Jenseits der Eisenberge (German Edition)
Soldaten und Söldner aus Lichterfels nicht nachgekommen, bis ihr Vater fast bereit gewesen war, alle Truppenführer hinrichten zu lassen. Auch in Purna schien sich alles gegen Maruv verschworen zu haben – Waffen zerbrachen, die Pferde verloren reihenweise ihre Hufeisen, die Ausrüstung wollte sich nicht zusammenfinden … Nun waren sie aber doch endlich angekommen. Ihr zog sich das Herz zusammen bei dem Gedanken, diese Burg bald angegriffen zu sehen. Lys mochte fort sein, Weidenburg mochte ihr nie ein Zuhause gewesen sein, und dennoch, sie konnte Maruv diesen Triumph einfach nicht zugestehen.
„Hauptmann, wenn Ihr das Lager errichtet, sorgt zuerst für die Unterbringung meiner Tochter. Es werden zwei Mann abgestellt, die nur für ihre Bewachung zuständig sind“, ordnete Archym an. Elyne zwang sich, ihm ein Lächeln zu schenken. Gewiss, sie war froh, sich bald von dem Ritt ausruhen zu können, und trotzdem …
„SEHT!“, brüllte plötzlich jemand aus dem Gefolge des Königs. Elyne blickte auf, fand aber zunächst nicht, was die Soldaten um sie herum in Aufregung versetzte. Dann allerdings wurde ihr klar, was sie sah: Die Zugbrücke wurde herabgelassen und das Haupttor der Weidenburg stand weit offen.
„Das ist ganz sicher eine Falle!“, murrte Archym und trieb sein Pferd an, um zu Maruv aufzuschließen. Elyne folgte ihm, woran niemand sie hinderte. An Tagen wie diesen liebte sie es, eine Frau zu sein, niemand hielt sie für wichtig genug, sie auch nur wahrzunehmen!
„Es ist keine Fahne gehisst. Überhaupt gar keine“, sagte Erebos gerade. „Als hätte mein Sohn die Burg vollständig aufgegeben.“
Es schmerzte Elyne, wie verächtlich der alte Fürst über Lys sprach.
„Das kann nur eine Falle sein. Wer reißt schon Tür und Tor für ein feindliches Heer auf?“ Maruvs Stimme schwankte unsicher. „Es sind keine Wachposten zu sehen, es ist unglaublich!“
„Dort“, murmelte Elyne. Eine einzelne Gestalt erschien auf der Zugbrücke, ein Mann, der eine weiße Flagge in den Händen hielt.
„Sieht nach dem Burgverwalter aus. Lasst ihn passieren!“, befahl Maruv.
„Mein König, Eure Edelgeborenen Herren, edle Dame“, sagte der Mann, als er nah genug herangekommen war, und verneigte sich fast bis zum Boden.
„Mein Name ist Tomar, ich bin der Verwalter von Weidenburg. Bitte, Waffengewalt ist unnötig, Ihr seid alle willkommen.“
„Wo ist Euer Herr?“, erwiderte Maruv gefasst.
„Lyskir von Corlin, Herr der Weidenburg, ist nicht zugegen. Er hat seinen Truppenführern Befehle gegeben, die mir nicht bekannt sind, nahezu alle Soldaten und Verteidiger der Burg sind in unterschiedliche Richtungen abgezogen. Ihr werdet feststellen, dass sich hier nur noch Knechte, Mägde, etwa ein halbes Dutzend Bewaffnete und jene Handwerker befinden, die für den Ausbau von Fürstin Elynes Schloss verantwortlich sind.“
Langes Schweigen folgte auf diese Erklärung, deren Bedeutung sie noch nicht vollständig erfassten.
„Euer Herr hat Euch also befohlen, jedem vorbeiziehenden Heer Einlass zu gewähren, statt die Burg zu verteidigen?“, fragte Archym schließlich ungläubig. „Jede dreckige Räuberbande ist willkommen?“
„Nicht ganz, Euer Edelgeboren. Mein Herr hat mich nicht in seine Pläne eingeweiht, er sagte mir lediglich zum Abschied, dass er nur eine Handvoll Soldaten zurücklässt und ich nichts tun soll, um das Leben der noch anwesenden Menschen hier zu gefährden. Wohin er seine Gardisten geschickt hat, kann ich Euch beim besten Willen nicht beantworten. Er wird wohl eine Fehde führen?“ Tomar verneigte sich erneut.
Maruv befahl einer Abordnung, in die Weidenburg einzureiten und die Dinge zu untersuchen. Es verging eine halbe Stunde, in der Archym dafür sorgte, dass man mit der Errichtung eines Lagers in Sichtweite der Burg begann – Weidenburg war zu klein, um das riesige Heer zu beherbergen, mit dem sie hier aufmarschiert waren. Der zurückkehrende Trupp bestätigte alles, was Tomar gesagt hatte und brachte noch einen Mann mit, der wie ein Stallknecht gekleidet war – möglicherweise ein königlicher Spion. Elyne konnte nicht belauschen, was Maruv und die beiden Fürsten besprachen, sie war auch ganz glücklich darüber. Sie brauchte diesen Moment für sich, um ihrer Gefühle Herr zu werden. Bis zuletzt hatte sie nicht glauben wollen, dass Lys in diese so offensichtliche Falle tappen würde. Sie liebte ihn dafür, dass er ihren Bruder nicht im Stich ließ, dennoch, sie konnte es nicht
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