Jenseits der Eisenberge (German Edition)
jener Waffen, die sein Wappen trugen. Seine beiden Begleiter verfuhren genauso.
„Nimm diese Sachen mit und übergib sie Tomar. Er weiß, was das bedeutet. Warne ihn, Albor, warne ihn, dass ein Angriff auf Weidenburg innerhalb der nächsten Wochen unausweichlich bevorstehen wird. Er hat bereits den Befehl, jeden fortzuschicken, der entbehrlich ist, und einen Fluchtweg für sich und die Soldaten zu schaffen. Erinnere ihn bitte in meinem Namen noch einmal daran, dass es sinnlos ist, für ein Stück gemauertes Gestein zu sterben.“ Grimmig umkrampfte Lys mit der Faust seinen Siegelring, bevor er auch diesen in Albors Hand fallen ließ. Er wusste nur zu gut, dass es nicht ohne Opfer ausgehen würde. Dass er das Leben seiner Soldaten riskierte, um einen einzelnen Mann zu retten. Doch er konnte einfach nicht anders!
„Tomar wird dir sagen, wo Anniz mit meinem Sohn zu finden ist. Nimm sie mit dir und schick ihm die Soldaten zurück.“
„Du schenkst einem Krüppel mehr Vertrauen darin, dein Kind zu beschützen, als deinen eigenen Leuten?“ Albor schnaubte. Er hielt seine linke Hand hoch und offenbarte die Stümpfe, wo einst Ring- und kleiner Finger gewesen waren.
Lys hatte ihn damals gerettet und Kirian für sein Überleben gesorgt. Aber es war allein Anniz’ Verdienst, dass er wieder Freude an diesem Leben besaß. Lys’ Amme, die ebenso wie Albor alles verloren hatte, was sie liebte, hatte sich zwar noch nicht offen zu ihm bekannt, doch sie ließ keinen Zweifel an ihrer Zuneigung zu diesem Räuber.
„Ich weiß, dass du deinen letzten Blutstropfen geben würdest, um Anniz zu schützen, und sie würde Lynn niemals loslassen, solange sie noch atmet“, erwiderte Lys mit einem Lächeln. „Außerdem werden drei oder vier Soldaten keinen Unterschied machen, sollten Feinde sie aufspüren. Maruv begnügt sich nicht mit kleinen Truppen; wenn er in den Kampf zieht, dann mit allem, was er aufbieten kann. Es braucht also einen klugen Kopf, Erfahrung und Geschick im Verstecken und Fliehen, um meinen Sohn zu beschützen, keine Waffengewalt. Ich könnte niemanden mehr in dieser Sache vertrauen als dir, Albor – mit Kirian als einzige Ausnahme.“ Er verzog für einen Moment das Gesicht. Es schmerzte, an Kirian zu denken. „Zitiere mich bitte wörtlich, wenn du mit Tomar sprichst: Mir ist es lieber, diese verdammte Burg wird bis auf die Grundmauern geschliffen, als das nur ein einziger Mann sterben muss, um sie zu verteidigen.“
„Herr, Eure Burg ist ein Symbol Eurer Macht. Ist sie gefallen, seid Ihr von Eurem Feind besiegt und müsst Euch unterwerfen!
Gleichgültig, ob Ihr anwesend seid oder nicht“, mischte sich Erek ein, und Nikor nickte so heftig, dass seine rötlich-blonden Haare wie Flammen im Mondlicht aufleuchteten.
„Nicht ganz falsch, aber auch nicht richtig“, erwiderte Lys mit einem müden Lächeln. „Unser verehrter König kann Weidenburg niederbrennen, wenn er einen triftigen Grund vorheucheln kann – etwa dass er glaubte, meine unerklärliche Abwesenheit hätte Strauchdiebe veranlasst, die Burg zu stürmen und besetzen. Doch er kann mich nicht töten oder öffentlich entmachten, will er einen Bürgerkrieg verhindern. Ich bin der Erbe von Corlin, Lichterfels und Onurs Thron. In allen drei Fällen der einzige Erbe, bis mein Sohn mündig geworden ist. Schafft er mich aus dem Weg, werden alle, die unter mir stehen, um die Macht kämpfen. Maruv weiß das.“
„Warum schickt er dich dann auf eine Queste, die mit hoher Wahrscheinlichkeit dein Leben fordern wird?“, fragte Onkar stirnrunzelnd.
„Er schickt mich nicht, das ist der Punkt. Wenn ich losrenne und in der Fremde mein Leben verliere, ist das meine eigene Dummheit, nicht Maruvs Schuld! In diesem Fall kann er eine höchst traurige und ergreifende Grabrede sprechen und einen Mann seiner Wahl zum Vormund meines Sohnes bestimmen, bis Lynn alt genug ist, sein dreifaches Erbe anzutreten. Bis dahin wäre der Junge vollständig unter dem Einfluss seines Vormundes erzogen worden, um Maruvs Vorstellung eines geeigneten Herrschers so nah wie möglich zu kommen. Wäre ich nicht in jeder Hinsicht das Gegenteil von dem, was der König sich wünscht, hätte ich einigen Kummer weniger.“
„Also noch mal: Bringt der König, dein Vater oder Fürst von Lichterfels dich einfach um – na ja, oder egal, irgendjemand von den Oberen halt, gibt es Krieg. Bringen die dich dazu, dass du dir alleine den Hals brichst, bleiben alle friedlich und akzeptieren, wen auch
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