Jenseits der Eisenberge (German Edition)
Kleidungsstück, das man ihnen zusätzlich zum Waschen zugeworfen hatte. Dabei behandelten sie ihn zwar eher grob, nahmen aber zumindest Rücksicht auf seine Verletzungen. Von den Schlägen mit der Schwertklinge hatte er zahllose Blutergüsse davongetragen, die sich mittlerweile größtenteils schwarz verfärbt hatten. So schmerzhaft es im ersten Moment war, so wohltuend wirkte das heiße Wasser. Lys blendete die Frauen so gut es ging aus und entspannte sich ein wenig.
Sie schnalzten missbilligend mit der Zunge, als sie seine Narben an Rücken, Hüfte und Handgelenken entdeckten, die er teilweise Kirian, teilweise Freiherr von Hyula verdankte, der ihn von einem Pferd über die Straße hatte schleifen lassen.
„Das mindert seinen Wert wohl erheblich, oder?“ Die Mägde schwatzten weiter, zerrten Lys dabei aus dem Wasser, trockneten ihn mit rauen Tüchern ab und steckten ihn in schwarze, goldbestickte Kleider, die ähnlich geschnitten waren wie die der Diener, bloß schlichter.
„Ah was, der taugt weiterhin für jegliches Vergnügen. Ein Pferd reitet man schließlich auch, wenn es gebrandmarkt ist, es muss nur laufen können!“
Als sie mit ihm fertig waren, wurde er wieder von Maggarn übernommen und zurück in den Hauptpalast gebracht, wobei ihn der kahlköpfige Diener diesmal beinahe tragen musste. Lys war erschöpft, hätte aber trotz immenser Schmerzen durchaus gehen können. Allerdings sah er keinerlei Sinn darin, es seinen Peinigern leicht zu machen, ihn zu quälen. Aus Erfahrung wusste er, dass Widerstand nur Schmerz brachte, völlige Ergebenheit hingegen eher dem anderen Mühe bereitete. Maggarn versuchte gar nicht erst, ihn mit Schlägen oder Tritten zu zwingen, selbst zu laufen, er musste davon ausgehen, dass Lys tatsächlich zu keiner Bewegung mehr fähig war. Er flößte ihm Tee und etwas Suppe ein und brachte ihn dann in das Schlafgemach des Layn. Ein niedriges, sehr großes Bett mit durchsichtigen Vorhängen stand in der Mitte, reich verzierte Möbel aus dunklem Holz sorgten für jeglichen Komfort. Auch hier fanden sich Mosaiken am Boden, mit sinnlicheren Abbildungen allerdings als in der Halle. Die großen Fenster an der
Süd- und Ostseite waren geöffnet, ließen das Licht der untergehenden Sonne herein und boten Ausblick auf Berge und lichte Wälder.
Maggarn legte Lys ein Stahlband um den Hals, das ihn mittels einer Kette an die Wand fesselte. Er schien das noch nie gemacht zu haben, denn die Kette war zu kurz, als dass Lys sich hätte auf den Boden legen können. Gleichgültig ließ er sich gegen Wand sinken und schloss die Augen, bereit, auch in dieser Stellung zu schlafen, in der sich das Band in seine Kehle einschnitt, wenn es sein musste. So müde … es hätte demütigend sein müssen, wie ein Hund angebunden zu sein, doch es war ihm egal. Er spürte, dass Maggarn ihn stumm beobachtete, ignorierte es aber, bis der Mann ihn noch einmal packte.
„So erwürgst du dich ja, und ich bin’s dann schuld“, brummte er, löste ihn von der Kette und verschwand kurz aus dem Raum.
„Beweg dich keinen Fingerbreit, oder du wirst die Konsequenzen bitter zu spüren bekommen!“, drohte er scharf.
Lys schnaufte nur innerlich, er wäre in seiner Verfassung im Traum nicht auf die Idee gekommen, an Flucht zu denken. Stattdessen ließ er sich auf den Steinboden hinabgleiten, so rasch es seine zerschundenen Glieder gestatteten und wartete duldsam auf die Rückkehr des Kammerdieners. Er spürte kaum noch etwas davon, dass ihm Hände und Füße mit schweren Eisenschellen gefesselt und ein Stahlhalsband mit einer langen Kette angelegt wurde, die ihm erlaubte liegen zu bleiben; sondern dämmerte schmerzgekrümmt dahin, bis er schließlich fest eingeschlafen war.
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Etwas störte ihn.
Eine leichte Berührung am Arm, die ihn geweckt hatte. Lys wurde bewusst, dass ihn jemand umdrehte und sich an seinen Fesseln zu schaffen machte. Das metallische Klirren schreckte ihn hoch, blinzelnd öffnete er die Augen. Er brauchte einen Moment, bis er den Layn erkannte, der sich über ihn beugte und gerade das Halsband abnahm.
„Ausgeruht?“
Diese Stimme! Die Mischung aus Spott und warmer Zuneigung stürzte Lys sofort wieder in Verwirrung. Er wich zurück, soweit er konnte, kaum, dass er befreit war, kauerte sich schutzsuchend an die Mauer, ungeachtet der glühenden Schmerzen in seinem misshandelten Körper. Kumiens Gesicht verdüsterte sich einen Moment, dann stand er abrupt auf und wandte Lys den
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