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Jenseits der Eisenberge (German Edition)

Jenseits der Eisenberge (German Edition)

Titel: Jenseits der Eisenberge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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Sohn?“ Der fremdartige Akzent verlieh dem Layn einen aufregenden Klang, der Lys’ Verwirrung weiter vergrößerte. Trotzdem gelang es ihm, den Kopf zu schütteln, soweit die Hand an seinem Kinn dies gestattete. Lys versuchte, sich auf die Muster der Tunika zu konzentrieren, die mit Goldfäden in den dunkelblauen Stoff gewirkt waren. Es half ein wenig, sich abzulenken.
    „Die beiden Toten sind zu jung und haben ihm auch nicht ähnlich gesehen“, warf einer der Wächter ein, der bei dem Kampf dabei gewesen war. „Trotzdem, der Junge hat Ruquinn getötet, und das nicht aus Versehen. Er wurde am Schwert ausgebildet!“
    „Ist es Sitte in Onur, Knechte mit dem Schwert zu betrauen?“, fragte der Layn spöttisch, verstärkte dabei den Druck noch mehr, bis Lys vor Schmerz keuchte.
    „Ich …“, presste er stöhnend hervor, konnte aber erst weitersprechen, als der Griff etwas gelöst wurde. „Ich bin ein Bastard, Herr, mein Vater ließ mich ausbilden, um meinem Halbbruder und dessen Vetter zur Seite zu stehen. Dunkart ist häufig in Kämpfe verwickelt.“
    „Gewiss, das Spiel , mit dem ihr euch da drüben amüsiert … Ein Bastardsohn also. Was kannst du noch, außer mit dem Schwert zu kämpfen?“
    „Reiten und Bogenschießen, Herr. Außerdem Lesen und Schreiben.“ Lys biss sich auf die Lippen, um nicht noch mehr zu verraten. Selbst die meisten Hochadligen lernten niemals, mehr als ihre eigenen Namen zu schreiben; dafür gab es schließlich Männer, die man für solche Dienste bezahlen konnte.
    Layn Kumien hob erstaunt die linke Augenbraue, und Lys fuhr hastig fort: „Vater hasste Schreiber, er sagte immer, schreib es selbst, dann weißt du wenigstens, was drin steht . Er hatte große Angst vor Verrat.“ Nun, wenigstens das entsprach der Wahrheit!
    „Ein kluger Mann, dein Vater“, sagte der Layn mit einem spöttischen Lächeln. Er gab Lys frei, streichelte ihm dabei kurz sanft über die Wange. Lys sank in sich zusammen, sein geschundener Körper weigerte sich, noch länger in dieser Haltung auszuharren. Diesmal traf ihn zumindest keine Klinge. Am ganzen Leib bebend blieb er tief gebeugt auf den Knien liegen, mit der Stirn am Boden. Zu viel Schmerz …
    „Was mache ich denn jetzt mit dir?“ Lederstiefel traten in sein Blickfeld. Lys roch Erde und Pferdemist, offensichtlich war der Layn ausgeritten, bevor er sich in die Halle begeben hatte. „Als Kämpfer kann ich dich wohl kaum gebrauchen, du bist mir zu schmal. An die Minen wärst du sinnlos verschwendet, als Kammerdiener unterfordert bei so vielen Talenten …“
    Lys stöhnte gequält, er war so erschöpft, dass es ihm mittlerweile fast egal war, welches Schicksal der Layn ihm zugedacht hatte. Nur fast – der unverhohlene Spott in der Stimme des Herrschers ließ nichts Gutes erahnen.
    „Nun, mir fällt gewiss noch etwas ein. Maggarn!“ Layn Kumien klatschte mehrmals in die Hände und trat dann ein Stück von Lys zurück.
    „Mebana?“ Eine neue Stimme, Lys konnte nicht sehen, wer dort in die Halle gekommen war.
    „Nimm diesen Jungen hier mit, sorg dafür, dass er gewaschen, abgefüttert und ordentlich bekleidet heute Abend in meinem Schlafgemach sitzt, wenn ich mich zurückziehen will. Er muss angebunden werden, ich fürchte, er ist noch ein bisschen ungezähmt.“
    Entsetzt hob Lys den Kopf, unfähig zu denken. Er weigerte sich zu begreifen, was diese Befehle bedeuten sollten!
    Ein stämmiger Mann in goldbestickter Livree tauchte vor ihm auf und zwang ihn hoch auf die Füße. Er brummte ungeduldig, als Lys ihm wegsackte, packte ihn mit beiden Händen und trieb ihn dann vorwärts, halb schiebend, halb ziehend. Lys wandte den Kopf, starrte den Layn an, der ihn mit einem Blick bedachte, der ihn vor Grauen zurückzucken ließ – das selbstgefällige Lächeln ließ keinen Zweifel, es sagte nur zu deutlich: Du bist mein.
     
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    Stunden später erwachte Lys aus unruhigem Schlaf, geweckt von einer Berührung am Arm.
    Maggarn hatte ihn über den Hof in ein angrenzendes Gebäude verschleppt, das sich als Badehaus entpuppte, ihn hier von seinen Fesseln und Kleidern befreit und dann der Obhut zweier kräftiger Frauen überlassen. Die Mägde schubsten ihn in ein flaches Mamorbecken, das bis zum Rand mit heißem Wasser gefüllt war, und wuschen ihn darin wie ein Kleinkind. Die ganze Zeit über sprachen und lachten sie dabei über ihn, als wäre Lys tatsächlich ein Säugling, unfähig, sie zu verstehen – oder vielleicht doch eher ein

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