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Jenseits der Eisenberge (German Edition)

Jenseits der Eisenberge (German Edition)

Titel: Jenseits der Eisenberge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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war so kalt.
    Kirian versuchte, zurück in die Bewusstlosigkeit zu fliehen, aus der ihn irgendetwas gerissen hatte, doch das erlaubte man ihm nicht.
    „Wach endlich auf, verfluchter Bastard!“
    Diese Stimme, er hatte sie schon einmal gehört. Kirian stöhnte vor Schmerz – die Stimme des Mannes, der gerade unerbittlich auf ihn einschlug, sie war mit Schmerz und Hass verbunden. Er versuchte sich vor den Hieben zu schützen, sich zusammenzurollen und hoffte, die Dunkelheit würde ihn verschlingen, bevor die Schmerzen unerträglich wurden. Doch der Lederriemen schlug erbarmungslos auf seinen ausgekühlten Körper nieder, die Stimme schrie ihn an, zwang ihn zu erwachen. Sich der brennenden Kälte und dem Elend zu stellen, die sein Dasein ausmachten.
    Da war eine weitere Empfindung. Kirian dachte darüber nach, während sein Bewusstsein noch versuchte, in die Dunkelheit zurückzufliehen, wodurch dieses Gefühl sich verstärkte. Zorn. Ja, das war es: Flammender Zorn auf diesen Mann, der es wagte, ihn zu quälen. Der Riemen traf auf seinen ungeschützten Hals. Zischend vor Schmerz öffnete er die verklebten Augenlider. Um ihn herum war alles weiß, erfüllt von flüchtigen Schemen. Einen Moment lang fürchtete er, erblindet zu sein, aber dann verstand er, was er sah sowie den Grund für die bittere Kälte: Er befand sich inmitten eines Schneesturms.
    Die Schläge hörten auf, als Kirian den Kopf hob.
    „Mebana? Der Sklave lebt, er ist wach!“
    Kirian richtete sich auf, ignorierte die vielfältigen Schmerzen seines gemarterten Körpers – das dumpfe Dröhnen des Schädels, das Brennen seines Rückens, die prickelnden Nadelstiche in Füßen und Händen. Das alles mochte ihn hindern, sich wie ein Raubtier auf den Feind zu stürzen, der ihn geschlagen hatte, doch er wollte nicht länger hilflos geschehen lassen, was man ihm antat.
    „Gib ihm von dem Trank, und dann soll er mit anpacken. Wir brauchen jede Hand hier!“
    Lauernd blickte sich Kirian um, aber er sah nicht, wer diese Worte gesprochen hatte. Er befand sich auf einem Holzkarren, der vollgeladen war mit Säcken und Kisten. Ein Mann kniete neben ihm, verhüllt von einem dicken Mantel. Sein Peiniger. Kirian unterdrückte den Impuls, diesen Feind zu töten. Vermutlich hätte er nicht einmal die Kraft dazu aufbringen können, wie er sich widerwillig eingestehen musste. Übelkeit und Schmerzen drohten ihn bereits zu überwältigen, alles drehte sich vor seinen Augen. Sein Verstand hingegen raste, suchte gierig nach Auswegen, nach Wissen darüber, wo er sich befand, warum man ihn hierher gebracht hatte und wer seine Feinde waren. Was war denn nur geschehen?
    „Wach bleiben!“ Ein harter Schlag traf seine Wange, kraftlos prallte er gegen eine Kiste. So schwach war er, er hasste es! Sein Feind packte ihn an den Haaren und riss ihn hoch. Etwas Hartes wurde gegen seine Lippen gepresst. Noch bevor Kirian sich selbst hindern konnte, schluckte er bereits die ölige Flüssigkeit, die über seine Zunge rann. Es schmeckte nach Kräutern und Alkohol, und irgendetwas, was er nicht benennen konnte. Nicht der übelste Trunk, den er je hatte schlucken müssen, auch wenn es ihm Mund und Rachen bis hinab in den Bauch verbrannte. Hustend rollte er zur Seite und wartete. Man wollte, dass er irgendeine Arbeit verrichtete, also musste der Trank wohl der Stärkung dienen. Schon spürte er, wie sich Wärme in ihm ausbreitete und die Schwäche zurücktrieb.
    „Hoch mit dir, Sklave!“ Ein weiterer Hieb klatschte auf seine Schultern nieder.
    „Lass das, Ruquinn!“
    Kirian blickte auf. Eine massige Gestalt ragte neben dem Karren hoch, ebenfalls von Mantel und Kapuze verhüllt.
    „Mebana?“ Sein Feind verneigte sich vor dem Fremden, mit Respekt in der Stimme.
    „Wenn du ihn zum Krüppel schlägst, nutzt er mir nichts mehr! Und warum ist er halb nackt? Ich hatte befohlen, dass er einen Mantel und Stiefel bekommt. So erfriert er nur.“
    „Sofort, Mebana.“
    Kirian richtete sich wieder auf und versuchte, den Fremden deutlicher zu erkennen. Ruquinn, das war bloß ein Diener, vielleicht ein Sklavenaufseher. Wenn er lebend entkommen wollte, musste er sich mit diesem Mebana auseinandersetzen.
    „Ich bin nicht dein Besitzer, Sklave. Du bist Eigentum von Layn Kumien, Herrscher über Irtrawitt. Lediglich für die Dauer dieser Reise bin ich dein Herr. Du hast mich mit Mebana anzusprechen, mein Name ist zu gut für dich. Merk dir diesen Titel, so rufst du jeden deiner Herren.“
    Der Fremde

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