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Jenseits Der Grenze

Jenseits Der Grenze

Titel: Jenseits Der Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Campbell
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sollte wissen, dass er nicht beunruhigt war. Es kam ihm vor, als würde sich eine entspannte Atmosphäre in der gesamten Station breitmachen. An den letzten Kontrollpunkten wurde ihm von den Soldaten nur noch salutiert.
    Pflichtbewusst erwiderte er jeden Salut und wunderte sich, dass diese alte Geste des Respekts so schnell auch vom übrigen Militär übernommen wurde. Als er aus dem Kälteschlaf erwacht war, hatten nur die Marines noch das Salutieren beherrscht, während der von einem unendlichen Krieg gezeichnete Rest diesen Brauch aufgegeben hatte. »Ist Ihnen über Ihre Befehlskette aufgetragen worden, wieder zu salutieren?«, wollte er von dem Major wissen.
    »Nein, Admiral Geary«, erwiderte er. Sein schüchternes Lächeln stand in einem seltsamen Gegensatz zu den Ehrenabzeichen auf der linken Hälfte seiner Uniformjacke und zu den Narben, von denen eine Seite seines Gesichts gezeichnet war. »Die Matrosen der Flotte haben uns so begrüßt und erklärt, dass Sie das für eine gute Idee halten. Deshalb wird das jetzt von jedem aufgegriffen. Unsere Vorfahren haben es so gemacht, also sollten wir es auch tun. Niemand hat es irgendwem befehlen müssen, Sir. Allerdings … na ja … Es war ein bisschen schwierig, damit anzufangen, Marines nachzuahmen.«
    Geary musste grinsen, auch wenn es ihm zugleich etwas unangenehm war, dass ein Mann, der so viele Gefechte und Schlachten miterlebt hatte, von jemandem wie ihm noch in Ehrfurcht versetzt werden konnte. »Es gibt Schlimmeres, Major …«
    »Sirandi, Sir«, antwortete der Major und nahm für einen Moment Habachthaltung an.
    »Sirandi?« Woher kenne ich denn den Namen? Ja, von der alten Kutar. »Ich habe mal mit einem Lieutenant Sirandi auf einem Zerstörer gedient. Er stammte von … Drina.«
    Der Major machte große Augen. »Meine Familie hat Verwandte auf Drina.«
    »Vielleicht ist er ja einer von ihnen.« Geary hielt inne, als die Zeit einmal mehr über ihn hinwegraste. Er hatte sich nicht mit dem Schicksal von Lieutenant Sirandi beschäftigt, genauso wie er bei den meisten Leuten verfahren war, die er vor hundert Jahren gekannt hatte. Sicher war nur, dass Sirandi genauso tot war wie alle anderen; entweder in einer Schlacht gefallen oder als alter Mann gestorben. »Vielleicht war er ja einer von ihnen, wollte ich sagen.«
    Major Sirandi strahlte ihn an. »Es ist für mich eine große Ehre zu wissen, dass einer meiner Vorfahren mit Ihnen zusammen gedient hat, Admiral Geary.«
    Geary versuchte mit einem Kopfschütteln, sich vor dem Anflug von Melancholie zu bewahren, der ihn immer wieder zu ereilen drohte, wenn ihn etwas sehr Persönliches an jene hundert Jahre erinnerte, die er im Kälteschlaf verbracht hatte. »Die Ehre ist ganz meinerseits; mit ihm gedient zu haben und nun auch noch an Ihrer Seite zu stehen. Ihre Vorfahren, die Vorfahren von Ihnen allen«, bezog er auch die anderen Soldaten mit ein, »sind zweifellos stolz darauf, wie Sie sie mit Ihrem Dienst und Ihrer Opferbereitschaft ehren.«
    Die Formulierung klang altmodisch, und das war sie für diese Soldaten in jedem Fall, auch wenn sie zu Gearys Zeit etwas ganz Normales gewesen war. Doch gerade das schien diesen Soldaten umso mehr zuzusagen. Tradition hatte einen hohen Stellenwert, vor allem in Zeiten, in denen andere feste Größen in ihren Grundfesten erschüttert wurden. Während sie weitergingen, musterte Geary die Soldaten. Dabei bemerkte er, dass die meisten von ihnen nicht nur die gleichen Gefechtsauszeichnungen trugen wie der Major, sondern sie auch den düsteren Blick von Kriegsveteranen hatten, die zu viel Schreckliches gesehen hatten und denen der Tod von zu vielen Freunden zu schaffen machte. Eines Tages würde man ihre Einheit womöglich auflösen und sie in die zivile Welt entlassen, aber keiner von ihnen würde je wieder ein echter Zivilist sein. »Wie geht es bei den Bodenstreitkräften voran?«, erkundigte sich Geary. »Hat schon eine umfassende Demobilisierung begonnen?«
    Major Sirandi zögerte und kniff für einen Moment die Lippen zusammen. »Darf ich frei reden, Admiral?«
    »Natürlich.«
    »Im Augenblick herrscht ein ziemliches Durcheinander. Einigen Einheiten wird gesagt, dass sie in nächster Zeit aufgelöst werden, andere bekommen zu hören, dass mit einer deutlichen Verkleinerung des Militärs nicht zu rechnen ist. Am nächsten Tag wird einem dann das genaue Gegenteil erzählt. Unsere Einheit ist davon in Kenntnis gesetzt worden, dass sie im aktiven Dienst bleiben wird, aber ob

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