatte nicht in Betracht gezogen, dass diese Brücke ein Hindernis werden konnte, doch als er versuchte hinüber zu gehen, wurde ihm schlagartig bewusst, dass sie spiegelglatt war. Die Oberfläche bestand aus reinem Eis. Blinzelnd blickte er die zweifelhaft natürliche Architektur des Gebirges an.
„ Ich werde als Erster hinübergehen, Garandor.“ sprach er schließlich mit zusammengeschabtem Mut.
Ein nicht allzu überzeugt wirkendes Nicken war die Antwort.
„ Bloß nicht nach unten sehen.“ sprach Dante sich selber die nötige Courage der Verzweiflung zu. „Es wird mit Sicherheit nicht so schlimm werden.“
Mit diesen Worten tat er die ersten Schritte. Garandors ängstliche Augen begleiteten den schwankenden Krieger bei der Überquerung, spendeten ihm stille Unterstützung.
Nach einer kurzen Phase der Eingewöhnung, überquerte Dante das etwa zweihundert Schritt lange Hindernis mit relativer Leichtigkeit und winkte dem Zwerg zu, es ihm gleich zu tun.
Garandor atmete tief ein, als er zuerst seinen rechten, dann mit enormer Vorsicht, seinen linken Fuß auf die Brücke setzte. Die Arme hielt er ausgebreitet, um das Gleichgewicht besser halten zu können.
Wenn ich hier jemals lebend heraus komme habe ich eine hervorragende Geschichte für meine Enkel,
scherzte er, in einem Anflug der verbitterten Verzweiflung spaßlos mit sich selber. Einen Fuß vor den Anderen; Schritt für Schritt.
Er benötigte mehr Zeit als Dante und rutschte mehrere Male beinahe ab, doch letzten Endes bewältigte auch Garandor die Aufgabe und spürte Stolz in sich einziehen. Als er jedoch sah, wie ihr Weg sich fortsetzte, verschwand seine hoffnungsvolle Laune schlagartig. Sie mussten den anderen Berg mit der exakt gleichen Methode herabklettern, wie sie den vorherigen erklommen hatten. Ewige Kreise um die diesmal stets breiter werdende Spitze.
Auf einmal fiel Garandor etwas auf. Unter ihnen befand sich ein Plateau. Es lag etwa sechs Kreise von ihrer jetzigen Position entfernt, was ein paar hundert Schritten entsprach. Zwei entfernte Figuren standen sich auf dem flachen Terrain gegenüber und schienen sich zu unterhalten.
„ Dante. Sieh mal.“ meinte der Zwerg und blickte kurz zum Menschen, welcher orientierungslos seinen Kopf in alle Himmelsrichtungen drehte.
„ Dort unten. Auf dem Plateau.“ Der Mensch folgte dem zwergischen Finger mit seinen Augen, welche sich plötzlich weiteten und gemeinsam mit dem Grinsen auf seinem Gesicht das Bild der Glückseligkeit vollendeten.
„ Ich sehe sie.“ rief er erleichtert. Er winkte ihnen zu, doch sie nahmen die Bewegung nicht wahr. Ihre Augen waren auf etwas fixiert. Das war trotz der immerhin siebzig Schritte unschwer zu erkennen, da weder Waldoran noch Lannus den Kopf um Haaresbreite gedreht hatten, seit sie entdeckt worden waren.
„ Lass uns hinabsteigen.“ meinte Dante im Fortgehen. Garandor fiel es jedoch schwer mit der Geschwindigkeit des Menschen mitzuhalten; die kurzen Beine und vor allem der tiefe Schnee waren schuld. Stolpernd lief er so rasch er konnte hinter dem Krieger her, doch verlor ihn bereits nach wenigen Schritten aus den Augen. Er bemühte sich, sein Tempo noch ein wenig zu erhöhen. Ohne Erfolg. Er verlor die Kontrolle über seine Beine und fiel hin. Durch die Neigung des Hangs rollte er stets schneller, vermochte es nicht anzuhalten. Glücklicherweise befand er sich bald auf der letzten Geraden und raste direkt auf seine wiedervereinten Freunde zu. Schlitternd, von Rückenschmerzen geplagt, kam er letztendlich vor ihren Beinen zu stehen, indem Waldoran leicht einen Fuß auf seinen Wanst stellte. Grummelnd richtete Garandor sich auf, während er den Schnee von seiner Rüstung klopfte. Lannus und Dante lächelten ihn an, lediglich Waldoran zeigte wie gewohnt keine Regung in seinem Gesicht, woran sich der junge Zwerg mittlerweile gewöhnt hatte. Selbst wenn er etwas köstlich, amüsant, traurig oder rührend
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