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Jenseits der Finsterbach-Brücke

Jenseits der Finsterbach-Brücke

Titel: Jenseits der Finsterbach-Brücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Michaelis
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noch?«
    »So halb«, flüsterte ich zurück.
    »Mach mal die Taschenlampe an!«
    »Herzlich gerne«, antwortete ich und suchte mit der Hand das Geröll neben mir ab. Ich fand die Lampe sogar. »Die Birne ist hinüber. Tut … tut mir leid.«
    »Mist«, wisperte Joern. »Verdammter Mist! Lasse, bilde ich mir das ein oder ist er näher gekommen?«
    Ich lauschte auf den Atem des Kjerks. Er schien tatsächlich näher. Vielleicht konnte der Kjerk in der Dunkelheit sehen. Joern zog mich auf die Beine und dabei merkte ich, dass der Bogen ebenfalls zerbrochen war. Ich war auf ihn gefallen.
    »Wir müssen zurück«, flüsterte ich.
    Und so traten wir den Rückweg an. Alle paar Schritte blieben wir stehen und lauschten. Doch hinter uns war esstill. Der Kjerk folgte uns nicht. Ich hätte heulen können vor Wut, Enttäuschung, Angst und Scham. Schießen konnte ich, aber ich war zu blöd, um eine Taschenlampe zu tragen! Ein schöner Held!
    Wir kletterten stumm über das Geröll aufwärts und schließlich wieder die Stufen hinauf. Ich freute mich auf den Lichtstreifen der Tür.
    Doch da war kein Lichtstreifen mehr. Die Tür war geschlossen. Ich drückte dagegen – vergeblich. Auch mit vereinten Kräften gelang es uns nicht, sie zu öffnen.
    »Sie ist ins Schloss gefallen«, flüsterte Joern. »Ein Windstoß muss sie zugeschlagen haben.«
    Das fand ich seltsam, denn es war überhaupt kein windiger Tag.
    »Vielleicht kann der Kjerk machen, dass Türen von selbst ins Schloss fallen?«
    »Du hast es auch gehört?«, fragte Joern. »Vorhin? Die Sätze aus dem Brief?«
    »Ja«, sagte ich. »Das war seine Magie. Er kann noch viel mehr als Feuer speien.«
    »Komisch«, murmelte Joern. Er schien über etwas nachzudenken. Dann sagte er: »Wir könnten versuchen, einen anderen Ausgang zu finden. Es gibt sicher mehrere. Wenn wir in der Höhle den rechten Gang nehmen …«
    »Und wenn der Kjerk jetzt über das Geröll heraufgekrabbelt ist und irgendwo auf uns wartet? Wenn er sich inzwischen von der Wunde erholt hat?«
    »Dann findet er uns früher oder später auch hier«, sagteJoern. »Mir ist es lieber, er schlitzt uns irgendwo in der Höhle die Kehle auf und nicht direkt neben der Tür in die Freiheit. Das hätte so etwas Dummes.«
    Ich hätte gern gelacht, aber ich fühlte mich nicht nach Lachen.
    Als wir die Treppe zum zweiten Mal hinuntertappten, kam sie mir unendlich lang vor. Ich tastete mich hinter Joern an der Wand entlang und die Wand war so feucht wie die Stufen, glatt und abweisend wie ein Aal. Einmal huschte etwas unter meinen Fingern davon und ich schrie auf, obwohl ich wusste, dass es lächerlich war.
    Es schien eine Ewigkeit zu dauern, ehe wir die Höhle erreichten, und eine weitere Ewigkeit, ehe wir uns bis zum rechten Gang vorgetastet hatten. In diesem Gang gab es kein Geröll. Man musste sich ducken, so niedrig war die Decke, und die Wände rückten enger zusammen, als einem lieb sein konnte. Irgendwann krochen wir auf allen vieren über den kalten Erdboden. »Und wenn dieser Tunnel nirgendwohin führt?«, flüsterte ich. »Wenn die Decke nur immer und immer niedriger wird, bis wir feststecken und nicht mehr vor und nicht mehr zurück können?«
    »Zurück kann man immer«, sagte Joern, doch ich war mir nicht sicher, ob er recht hatte.
    Kurz darauf wurde der Gang wieder höher und breiter und irgendwann sagte Joern: »Warte mal. Hier gabelt er sich. In den Büchern aus der Leihbücherei biegen die Helden bei solchen Abenteuern an allen Gabelungen rechts ab.«
    »Ich weiß«, sagte ich.
    Wir standen eine Weile still und ich glaube, wir dachten beide darüber nach, was das Rechtsabbiegen nützen sollte. Da bahnte sich ein feines Geräusch seinen Weg durch die Finsternis zu uns.
    »Joern«, flüsterte ich, »hörst du das?«
    Es war ein leises Klopfen und Hämmern, als würde jemand mit einem Metallgegenstand auf die Felswände schlagen, in einem regelmäßigen Rhythmus: dimm-didimm-didimm-didimm-dimm. Und wieder von vorne: dimm-didimm-didimm-didimm-dimm.
    »Das ist kein Tier«, sagte Joern. »Das ist ein Mensch. Irgendwo da oben ist ein Mensch.«
    Das Geräusch kam aus dem linken Gang und so verwarfen wir die Lehre sämtlicher Abenteuerbücher und bogen links ab. Dimm-didimm-didimm-didimm-dimm.
    »Es wird lauter«, sagte Joern aufgeregt. »Und es erinnert mich an etwas. Oh nein, hier ist noch eine Gabelung.«
    Dimm-didimm-didimm-didimm-dimm. Diesmal kam es von rechts. Wir folgten dem Geräusch wieder und nun schien der

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