Jenseits der Finsternis - Eine Vampir Romanze (German Edition)
an sein Leben als junger Mann. Es war eine Erinnerung an das Leben selbst. Er dachte an die Hoffnungen und die Zuversicht zurück, die er in die Zukunft gehabt hatte. Das Gras von Wales in England. Die warme Luft, der Wind, der vom Ozean kam. Seine Welt war strahlend und neu und voller Möglichkeiten. Aber die Schatten kamen schnell, unaufhaltsam, wie Wolken im Sonnenschein. Nur, dass sie sich nie wieder verzogen.
Die Schatten blieben, und sein aufgewühltes Blut wurde kälter als der Mond.
„ Linda“, sagte er und trank einen Schluck. Er füllte sein Glas nach und kehrte zum Fenster zurück. In seinem Armani-Anzug fühlte er sich, als würde er nackt dem Reich der Finsternis gegenüberstehen. Aber dieses Gefühl war er gewohnt. Schließlich hatte er den Großteils seines ewigen Lebens nichts anderes gekannt. Dennoch bevorzugte er die Sternenlichter New Yorks der Stille seines einsamen Raums.
Er dachte zurück an Lleyn, an die sorglosen Jahre in Stonebury. Die Erinnerung an den salzigen Duft der Irischen See erfüllte ihn. Er hörte das Kreischen der Turmfalken, sah die würdevolle Demut der Bögen und Säulen jener alten gotischen Zisterzienser-Abtei. Nur zu gut erinnerte er sich an die weiß verputzten Arkaden. Viel Zeit hatte er mit den Mönchen dort verbracht, und er entsann sich der bedeutendsten Weisheit, die sie ihn gelehrt hatten:
Schweigen.
Er sehnte sich zurück in die Gemeinschaft jener bescheidenen Männer, die ihm erlaubt hatten, sie als seine Brüder zu bezeichnen, obwohl er kein Teil der Bruderschaft gewesen war.
Ebenso erinnerte er sich an die Zerstörung. Die Bilder der Vernichtung blitzten in seiner Erinnerung auf. Das Feuer, die Schreie.
Das Blut.
All das vergossene Blut. Die schweigenden Mauern von Stonebury waren gefallen. Die grünen Wiesen von Wales waren getränkt worden. Von Blute satt hatten sie sich in ein Schlachtfeld verwandelt. Berengar von Lleyn hatte all diese Schrecken über die friedliche Bruderschaft gebracht.
Ein Schlachtfeld ohne Tote.
Der Gedanke daran ließ ihn erschauern. Selbst ihn, der die Macht jener Finsternis in sich trug und hütete wie ein schreckliches Geheimnis. Die Mönche waren nicht einfach getötet worden. Ihr Widersacher hatte sie einem viel schrecklicheren Schicksal zugeführt.
Die Wölfe kehren zurück , dachte er. Die Pforten öffnen sich. Es ist Zeit zu handeln.
Seine Gedanken kehrten zurück zu der jungen Ärztin, die in ihm etwas ausgelost hatte, das er schon lange vergessen hatte. Ein Gefühl der...
...Hoffnung.
Aber da war noch mehr. Damon Adrian, der Architekt und Bau-Tycoon, einer der reichsten Männer dieses Planeten, fühlte sich wieder jung.
Auch über diese Ironie lächelte er.
„ Tod“, flüsterte er. „Wo ist dein Stachel?“
Er leckte sich über die Zähne.
9. Kapitel
Linda Taylor stand vor dem Damon Palace. Die nach oben hin spitz zulaufende Form des Gebäudes verlieh ihm einen noch höheren Anschein, als es mit seiner über einhundert Metern ohnehin schon hatte. Der Palace war nicht das höchste Gebäude in Manhattan, aber mit Sicherheit das eindrucksvollste.
Es sieht aus wie ein Stachel , dachte sie, als sie aus dem Yellow-Cab-Taxi ausstieg. Sie machte sich auf eine opulente Party gefasst. Ein moderner Mogul wie Damon Adrian war ein Garant für ein glanzvolles gesellschaftliches Ereignis. Linda fragte sich, ob die Eröffnungsfeier des Damon Palace der richtige Anlass war, um ihm einige Fragen zu den Mordfällen zu stellen, aber hier – im Blickpunkt der Öffentlichkeit – konnte er ihr wenigstens nicht weglaufen. Obwohl, sie zweifelte daran, dass er der Typ Mann war, der so etwas tat.
Als sie ihn schließlich sah, mitten in der großen Lobby des Palace-Casinos, war er von einer Schar von Reportern und Frauen umringt. Dennoch sah er sie sofort, und sein Blick fixierte den ihren. Sein schwarzes Haar schien im Licht des Casinos zu glühen.
Es dauerte nicht lange, und sie war mit ihm im Gespräch. Irgendwie hatte er es geschafft, all die neugierigen Partygäste abzuschütteln.
Die Aufzugtüren öffneten sich, und Linda blickte in die private Heimstätte Damon Adrians, einen Ort, zu dem nicht einmal die bedeutendsten Vertreter von Politik und Presse Zugang hatten. Zuerst fiel ihr der dunkelrote Teppich auf. Rot war ihre Lieblingsfarbe. Es war ein weiträumiges, modern ausgestattetes Penthouse, in dem schlichtes kühles Design, dunkle Holzmöbel und viel Glas vorherrschten. Der ganze Raum war in indirekter Art
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