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Jenseits der Eisenberge (German Edition)

Jenseits der Eisenberge (German Edition)

Titel: Jenseits der Eisenberge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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glauben, dass er aus Liebe das Spiel aufgab. Ihr eigener Vater war dazu nicht in der Lage gewesen …
    „Elyne? Komm, wir reiten in die Burg. Wir müssen Lynn finden und ganz sicher sein, dass niemand weiß, wo Lys sich aufhält, nur dann können wir ihn für verschollen erklären“, sagte Archym, der unbemerkt hinter sie getreten war.
    „Mein Sohn, ja, gewiss“, murmelte Elyne. Als ob Lys seine Soldaten in Sicherheit bringen und sein eigenes Kind hier den Wölfen zum Fraß überlassen würde!
    Neugierig musterte sie Tomar, den sie schon so lange kannte, wie sie denken konnte. Nie hätte sie geglaubt, er würde den Mut besitzen, sich in solche Gefahr zu begeben – es konnte nicht mehr lange dauern, bis auch Maruv klar werden würde, dass Lynn genau wie sein Vater verschwunden war und damit ein entscheidender Spielstein außer Reichweite rückte. Der König würde toben und Rache suchen. Ob Tomar tatsächlich bereit war, für Lys zu sterben?
    Und ich? Was tue ich hier , dachte sie voller Selbstverachtung.
    Ob auch ich zu Lys’ Plänen gehöre? Nun, es wird Zeit, meine Rolle zu erfüllen – die Herrin von Weidenburg ist heimgekehrt. Obacht, ihr edlen Herren …
     
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    Lys lag auf den Knien, die Hände auf dem Rücken gefesselt, den Blick fest zu Boden gerichtet. Ein schöner Fußboden war es, der diese Halle schmückte, mit kunstvollen Mosaiken ausgelegt. Unmittelbar vor ihm befand sich das Bild einer Badeszene, mit mehreren nackten Männern und Frauen und einigen mystischen, geflügelten Wesen. Es war ein geschmackvolles Bild ohne jede Obszönität und so vielen Details, dass es ihm leicht fiel, sich darin zu verlieren und wenigstens für eine Weile seine Lage zu vergessen. Ereks und Nikors Tod. Seine ungewisse Zukunft. Die schwer bewaffneten Wächter in seinem Rücken. Lys musste warten, bis der Layn sich bequemte, die Halle zu betreten und über ihn zu richten. Als es endlich soweit war, konnte er sich kaum noch aufrecht halten, es mussten Stunden vergangen sein. Wann immer er versucht hatte, seine Position zu ändern, um seine tauben Knie zu entlasten, hatte ihn einer der Wächter mit dem Schwert geschlagen, auf Arme, Rücken oder Gesäß. Zwar mit der flachen Seite, sodass es ihn nicht verletzte, doch das Metall war hart und schmerzhaft.
    „Das ist er also?“, fragte eine tiefe Stimme.
    Lys sah hoch und erschauderte innerlich: Layn Kumien war eine imposante Erscheinung. Ein Mann mit dunklem, kurzen Haar und gepflegtem Kinnbart, der ungefähr in der Mitte seines dreißigsten Lebensjahres stand, mit dem muskulösen Körper eines Kriegers und dem strengen Blick eines Herrschers. Er musste sich zwingen, diesem Blick standzuhalten, und es gelang ihm, was ein amüsiertes Funkeln in den bernsteinfarbenen Augen aufleuchten ließ. Der Kontrast zwischen dem dunklen Haar und den sehr hellen Augen war faszinierend, genauso wie das markant geschnittene, ebenmäßige Gesicht. Langsam schritt er die Treppe hinab und kam auf Lys zu, mit all dem Selbstbewusstsein eines Jägers, der sich seiner Beute sicher war.
    Die Erinnerung an eine fast identische Situation vor einigen Jahren, als Lys gefesselt vor Kirian gekniet hatte, erschütterte ihn so sehr, dass er den Kopf zur Seite wenden musste, um den Anblick dieses Mannes nicht länger ertragen zu müssen. Eine harte Hand packte ihn am Kinn und zwang ihn, wieder hochzusehen.
    „Man sagte mir, dass du für einen einfachen Knecht viel zu gut kämpfen kannst, und ich sehe erschreckend wenig Demut“, sagte der Layn. Es lag kein Vorwurf in seiner Stimme, eher eine Mischung aus Nachdenklichkeit und Belustigung. Lys konnte nicht antworten. Er fühlte sich wie ein kleiner Junge in der Hand dieses Mannes, hilflos ausgeliefert und schwach.
    Bleib so!, dachte er verzweifelt. Je schwächer du scheinst, desto weniger wird man dich für einen verkleideten Fürsten halten! Nicht, dass er sich auch nur ansatzweise wie ein stolzer Fürst gefühlt hätte …
    „Hast du mir nichts zu sagen?“ Die Finger des Layn erhöhten den Druck auf Lys’ Kiefer, der Daumen bohrte sich schmerzhaft in seine Wange. Lys hasste sich selbst dafür, dass er vor Angst zu zittern begann und beglückwünschte sich gleichzeitig, war es doch genau richtig für seine Tarnung. Diese Verwirrung seiner Gedanken und Gefühle ließen ihn schwanken, nur Layn Kumiens Griff verhinderte, dass er in sich zusammenbrach.
    „Könnte es sein, dass du gar nicht der Knecht des Großherrn von Dunkart warst, sondern sein

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